11.01.2016 Aufrufe

Agenda 2030 - Schwerpunktthema im Global Compact Deutschland 2015

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Agenda</strong><br />

wie eine aktuelle Studie zeigt. „Für den Mittelstand haben sich<br />

die Aufstiegschancen verringert, die Abstiegsrisiken haben<br />

zugenommen“, sagte Studienautorin Dorothee Spannagel von<br />

der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. <strong>Deutschland</strong><br />

zählt hier übrigens laut OECD zu den Ländern mit der ungerechtesten<br />

Vermögensverteilung.<br />

Verschwinden der Privatsphäre: Große Konzerne drängen auf<br />

<strong>im</strong>mer allumfassendere Wertschöpfungskonzepte durch Digitalisierung<br />

(v. a. sind dies die Silicon-Valley-Giganten wie Apple,<br />

Google, Facebook und Microsoft). Damit dringen sie <strong>im</strong>mer<br />

tiefer in unsere (private) Lebenswelt ein. Der Konsument ist<br />

längst nicht mehr nur gläsern, er ist vorhersagbar – und damit<br />

prinzipiell steuerbar. Big Data bietet Chancen und Komfort,<br />

aber jede Medaille hat <strong>im</strong>mer zwei Seiten.<br />

Rückwärtsgewandte Politik „en vogue“<br />

Wie reagieren Politik und Gesellschaften auf diese Entwicklungen<br />

und vor allem auf die <strong>Global</strong>isierung der Krisen? Durch<br />

Abkapseln. Je nach gesellschaftlicher Ausgangslage zeigt sich<br />

das in vier Ausprägungen:<br />

• Politische Abschottung: „Das Boot ist voll“, lautet die Parole von<br />

Politikern wie etwa Trump in den USA bis Orban in Ungarn.<br />

• Rassismus / ethnische Abschottung: Von Pegida bis Le Pen – mit<br />

ihrem Gesäusel vom Untergang des Abendlandes schüren<br />

sie nur Ängste und bereiten den Boden für Rassisten.<br />

• Fundamentalismus / religiöse Abschottung: Dafür stehen vor allem<br />

der IS-Terror, Salafisten und andere Islamisten, aber auch<br />

die evangelikalen Kreationisten in den USA untergraben<br />

auf ihre Art genauso alles Denken seit der Renaissance.<br />

viel stärker über unseren „Gesellschaftsvertrag“ reflektieren,<br />

statt nur Details abzuarbeiten. Nur wenn wir hier Brücken<br />

bauen, überwinden wir eine derzeitige Tendenz hin zu<br />

„Echokammern“. Diese beschreiben das Risiko, sich in einer<br />

reinen Zust<strong>im</strong>mungsumgebung zu befinden, in der es keine<br />

gegensätzlichen Meinungen gibt. Wer schon einmal auf einer<br />

CSR-Konferenz war, kennt die Erfahrung einer kompletten<br />

Zust<strong>im</strong>mungsumgebung, wo alle um den Kl<strong>im</strong>awandel oder<br />

die vielen anderen Entwicklungsziele wissen. Nur außerhalb<br />

dieser Echokammer wird daraus noch lange keine Handlung.<br />

Peter Altmaier erinnerte anlässlich des Nachhaltigkeitsdialogs<br />

kürzlich in Berlin daran, dass die Antworten darauf auch<br />

eine Frage des politischen Streites sind: „Wir befinden uns in<br />

einer Situation, die ambitioniert ist, weil es bei Themen wie<br />

dem Kl<strong>im</strong>aschutz eben nicht nur um gute und wohlgemeinte<br />

Erklärungen geht, sondern auch um knallharte Wachstumschancen<br />

und Perspektiven, um Kosten sowie Vorteile und<br />

Nachteile <strong>im</strong> internationalen Wettbewerb.“<br />

Welche Rolle spielen Unternehmen?<br />

Unternehmen sind viel eher als Politik in der Lage, Zukunft zu<br />

gestalten. Visionen – oder Corporate Foresight, wie dies dort<br />

heißt – sind eine Frage des „unternehmerischen Überlebens“.<br />

Schon aus diesem Eigenbetrieb heraus kann die Wirtschaft<br />

den Zukunftsbegriff in die politische Gegenwartsdiskussion<br />

zurückholen und den SDGs damit eine Perspektive geben.<br />

Lise Kingo ist zuversichtlich, dass zumindest die Unternehmen<br />

<strong>im</strong> <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> hier einen positiven Beitrag leisten können.<br />

Kingo sagt: „Wir müssen uns stets ins Gedächtnis rufen, dass<br />

viele Unternehmen heutzutage gerne verantwortungsbewusst<br />

handeln. Sie möchten einen Unterschied machen und sehen<br />

Wirtschaft als eine Kraft für Gutes. Dennoch muss in allem,<br />

• Nationalismus / Autokratie: Dies beschreibt in vielen Ländern<br />

die Sehnsucht nach der strengen Vaterfigur, sei es Putin in<br />

Russland, Sissi in Ägypten oder Erdogan in der Türkei. Im<br />

Chaos sieht man Sicherheit bei jemandem, der „weiß, was<br />

zu tun ist.“<br />

In all diesen Fällen handelt es sich um eine rückwärtsgewandte<br />

Sicht. Allem wohnt die Sehnsucht inne, dass es früher besser<br />

war und man deshalb dahin zurück will. Das Morgen, die<br />

Zukunft als Gesellschaftskonzept, steckt voller Gefahren, nicht<br />

Chancen. Das Glas ist stets halb leer. Der Verlust an Utopien<br />

gilt vielen daher als guter Politikstil – pragmatisch, nüchtern,<br />

sachlich. Das Blöde daran ist nur: Wer <strong>im</strong>mer nur auf Sicht<br />

fährt, fährt ohne Weitsicht.<br />

Tendenz zu Echokammern<br />

Wo ist der Bezug zu den SDGs? Genau an dieser Stelle verläuft<br />

aus meiner Sicht eine zentrale Sollbruchstelle. Die SDGs sind<br />

zukunftsgerichtet. Sie stehen für die <strong>Agenda</strong> <strong>2030</strong>. Aber der<br />

politische Diskus ist derzeit eher rückwärtsgerichtet. Das passt<br />

erst mal nicht zusammen, und ohne auf diesen Zielkonflikt<br />

einzugehen, sind die SDGs zum Scheitern verdammt. Wer<br />

Nachhaltigkeitsziele diskutieren will, muss daher viel stärker<br />

politisch argumentieren. Und wer politisch diskutiert, muss<br />

12<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2015</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!