Ulrich Roehm - Fördervereins Tanzkunst Deutschland
Ulrich Roehm - Fördervereins Tanzkunst Deutschland
Ulrich Roehm - Fördervereins Tanzkunst Deutschland
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Deutscher Tanzpreis »ZUKUNFT« 2013<br />
Bundesjugendballett<br />
Hamburg<br />
von Daniela Rothensee<br />
Der Deutsche Tanzpreis »ZUKUNFT« geht 2013 an das<br />
Bundesjugendballett. Und damit an acht junge Tänzerinnen<br />
und Tänzer gleichzeitig – das hat es zuvor nicht<br />
gegeben.<br />
Das Bundesjugendballett<br />
spannt ein Netz aus<br />
junger, kreativer Energie<br />
durch die Bundesrepublik.<br />
Der rote Faden verbindet<br />
den Arbeitsort der<br />
Compagnie – das Ballettzentrum<br />
John Neumeier<br />
in Hamburg – mit Schulen, Seniorenresidenzen und<br />
einer Diskothek im ehemaligen Bunker auf dem Heiligengeistfeld,<br />
mit Musikfestivals in Heidelberg und<br />
Esslingen, mit einer Haftanstalt in Rottenburg am Neckar,<br />
mit dem Berliner Konzerthaus, einer Turnhalle in<br />
Worpswede und einem leergepumpten Schwimmbad<br />
in Otterndorf nahe der Nordsee. Ohne Pause arbeiten<br />
die acht Tänzerinnen und Tänzer seit einem Jahr daran,<br />
ihren Auftrag in die Tat umzusetzen: Das Ballett an<br />
neue, ungewöhnliche Orte zu bringen und vor allem<br />
junge Zuschauer zu begeistern. Ihre Botschafterfunktion<br />
nehmen sie auch über die Grenzen des Landes hinaus<br />
wahr: Gerade führte eine erste Auslandstournee<br />
für drei Vorstellungen nach China. Sie selbst kommen<br />
aus sechs Nationen: Aus Japan, Brasilien, Kanada, den<br />
Niederlanden, <strong>Deutschland</strong> und der Schweiz. Der Intendant<br />
des Bundesjugendballetts, John Neumeier,<br />
hatte den Wunsch einer jungen Compagnie seit über<br />
25 Jahren: »Manchmal träumt man von etwas, und<br />
dann entpuppt sich die Erfüllung des Traums als nicht<br />
so besonders. Beim Bundesjugendballett war das ganz<br />
anders. Der Geist dieser Compagnie wächst täglich –<br />
ihre Kreativität entwickelt sich immer weiter«. Der<br />
Künstlerische und Pädagogische Leiter des Bundesjugendballetts<br />
ist Kevin Haigen. Unter seiner Anleitung<br />
lernen die acht Mitglieder zwischen 18 und 23 Jahren,<br />
für die das Bundesjugendballett meist das erste Engagement<br />
nach der Berufsausbildung ist, die Arbeit<br />
einer Ballettcompagnie kennen und entwickeln nicht<br />
nur ihre klassische Technik weiter, sondern arbeiten<br />
an stilistischer Vielseitigkeit und der Ausbildung ihrer<br />
künstlerischen Persönlichkeit. Denn das Einzigartige<br />
ist: Hier sind die Tänzer Erste Solisten und Gruppentänzer<br />
gleichzeitig. Während sie in größeren Compagnien<br />
als Mitglieder des Corps de Ballet für jede kleine<br />
Rolle dankbar sein müssten, stehen sie im Bundesjugendballett<br />
permanent im Rampenlicht. Bei nur acht<br />
Mitgliedern kann sich niemand hinter dem anderen<br />
verstecken. Dem Künstlerischen Leiter ist Yohan Stegli<br />
Deutscher Tanzpreis 2013 / Deutscher Tanzpreis »ZUKUNFT« 2013<br />
Grußwort<br />
Am Anfang stand Kreativität – ohne<br />
die eine Kunst keine Zukunft hat. Aus<br />
diesem Grund freue ich mich über<br />
die Auszeichnung für das BUNDESJU-<br />
GENDBALLETT mit dem Tanzpreis »ZU-<br />
KUNFT« ganz besonders. Sie würdigt<br />
einen wichtigen Teil unseres Wirkens<br />
und meiner künstlerischen Vision. Die<br />
Compagnie aus acht jungen Tänzern<br />
und den dazu notwendigen künstlerischen<br />
sowie organisatorischen Mitarbeitern<br />
nahm zu Beginn der Spielzeit<br />
2011/12 ihre Arbeit auf. Schnell hat sie sich zu einer künstlerischen<br />
Gemeinschaft entwickelt und innerhalb kürzester Zeit unter Beweis<br />
gestellt, wie notwendig ihr Bestehen ist.<br />
Doch neben der Forderung von Kreativität der jungen Tänzer<br />
war es für mich von vornherein ebenso wichtig, dass wir Ballett<br />
dahin bringen, wo unsere Kunstform kaum zu finden ist: in sozialen<br />
Einrichtungen wie Senioren- oder Ausländerheimen, Schulen<br />
oder Justizvollzugsanstalten, die für mich ebenso zum Herzen der<br />
Gesellschaft gehören.<br />
Ballett soll mit anderen Lebenswirklichkeiten in Berührung kommen,<br />
aus dem Schatten seiner herkömmlichen Wirkungsstätten<br />
heraustreten und Kontakt aufnehmen mit weiteren Lebenswelten.<br />
Tanz muss sich dem Leben stellen, es von anderer Richtung in<br />
Bewegung setzen, in Schwingung bringen und für neue Impulse<br />
sorgen. Das kann nur in einem tatsächlichen Aufeinandertreffen<br />
gelingen. In diesem Sinne ist die Begegnung mit klassischer Musik<br />
und vor allem mit jungen Musikern sehr wichtig. Wir tanzen so oft<br />
wie möglich zu live gespielter Musik, ob es mit Rap in Gefängnissen<br />
ist oder mit Beethoven in Clubs.<br />
Nach 15 Monaten Arbeit lässt sich feststellen, dass sich in den<br />
sozialen Hotspots, die das BUNDESJUGENDBALLETT inzwischen<br />
aufgesucht hat, durch Tanz Gemeinschaft stiften lässt und ein<br />
intensives Wir-Gefühl entsteht, getragen von Menschen unterschiedlicher<br />
Herkunft und Prägung. In kurzer Zeit ist ein eigenes<br />
Repertoire von neuen Balletten entstanden, das neben jungen,<br />
teilweise unbekannten oder auch international erfolgreichen<br />
Choreographen größtenteils von den Tänzern der Compagnie<br />
selbst kreiert worden ist. Das BUNDESJUGENDBALLETT ist nicht<br />
Instrument meiner choreographischen Arbeit wie das HAMBURG<br />
BALLETT. Gleichwohl versuche ich gelegentlich, einzelne Aspekte<br />
meines künstlerischen Schaffens in die junge Compagnie hineinzutragen<br />
– beispielsweise der work in progress von Beethovens<br />
Streichquartett. Ich denke nämlich, dass es von Zeit zu Zeit für die<br />
jungen Tänzer wichtig ist, mit einem etablierten Choreographen<br />
zusammenzuarbeiten.<br />
Mit einem solchen Repertoire, das Gefühl, Bewusstsein und<br />
Ideen der jungen Generation kreativ spiegelt, will das BUNDES-<br />
JUGENDBALLETT auch weiterhin zwischen Jugendkultur, Hochkultur<br />
und Bevölkerung vermitteln. Dass unsere Arbeit, die auf einen<br />
offenen Austausch setzt, mit dem diesjährigen, wunderbar treffenden<br />
Titel Tanzpreis »ZUKUNFT« gewürdigt wird, spornt unser<br />
Engagement zusätzlich an!<br />
Dafür danke ich aus vollem Herzen. John Neumeier<br />
Ballett Intern 5/2012 3<br />
(Foto: Holger Badekow)