Ulrich Roehm - Fördervereins Tanzkunst Deutschland
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Inge Stoffers ist 90<br />
Im Sommer des Jahres 1951 gastierte eine Gruppe besonders<br />
ehrgeiziger und begabter Mädchen im Alter zwischen<br />
13 und 17 Jahren auf der Insel Borkum; der Schauspieler<br />
Gert Fröbe moderierte diesen gemischten Abend und war<br />
derart begeistert von den Tänzerinnen, dass er seinen eigenen<br />
Agenten bat, das Ensemble unter Vertrag zu nehmen.<br />
Das gab den Anstoß zur Gründung der eigenen Compagnie,<br />
die einige Monate später unter dem Namen »Preciosa« eine<br />
rege Gastspieltätigkeit aufnahm. Das Ensemble existierte bis<br />
1962, mit wechselnder, aber immer ausschließlich weiblicher<br />
Besetzung. Anfang der 1960er Jahre setzte sich das Fernsehen<br />
in <strong>Deutschland</strong> durch, vor allem eine Unterhaltungskunst<br />
Inge Stoffers unterrichtet ihre jüngsten Schülerinnen.<br />
Ian Owen (Mitte), Nachfolger von Inge Stoffers und heutiger äußerst<br />
erfolgreicher Leiter der »Ballettakademie am Meer«, nimmt dankbar zusammen<br />
mit seinem Geschäftsführer Ludwig Jürgens (links) einen Spenden-Scheck<br />
des Lions Club Wilhelmshaven durch den Vorsitzenden Dr.<br />
Hans-Joachim Gottschalk, Staatssekretär a.D., entgegen.<br />
wie das Varieté verlor in diesem Zusammenhang viele Zuschauer,<br />
die Tänzerinnen damit ihre Auftrittsmöglichkeiten.<br />
Im Laufe der Jahre fanden Schülerinnen von Inge Stoffers<br />
Engagements an der Deutschen Oper in Berlin, in Stuttgart,<br />
Mainz, Nürnberg, Graz und Chemnitz.<br />
Inge Stoffers erinnert sich an die Vorbereitungen, die zur<br />
Gründung des Deutschen Berufsverbandes für Tanzpädagogik<br />
führten: »Im Jahr 1974 war ein Treffen der deutschen<br />
Ballettpädagogen in Stuttgart. Da sollte ein Pädagogenverein<br />
gegründet werden. Und wir fuhren alle hin. Es wurde ein<br />
Lehrplan vorgestellt, nach dem alle Ballettschulen einheitlich<br />
unterrichten sollten. Das war eine ganz seriöse Sache.«<br />
(S. 143) Dachte sich seinerzeit die Ballettschulbesitzerin, als<br />
sie Konzept und Methode der Royal Academy of Dance kennenlernte.<br />
»Nun war es so, dass die Art meines Unterrichts<br />
ganz anders als die der RAD war. Aber ich war interessiert<br />
und besuchte die angebotenen Kurse.« (S. 143) Und ihr<br />
Leben veränderte sich, als sie nach vielen Jahren Erfahrung<br />
noch einmal eine Ausbildung absolvierte. »Ich wusste, wie<br />
es gemacht wird, aber ich konnte meinen Schülerinnen keine<br />
Zusammenhänge erklären oder ihnen sagen, was man mit<br />
welchem Muskel machen muss.« (S. 144) Als der Deutsche<br />
Berufsverband für Tanzpädagogik 1975 ins Leben gerufen<br />
wird (damals noch unter dem Namen Verein Deutscher Bal-<br />
Inge Stoffers und Ian Owen anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der<br />
Ballettschule im Jahr 2007 (alle Fotos: privat)<br />
lettschulen e. V.), ist Inge Stoffers eines der Gründungsmitglieder.<br />
Als Pädagogin sorgte sie regelmäßig dafür, dass zum einen<br />
sie selbst, aber zum anderen auch ihre Schüler neuen Input<br />
und die Gelegenheit bekommen, an Seminaren teilzunehmen.<br />
1985 während der Ostertanzwoche der RAD in München sah<br />
sie den jungen Ian Owen in einem Kurs trainieren. Von der<br />
Eleganz seiner Bewegungen beeindruckt, nahm Inge Stoffers<br />
Kontakt auf und lud ihn ein, in ihrer Schule in Wilhelmshaven<br />
zu unterrichten. Aus diesem zufälligen Erstkontakt entstand<br />
eine Zusammenarbeit, die im Jahr 2000 in der Übernahme<br />
der Schule durch Ian Owen gipfelte: Der Engländer vom Royal<br />
Ballet – Tänzer, Ballettpädagoge und Tanztherapeut – ging<br />
1998 zunächst als künstlerischer Leiter der Ballettschule Stoffers<br />
nach Wilhelmshaven, zwei Jahre später übernahm er<br />
ganz und gab der Institution den Namen »Tanzakademie am<br />
Meer«. Inge Stoffers unterrichtete bis 2002 noch regelmäßig,<br />
seither nur noch sporadisch. Doch zum eigenen Training geht<br />
sie weiterhin mehrmals pro Woche, bis zu vier Mal. Tanz gehört<br />
zu Inge Stoffers Leben seit sie denken kann, und das wird<br />
sich nicht ändern: Die heute Neunzigjährige und die Vierjährige,<br />
die durch den Flur zwischen den Kostümen ihrer Mutter<br />
tanzt, haben vieles gemeinsam. Jedes Jahr zur Weihnachtszeit<br />
treffen sich Ehemalige bei ihr zu Hause: »Frühere Schülerinnen<br />
erzählen dann, wie es beruflich weiter gegangen ist und<br />
wie Ballett ihr Leben beeinflusst hat. Das ist eine große Befriedigung<br />
für mich und ich glaube, das ist das, was man ein<br />
erfülltes Leben nennt, oder?« (S. 149) �<br />
20 Ballett Intern 5/2012