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Ulrich Roehm - Fördervereins Tanzkunst Deutschland

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Badisches Staatsballett Karlsruhe<br />

Liebeserklärung eines<br />

Generalintendanten an<br />

seine Ballettdirektorin<br />

von Achim Thorwald (Generalintendant<br />

des Badischen Staatstheaters Karlsruhe)<br />

Schon als junger Mann war ich ein großer Fan des Stuttgarter<br />

Balletts unter John Cranko und vor allem des von mir bewunderten<br />

Traumpaares Birgit Keil und Vladimir Klos.<br />

Durch meinen Vater, Staatskapellmeister Josef Dünnwald,<br />

wurde meine Begeisterung für das Ballett noch unterstützt.<br />

Er war sozusagen Lieblingsdirigent von John Cranko und von<br />

ihm gebeten, wenigstens immer wieder die Premieren und<br />

einige Vorstellungen des Balletts zu dirigieren. Diese Begeisterung<br />

für das Ballett habe ich dann während meiner Intendanzen<br />

an den Städtischen Bühnen Würzburg und Münster<br />

sowie am Staatstheater Wiesbaden den jeweiligen Tanz-<br />

Compagnien zugutekommen<br />

lassen. Im<br />

Gegensatz zu anderen<br />

Häusern, an denen allfällige<br />

Kürzungen des<br />

Etats meist zu Ungunsten<br />

des Balletts umgesetzt<br />

wurden, war es<br />

mir jeweils gelungen,<br />

die Compagnien zu erhalten<br />

bzw. sogar auszubauen.<br />

Nach meiner Wahl<br />

ans Staatstheater<br />

Karlsruhe habe ich<br />

auch dort die vorhandene<br />

Compagnie zu-<br />

erst einmal übernommen,<br />

allerdings stellte<br />

sich sehr rasch heraus,<br />

dass das Ballett in Karlsruhe in keinem guten Zustand war.<br />

Die Produktionen wurden vom Publikum nicht angenommen<br />

und ich selbst war mit der Qualität und der Stilrichtung der<br />

Compagnie nicht mehr einverstanden. Eine Änderung war<br />

dringend notwendig. Ich erinnerte mich wieder meiner großen<br />

Begeisterung für Birgit Keil und Vladimir Klos, beide inzwischen<br />

Professoren an der Tanzakademie der Musikhochschule<br />

Mannheim und Birgit Keil auch gleichzeitig als Leiterin<br />

dieser Tanzakademie. Ich rief Birgit Keil einfach an, um sie<br />

um Rat zu fragen, wer für die Leitung der Karlsruher Ballett-<br />

Compagnie in deutschen Landen infrage käme. Und während<br />

des Telefonats fragte ich sie spontan, ob sie nicht selber<br />

Lust hätte, Ballettdirektorin in Karlsruhe zu werden. Sie war<br />

zuerst sehr verblüfft, denn sie hatte selber nie mit dem Gedanken<br />

gespielt, eine Ballett-Compagnie zu leiten. Wir trafen<br />

uns zu ersten Gesprächen, natürlich zu dritt mit Vladimir Klos<br />

und spannen diesen Gedanken weiter, wobei die Wunschvorstellung<br />

war, dass Birgit Keil die Leitung der Tanzakademie<br />

beibehalten sollte und gleichzeitig Ballettdirektorin in Karls-<br />

MÄRZ – JULI 13<br />

ruhe sein könnte. Diese Konstellation war natürlich äußerst<br />

ungewöhnlich und es bedurfte der intensiven Mithilfe des<br />

damaligen Leiters des Theaterreferats im Ministerium für<br />

Wissenschaft und Kunst, Herrn Dr. Peter Selbach, um diese<br />

Wunschvorstellung zur Tatsache werden zu lassen. Übrigens<br />

eine Konstellation, die durch die enge Zusammenarbeit und<br />

Verzahnung von Tanzakademie und Badischem Staatstheater<br />

für beide Institutionen von hohem Wert war und ist.<br />

Birgit Keil als Ballettdirektorin und Vladimir Klos als ihr<br />

künstlerischer Berater bauten innerhalb kürzester Zeit eine<br />

völlig neue Compagnie auf, die schon mit ihrer ersten Premiere<br />

»Don Quijote« das Karlsruher Publikum zu Beifallsstürmen<br />

hinriss und im Nu die Herzen der Karlsruher im Sturm<br />

eroberte. Diese Begeisterung hat über 10 Jahre angehalten<br />

und ist fast noch gesteigert. Für mich war es faszinierend, zu<br />

beobachten, mit welcher Hingabe, ja geradezu Liebe für ihre<br />

Tänzerinnen und Tänzer, aber gleichzeitig auch mit unnachgiebiger<br />

Akribie Birgit Keil und Vladimir Klos auf die Entwicklung<br />

von Talent und Qualität ihrer Compagnie hinarbeiteten.<br />

So wie die beiden in<br />

jungen Jahren durch<br />

großes Talent, aber<br />

eben auch durch extremen<br />

Fleiß und Qualitätsbewusstsein<br />

zu<br />

einem Weltklassepaar<br />

wurden, so arbeiteten<br />

sie jetzt an und für die<br />

Compagnie. Und welches<br />

Gespür die beiden<br />

für Talente hatten<br />

und haben, zeigte sich<br />

auch daran, dass fast<br />

jedes Jahr Tänzerinnen<br />

und Tänzer zu Solisten<br />

heranwuchsen, die von<br />

Mal zu Mal größere<br />

Aufgaben übernehmen<br />

konnten. Dies waren<br />

zum Beispiel Anais Chalendard und natürlich der bis heute<br />

unnachahmliche Flavio Salamanka. Aber auch ihr Ehrgeiz,<br />

jungen Talenten in Sachen Choreographie Freiräume zu<br />

schaffen, brachte mich in die »Verlegenheit«, dem Ballett<br />

auch in dieser Hinsicht Produktionsmöglichkeiten und Präsentationsräume<br />

zu schaffen.<br />

Nachdem die Oper als Sparte vor allem durch die Arbeit<br />

meines künstlerischen Stellvertreters, Thomas Brux, wieder<br />

erstarkt war und das Schauspiel durch Knut Weber – inzwischen<br />

Intendant in Ingolstadt – zur gleichwertigen Sparte<br />

geworden war, wurde durch die Arbeit von Birgit Keil und<br />

Vladimir Klos mein Wunsch, drei gleichwertige Sparten an<br />

meinem Haus zu haben, Wirklichkeit. Diese Energie, diese<br />

Begeisterung und diese bewundernswerte Kraft haben in<br />

den zehn Jahren bei Birgit Keil nie nachgelassen. Ich bin sehr<br />

froh, dass mein Nachfolger, Peter Spuhler, die Compagnie<br />

nahtlos übernommen hat. Und so konnte und kann Birgit<br />

Keil die Compagnie hoffentlich noch lange weiterführen und<br />

weiterentwickeln. ■<br />

Birgit Keil und Achim Thorwald nach der Saison-Premiere von Peter Wrights »Giselle« umgeben<br />

von Mitgliedern der Compagnie (Foto: Badisches Staatsballett Karlsruhe)<br />

26 Ballett Intern 5/2012

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