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Ulrich Roehm - Fördervereins Tanzkunst Deutschland

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»Vorgestellt« – ein neuer<br />

Dialog geht in Serie<br />

Ivan Liška, Ballettdirektor des<br />

Bayerischen Staatsballetts, informierte<br />

Studenten der Staatlichen Ballettschule Berlin<br />

über seine Münchner Compagnie<br />

von Volkmar Draeger<br />

Die Idee ist so einfach wie naheliegend. Fast muss man sich<br />

wundern, weshalb niemand vor ihnen darauf gekommen ist.<br />

Nun gebührt das Primat der Staatlichen Ballettschule Berlin.<br />

Denn sie hat eine neue, schulinterne Reihe mit hoffentlich<br />

großer Wirkung initiiert. »Vorgestellt: Ballettdirektoren und<br />

ihre Ensembles« verfolgt gleich mehrere Ziele. <strong>Deutschland</strong><br />

verfügt, einzigartig in der Welt, über rund 70 professionelle<br />

Ballett- und Tanztheatercompagnien, ob an Staats- und<br />

Stadttheatern, im Friedrichstadtpalast, bei zwei Fernsehsendern<br />

oder in Eigenregie wie Sasha Waltz & Guests. Was für<br />

Tänzer aller Länder ein Segen ist, bietet auch Absolventen<br />

staatlicher und privater Schulen gute Chancen, ein Engagement<br />

zu bekommen. Allein: Wie findet man die Truppe, die<br />

zu einem passt und die gerade auch auf einen wartet? Es<br />

verschlingt viel Geld, an Auditions teilzunehmen, besonders<br />

wenn man europaweit sucht. Von der aufzuwendenden Zeit<br />

gar nicht erst zu reden, zumal in die intensivste Reisephase<br />

der Kandidaten oft auch die schriftlichen und praktischen<br />

Prüfungen fallen. Um das ohnehin schmale Geldsäckel der<br />

Absolventen zu entlasten und auch ihren Zeitfonds zu schonen,<br />

hatte die Leitung der Schule einen zündenden Einfall.<br />

Wie wäre es, wenn man Ballettchefs, die zumeist ja auch<br />

Choreographen sind, in die Schule einlüde? Zum einen können<br />

sie interessierten Studenten Rede und Antwort stehen;<br />

zum anderen werden sie gewiss, immer auf der Suche nach<br />

potenziellen Ensemblemitgliedern, gern auch mal in die letzten<br />

Klassen schauen.<br />

Ein Vortrag von Schulleiter Ralf Stabel in München stellte<br />

den Kontakt zu Ivan Liška her, und der reagierte sofort positiv<br />

auf den Vorschlag, die neue Reihe in der Berliner Schule zu<br />

eröffnen. Das tat er vor vollbesetztem Auditorium im Theatersaal<br />

der Schule nicht allein. Zur Verstärkung hatte er sich<br />

Stellvertreterin und Dramaturgin Bettina Wagner-Bergelt mitgebracht.<br />

Beide gehören dem 1989 formierten Bayerischen<br />

Staatsballett seit langem an und wissen, worüber sie reden,<br />

wenn sie hinter die Kulissen der täglichen Arbeit blicken lassen.<br />

Das taten sie zur Freude der neugierigen Studenten so<br />

charmant wie zwanglos im Dialog, dass Berührungsängste<br />

gar nicht erst aufkamen. Vieles erfuhren die jungen Zuhörer<br />

über die Stadt an der Isar und ihr Ballett: dass es auf eine<br />

350-jährige Tradition zurückblicken kann; dass der italienische<br />

Komponist Orlando di Lasso, vom Kaiser geadelt, bis<br />

zu seinem Tod 1594 weit mehr als 30 Jahre dort Hofkapellmeister<br />

war; und dass das Staatsballett über zwei Spielstätten<br />

verfügt, die Bayerische Staatsoper mit 2000 Plätzen und<br />

das etwas kleinere Prinzregententheater. Die 68 Planstellen<br />

der Compagnie seien, sagt Liška, gerade ausreichend, um<br />

Häuser dieser Größe zu bespielen, mit zwischen 70 und 85<br />

Ivan Liška zu Gast an der Staatlichen Ballettschule Berlin<br />

Ivan Liška bei seinem Vortrag in Berlin – im Hintergrund seine Stellvertreterin<br />

und Dramaturgin Bettina Wagner-Bergelt (Fotos: Heckel)<br />

Vorstellungen pro Saison. Denn auch die Gastspiele rechnen,<br />

und zudem gibt es bereits die dritte Spielzeit eine Juniorcompagnie<br />

mit 16 Mitgliedern, neun Volontären und sieben Stipendiaten<br />

der Bosl-Stiftung, die hier ihre ersten Erfahrungen<br />

sammeln können und dennoch unter fachkundiger Führung<br />

bleiben.<br />

Eingeleitet hatte der Direktor den Nachmittag mit Komplimenten<br />

an die Gaststadt. In Berlin habe er als Student mit 15<br />

an der Lindenoper Lilo Grubers »Dornröschen« gesehen, mit<br />

einem Star wie Claus Schulz. Oft sei er danach an der Spree<br />

gewesen, habe Tatjana Gsovsky erlebt und Gert Reinholm<br />

und, spätestens dann in München, die Gsovsky-Schülerin<br />

Konstanze Vernon. Dass er hier auch gastiert hat, etwa in<br />

Gerhard Bohners Rekonstruktion des »Triadischen Balletts«,<br />

sei angefügt. Doch was die Schüler besonders interessierte,<br />

waren aktuelle Informationen zu seiner Compagnie in<br />

München. Wie breit das dortige Repertoire ist, von der traditionellen<br />

Klassik bis zur heutigen Moderne, wusste er nicht<br />

nur zu berichten: Er hatte Videoausschnitte vorbereitet. Sie<br />

zeigten eben jene Spannweite des Spielplans, von der vielgelobten<br />

Rekonstruktion des »Corsaire« nach den in Boston<br />

verwahrten Stepanov-Notaten des Petipa-Originals über Frederick<br />

Ashtons nirgendwo sonst in unserer Republik getanz-<br />

Ballett Intern 5/2012 33

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