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Ulrich Roehm - Fördervereins Tanzkunst Deutschland

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»Sieh’ mal an …« – Die Kolumne von Ralf Stabel<br />

HEUTE: Preiset!<br />

von Ralf Stabel<br />

Wer es in unserem Land im Tanz zu<br />

etwas gebracht hat, kann mitunter<br />

mit einer angemessenen Auszeichnung<br />

rechnen. Allen voran gibt es<br />

den »Deutschen Tanzpreis«, aber<br />

auch den »Faust«, es wird der Titel<br />

»Kammertänzer« verliehen –<br />

zumindest in Berlin – und sogar<br />

das Bundesverdienstkreuz. Für die<br />

Tanzwissenschaft gab es bereits<br />

den »Leibniz-Preis« und regelmäßig<br />

werden der »Tanzwissenschaftspreis«<br />

und der »Kurt-Jooss-Preis« vergeben. So mancher Tänzer<br />

aus <strong>Deutschland</strong> ist auch im Ausland zum Weltbesten mit<br />

dem »Prix Benois de la Danse« gekürt worden. Es gibt auch diverse<br />

Landes- und Städteverdienstorden, Honorarprofessuren<br />

und Ehrendoktorwürden und unsensiblen Unsinn wie den Titel<br />

»Jahrtausendtänzer«. Zu allen fallen uns Namen ein. Meist<br />

die der ganz Großen. Es ist fraglos ebenso gut wie richtig für<br />

die Anerkennung unserer Kunst, wenn diejenigen, die etwas<br />

geschafft und für den Tanz etwas geschaffen haben, an dieser<br />

Stelle ihrer Karriere gewürdigt werden!<br />

Doch wie sieht es eigentlich an einer anderen Stelle der<br />

Karriere mit der Förderung aus: am Beginn? Denn im Tanz<br />

braucht eine für unsere Ausbildungs- und Studienlandschaft<br />

ganz untypische Gruppe Anerkennung: Kinder, Jugendliche<br />

und junge Erwachsene aus der ganzen Welt.<br />

Für Schüler gibt es die Möglichkeit des Schüler-Bafögs bereits<br />

ab der Jahrgangsstufe 10, das meist nicht zurückgezahlt<br />

werden muss! Studierende erhalten Studenten-Bafög, das zur<br />

Hälfte als Darlehen bewilligt wird, dessen Rückzahlung aber<br />

mit guten Leistungen minimiert und bei fehlender Einkommenssituation<br />

ausgesetzt werden kann. Für die Finanzierung<br />

des Übergangs in den zweiten Berufsweg bietet sich ein Meister-Bafög<br />

an, überwiegend als Darlehen vergeben. Auch ausländische<br />

Schülerinnen und Studierende können über dieses<br />

Instrumentarium gefördert werden. Insbesondere, wenn sie<br />

EU-Bürger sind bzw. sich nach anderen geltenden rechtlichen<br />

Regelungen hier aufhalten. (Genaueres regelt § 8 des Bafög.)<br />

Auch die Studienkredite der KfW-Bank werden (ebenso über<br />

andere Bankinstitute) zu besonders günstigen Zinskonditionen<br />

nach eben solchen Kriterien vergeben.<br />

Neben dieser staatlichen und staatlich geförderten Ausbildungsunterstützung<br />

gibt es auch privates und bürgerschaftliches<br />

Engagement, das meist über Stiftungen Stipendien<br />

an begabte Nachwuchstalente vergibt. Eine – mir nicht bekannte<br />

– Auflistung dieser engagierten Helfer würde sicher<br />

mit Begeisterung in der Welt der Tanzausbildung aufgenommen<br />

werden. Denn im Gegensatz zur etablierten Förderung<br />

von z. B. Bildender Künstler, ist es schon besonders,<br />

etwas zu fördern, was man nicht mit nach Hause nehmen,<br />

behalten und später gegebenenfalls wieder veräußern kann.<br />

Denn all das geht mit einer heranwachsenden Ballerina nicht.<br />

Wer im Rahmen seiner Möglichkeiten die Gelegenheit hat, da-<br />

rüber mitzuentscheiden, ob es nicht auch einmal ein/e Tanzschüler/in<br />

sein könnte, der/dem das nächste Stipendium zuteil<br />

wird, den bitte ich ernsthaft, dies zu tun. Mir persönlich sind<br />

z. B. die Proskenion-Stiftung, die Konrad-Adenauer-Stiftung<br />

und die Alfred-Töpfer-Stiftung F. V. S., die Heinz-Bosl-Stiftung,<br />

die Tanzstiftung Birgit Keil und die Bundeskulturstiftung mit<br />

dem »Tanzplan <strong>Deutschland</strong>« bekannt, die sich bereits um<br />

den tänzerischen Nachwuchs gekümmert haben und kümmern.<br />

Ich kann an dieser Stelle nur hoffen, dass bei der<br />

BALLETT-INTERN-Redaktion eine Vielzahl von Zuschriften mit<br />

den Hinweisen auf Preise und Stipendien für junge Tanzstudierende<br />

eingehen, die diese dann hier veröffentlichen kann.<br />

Nun hatte die Bundesbildungsministerin eine gute Idee, bürgerschaftliches<br />

Engagement weiter zu aktivieren, mit der Installierung<br />

des <strong>Deutschland</strong>-Stipendiums. Aber leider scheint<br />

dies ein Instrument zu sein, das sich nicht »spielen« lässt und<br />

damit wertlos ist. Und das ist sehr ärgerlich, weil es so notwendig<br />

wäre. Die Idee ist so einfach wie gut: Das <strong>Deutschland</strong>-Stipendium<br />

beträgt 300 € monatlich. 150 € von einem<br />

privaten Geldgeber werden mit weiteren 150 € aus dem Haushalt<br />

des Bundes aufgestockt. Zur Verfügung stehen immerhin<br />

sage und schreibe: 36,6 Millionen €! Aber leider kann dieses<br />

Stipendium nur an Studierende, nicht an Schüler vergeben<br />

werden. Damit bleiben z. B. die Ballettschüler, die ihre Ausbildung<br />

im Rahmen einer Berufsfachschule absolvieren, leider<br />

außen vor. Aber auch für die Studierenden sieht es eigenartig<br />

aus: Von den 388 Hochschulen des Landes beteiligen sich<br />

nur 263. Und von diesen wiederum schaffen es nur 104, die<br />

angestrebte Förderquote von 1 % auszuschöpfen. Ab 1. August<br />

2012 soll sie bei 1,5 % liegen. So erhalten in diesem Jahr<br />

lediglich 11.000 Studierende das Stipendium. Das sind aber<br />

Ausgaben von »nur« 17 Mio €. Mehr als die Hälfte wird nicht<br />

genutzt – in diesem Jahr. Im vergangen Jahr betrug die Zahl<br />

der Stipendiaten gerade einmal die Hälfte dieses Jahres. Da<br />

wurden also Dreiviertel des Geldes nicht ausgegeben.<br />

Und leider ist es so, dass es keine Ausgleichsmöglichkeiten<br />

gibt. So erlebe ich den Fall, dass es in Berlin für die Fachrichtung<br />

Bühnentanz durchaus private Förderer gibt, die Fördergrenze<br />

von 1 % aber bereits erreicht ist und das <strong>Deutschland</strong>-<br />

Stipendium in diesen Fällen nicht gewährt werden kann. So<br />

greift diese gute kluge Regelung aus diesen zwei Gründen<br />

nicht: Schüler werden nicht gefördert, und wenn die Förderhöchstquote<br />

einer kleinen künstlerischen Hochschule erreicht<br />

ist, kann man sich keine Stipendien von Universitäten »borgen«,<br />

auch wenn diese ihre Kontingente bei weitem nicht<br />

ausschöpfen.<br />

Das ist besonders schade vor dem Hintergrund, dass die<br />

Krise in Europa in der Tanzausbildung in <strong>Deutschland</strong> durchaus<br />

angekommen ist. Kaum eine andere Studienrichtung ist so<br />

international wie der Tanz; in kaum einer anderen sind die Studierenden<br />

so jung und damit unvermögend wie im Tanz; und<br />

kaum eine andere Studienrichtung fordert den ganzen jungen<br />

Menschen so wie der Tanz, sodass sich Nebenjobs geradezu<br />

verbieten. So wird bürgerliches Engagement ausgebremst und<br />

staatliche Förderung nicht genutzt und – wie oben beschrieben<br />

– nicht nutzbar. Sieh‘ mal (leider) an…! ■<br />

Sieh’ mal an …<br />

Sieh’ mal an …<br />

Sieh’ mal an …<br />

Prof. Dr. ralf Stabel ist Tanzhistoriker, Autor und Direktor der Staatlichen<br />

Ballettschule Berlin und Schule für Artistik<br />

14 Ballett Intern 5/2012

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