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PDF (Online Text) - EURAC

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vom traditionellen Romanisch so weit entfernt, dass man es nur über das Deutsche,<br />

versteht, also aus der Rückübersetzung.<br />

8. Sozialpsychologische Aspekte<br />

Das Romanische wird in dörflichen Sprachgemeinschaften und teilweise in<br />

den Regionalzentren verwendet; es schafft dort eine lokale Identifikation unter<br />

den Romanischsprechern, ganz besonders den Einheimischen, und steht für das<br />

Überschaubare gegenüber dem Fremden. Wenn man aber beruflich oder mit einem<br />

nichtromanischen Partner eine andere Sprache verwendet, so tut man das emotionslos.<br />

Und wenn manche wegen ihrer fehlenden romanischen Fachkompetenz Deutsch<br />

verwenden, dann ist das eher ein Reflex der Sprachpolitik, als dass man sich schämt. Es<br />

ist zudem eher selten, dass man bewusst neue romanische Ausdrücke sucht, denn allzu<br />

oft vergessen besonders die Sprachverwalter und Sprachpfleger, dass das Romanische<br />

oft nur informell gesprochen wird und endgültig eine Ko-Sprache des Deutschen ist.<br />

9. Politisch-wirtschaftliche Aspekte<br />

Jede Sprache kann zwar materiell (Terminologie, Neologie) erfolgreich, sozusagen<br />

im Labor erneuert werden, aber deren Verbreitung, Implementierung, kann nur die<br />

Anwendungsseite (Produkte, Sprachträger usw.) bewirken. Beim Romanischen hingegen<br />

sind die anwendungsorientierten Bedingungen überhaupt nicht oder nur schwach<br />

erfüllt und auch der technisch-linguistische Bereich ist nicht eindeutig bestimmt<br />

(Entscheidungskompetenz, Verbindlichkeit, Verbreitung). Die enge und fast intime<br />

Sprachgemeinschaft fordert vom linguistischen Bearbeiter, der zugleich selber betroffen<br />

ist, eine technisch-linguistische Spracherneuerung, die einerseits systematisch ist und<br />

andererseits auch eine sichere Triviallösung liefert. Diese Individualisierung beeinflusst<br />

trotzdem die Spracherneuerung weniger als andere Rahmenbedingungen, nämlich das<br />

sprachliche Umfeld, die Nützlichkeit und die Kleinräumigkeit.<br />

Im gemeinsamen Wirtschafts-, Verkehrs-, Ausbildungs- und Kommunikationsraum<br />

mit der deutschen Schweiz fehlt dem Romanischen die konkrete, durchgehende<br />

Anwendung, die Kommerzialisierung der Sprache, außer in den gesteuerten Bereichen<br />

der Verwaltung und Volksschule in denen sie ohne direkte Konkurrenz ist.<br />

10. Verbreitung und Nachhaltigkeit<br />

Im ganzen Anpassungsprozess erweist sich – bei einer minorisierten Sprache<br />

nicht unerwartet – ausgerechnet die wichtigste Phase, nämlich die Verbreitung und<br />

systematische Anwendung, als schwächstes Glied. Die Anpassung dringt nicht direkt<br />

zum Anwender im Berufsalltag, sondern er muss sie bewusst holen und auch bereit sein,<br />

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