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Christophe Vuillaumes efterslægt - Christensen, Erichsen ...

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praktischen Wissenscha ften, in allen bürgerlichen Geschäften, ist diese Bildung Eins: der Mensch wird für<br />

den Sta at gebildet, indem er zum Menschen gebildet wird, und eben deswegen, daß er gebildet wird. In den<br />

Gesinnungen aber gehen beide Bildungen in etwas voneinander ab und besonders darin, daß der Staat einiges<br />

Vorrecht vor der Menschheit fordert. Hauptsächlich geraten diese beiden Gesetze in gewissen Ständen,<br />

nämlich bei den Soldaten und bei denen, welche Staatsangelegenheiten besorgen, in starke Kollision.<br />

Doch müssen wir hier die Bildung zur Nützlichkeit und für das Vaterland über haupt, nicht mit einer<br />

besonderen Bestimmung verwechseln. Der Mensch muß für den Staat gebildet werden; das ist dem strengsten<br />

und unwider sprechlichsten Rechte gemäß. Gibt es denn aber eine Verpflichtung, zu den bedrückten Ständ en<br />

der Gesellschaft gebildet zu werden? Muß man sich zum Sklaven, zu m Lastträger des Gemeinwesens<br />

stempeln lassen?<br />

Was bedeutet diese Frage? Will man damit sagen, daß es gut sei, den armen Bedrückten, der unfehlbar ein<br />

Sklave sein wird, zu seinem künftigen Elend zu bilden, so daß er alle die Kräfte und die Eingeschränktheit<br />

habe, welche zu Ertr agung und Linderung seines Elends nötig sind? Oder will man sagen, es sei billig,<br />

jemanden zum Opfer für das Wohl der Gesellschaft oder ihrer Repräsentanten zu bestimmen und dieser<br />

Bestimmung zufolge, ohne Rücksicht auf Menschenrechte, ihn so zu bilden oder zu verstümmeln, wie es sein<br />

künftiger Stand erfordert? Diese Fragen sind sehr verschieden.<br />

Alle Menschen können nicht gleich erzogen werden; es ist nicht möglich, sie alle zu den bess eren,<br />

bequemeren, glücklicheren Bestimmungen zu bilden. Ihre Fähigkeiten lassen dieses ebensowenig als die<br />

Bedürfnisse der Menschheit zu. Wir brauchen wenige Gelehrte, Künstler, viele Handwerker, Tagelöhner. Es<br />

kommt ab er dem Staate nicht zu, diesen zum hohen Amte, zur Ehrenstelle und jenen zum Lastträger zu<br />

bestimmen. Allenfalls könnte er wohl zu dem Einen sagen: Komm, genieße der Vorrechte. Doch auch dieses<br />

wäre nicht zulässig, und zwar aus dem Grunde, weil da durch ein Anderer davon a usges chloss en würde.<br />

Unter keiner Bedingung aber kann er zu irgend jemandem sagen: Du, du sollst im Elende bleiben, ein Opfer<br />

des gemeinen Wohls werden.<br />

Muß es ab er nicht solche Lastträg er des G emeinwesens geben? Es sollten keine sein, denn nach Recht und<br />

Gerechtigkeit sollt en die Lasten auf alle fallen; dann würden sie, durch die Verteilung leicht werden und<br />

niemanden drücken. Alle Vorrechtes ind gehässig, denn es kann niemand von den allgemeinen Last en aus<br />

genommen werden, ohne daß sein Teil auf einen anderen zurückfalle, die Last mag beschaffen sein, wie sie<br />

will. Sobald Vorrechte eingestanden werden, öffnet sich eine ergiebige Quelle von sittlichem und<br />

bürgerlichem Verderben, es lernt ein jeder sich von dem Gemeinwesen abgesondert denken, man trachtet nach<br />

Vorrechten, man sucht sich derselben teilhaftig zu machen, man beneidet und haßt die Genießenden, man<br />

wendet alles an, auch Schmeichelei, Laster, eigene Verstümmelung; man macht sich unbrauchbar, um<br />

verschont zu bleiben.<br />

Wir sind in diesem Zustande der Billigkeit und Gerechtigkeit nicht, unsere Lage ist erzwungen. Reichtum und<br />

Armut, Vorrechte und Bedrückung stehen nebeneinander in widrigem Kontrast. Die Sachen sind einmal so:<br />

die Gewalt ist in den Händen der Begünstigten, der Bedrückte wird sorgfältig in derBedrückung erhalten, der<br />

Genießende wird sich wohl hüten, seine Vorteile aufzugeben. Was soll man tun? Was man kann: nichts, denn<br />

wer etwas tun möchte, kann es nicht. In diesem Zustande aber, wo das Übermaß weniger die Unterdrückung<br />

vieler fordert, sollte der Staat seine Macht dadurch nicht entweihen, daß er die Opfer des Gemeinwohls selbst<br />

bestimmte; er handelt wider seine Würde, weil er wider die Gerechtigkeit und folglich ohne Befugnis, handelt,<br />

wenn er Bedrückung bestimmt. Er lasse doch zum Teil die Notwendigkeit der Umstände solche gehässige<br />

Bestimmungen festsetzen. Wenn noch ein Trost für den Bedrückten ist, wenn dem Staate noch ein Mittel übrig<br />

bleibt, sich vor dem Vorwurf der Ungerechtigkeit und dem Haß der Bedrückten zu bewahren, so ist es dies es,<br />

daß er einem Jeden alle Wege freilasse. Derjenige, der von Natur wenig Fähigkeiten hat, wird von selbst in<br />

den unteren Klassen bleiben; und der Mangel an Mitteln sich zu erheben, wird noch mehrere in der Niedrigkeit<br />

erhalten. Warum sind gewisse Stände, gewisse Orte von einigen Verpflichtungen gegen den Staat frei? Alle<br />

Bürger sind Kinder des Staats, gegen alle muß er gerecht sein, alle sind ihm gewisse Pflichten schuldig.<br />

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Side 11

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