Ulrich Roehm - Fördervereins Tanzkunst Deutschland
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Kulturfrühstück der FDP mit Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle<br />
welle referierte über den aktuellen Kulturwandel im Kontext<br />
zur globalen Weltentwicklung und den damit verbundenen<br />
Herausforderungen, die nationale und kulturelle Identität zu<br />
bewahren. Denn durch das Internet und die präsente Medienlandschaft<br />
rückten die Kulturen Europas, ja der ganzen<br />
Welt mehr und mehr zusammen. Um diesem fortschreitenden<br />
Prozess auch im Sinne der Identitätsbewahrung soweit<br />
wie möglich Rechnung zu tragen, wäre es wichtig, Europa als<br />
eine gemeinsame Schicksals- und Kulturgemeinschaft zu betrachten.<br />
So betonte er, dass <strong>Deutschland</strong> zwar in Europa groß<br />
dasteht, aber in Relation zur globalen Welt doch eher klein<br />
wirke. Westerwelle sieht die Essenz der europäischen Kultur<br />
als eine Kultur der Freischaffenden und der Persönlichkeitsentwicklung,<br />
die für ihn vor den materiellen Werten stehen. In<br />
seinen Augen sind wir sozusagen die Opposition zu den Ländern,<br />
die sich durch die Konsumflatrate vom Entwicklungsland<br />
zur Wirtschaftsmacht entwickelt haben, wie z. B. China oder<br />
Indien, wo weniger oder gar nicht Freiheit und Selbstentfal-<br />
Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle im Gespräch mit dem Initiator<br />
des »tanzhauses nrw« Bertram Müller (Foto: Claudia Herms)<br />
tung gefördert wird, wo die monetäre vor der persönlichen<br />
Entwicklung stehe. Westerwelle kam ins Schwärmen, als er<br />
über die intellektuelle Vielfalt <strong>Deutschland</strong>s sprach, welche<br />
phantastischen Möglichkeiten unserer Sprache, geprägt durch<br />
Goethe und Schiller, uns zum Ausdruck künstlerischen Schaffens<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Denn wer von Bildung spricht, darf über Kultur nicht<br />
schweigen, denn ohne Kultur sehe er eine angemessene Lebensqualität<br />
in unserem Lande nicht! Kultur sei für unsere<br />
Städte ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebens! Es würde<br />
so viel von »Daseins-Fürsorge« in der Politik gesprochen, aber<br />
dies nur in Bezug auf Autobahnen, Straßenverkehr, Flughäfen<br />
und ähnlichem, doch die kulturell so bedeutende, reiche Theaterlandschaft<br />
<strong>Deutschland</strong>s wird nicht erwähnt! Sein Wort<br />
in die Ohren der an der Theater- und Tanz-Kultur sparenden<br />
Stadt-Kämmerer, sei es aktuell wieder in Hamburg, Hagen<br />
oder in Düsseldorf! Aber Kultur ist eben bedauerlicherweise<br />
immer noch keine Pflichtaufgabe als »Daseins-Fürsorge« –<br />
nur bescheidene 1,9´% des Bundeshaushalts sind der Kultur<br />
gewidmet! Hier wiederholte Westerwelle Angela Merkels<br />
Ausspruch: »Ausgaben für Kultur sind keine Subventionen,<br />
sondern Investitionen in die Lebensqualität und in die<br />
Zukunft!«<br />
Westerwelle sieht jedoch auch positive Seiten der heutigen<br />
Zeit: <strong>Deutschland</strong> ist das einzige Land in Europa, das den Kulturhaushalt<br />
nicht gestrichen, sondern sogar erhöht hat! Auch<br />
wurde die Künstlersozialversicherung/KSK stabilisiert, soziale<br />
Verbesserungen durch sozusagen kämpferischen Einsatz gegen<br />
das Finanzministerium durchgesetzt (wie auch die erfolgreiche<br />
Petition gegen die MWSt.-Erhöhung für künstlerischen<br />
Unterricht sowie für Choreographen, siehe BALLETT INTERN<br />
4/2012, Seiten 7 und 8 – Anm. der Red.).<br />
Nun läge ja die Kultur in unserem föderalistischen Staat in<br />
der Kultur-Hoheit der Länder, doch ist die Kultur im internationalen<br />
Feld Sache des Bundesaußenministeriums, u. a. auch<br />
durch das allen bekannte international wirkende Goethe-Institut.<br />
(Bedauerlicherweise zeigten vorhergehende Außenminister,<br />
wie z. B. Joschka Fischer, hier in kultureller Hinsicht kein zu<br />
großes Interesse. – Anm. der Redaktion). Heute hat sich diese<br />
föderalistische Situation jedoch etwas entschärft, bei allen<br />
Bundesländern wird die Mitarbeit des Bundes bei kulturellen<br />
Themen zum großen Teil inzwischen akzeptiert. So war es äußert<br />
interessant und wichtig, einmal diese Aussagen unseres<br />
Bundesaußenministers in Sachen »Europa als Kulturraum«<br />
zu erleben.<br />
Nach herzlichem, dankbarem Applaus für seine ausführlichen,<br />
interessanten und erfreulicherweise von keinerlei Partei-<br />
Politischen Bemerkungen getrübten Ausführungen eröffneten<br />
Gisela Piltz und Bertram Müller die anschließenden, äußerst<br />
interessanten und lebendigen, vielen kulturellen und kulturpolitischen<br />
Themen gewidmeten Diskussionen in einer brillanten<br />
Experten-Runde. Um 13.00 Uhr verabschiedete sich Guido<br />
Westerwelle, der sich erstaunlicherweise die Zeit hatte nehmen<br />
können, dieser Veranstaltung bis zum Abschluss beizuwohnen,<br />
nach einigen Autogrammen und Pressefotos rollte<br />
die Politiker-Karawane zum nächsten Termin. ■<br />
Kulturstaatsminister Bernd Neumann:<br />
Erleichterung im Jahressteuergesetz<br />
2013 bedeutet für Bühnenregisseure und<br />
Choreographen existenziell wichtige Regelung<br />
Die Bundesregierung hat heute den Entwurf des Jahressteuergesetzes<br />
2013 beschlossen. Darin ist eine Erleichterung<br />
für selbständig tätige Regisseure und Choreographen enthalten.<br />
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Umsätze von Bühnenregisseuren<br />
und Bühnenchoreographen an Theatern der öffentlichen<br />
Hand und gleichartigen Einrichtungen steuerfrei<br />
sind, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass<br />
deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar<br />
dienen. Dies war zuvor von den Gerichten und den<br />
Finanzverwaltungen unterschiedlich gehandhabt worden,<br />
teilweise waren die Umsätze steuerbefreit, teilweise ermäßigt<br />
und teilweise war der volle Steuersatz von 19 Prozent<br />
erhoben worden.<br />
Kulturstaatsminister Bernd Neumann betonte: »Ich bin<br />
froh, dass es mir gelungen ist, diese zwar kleine, aber kul-<br />
10 Ballett Intern 5/2012