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Begegnung auf Augenhöhe – Schulbegleitende Gespräche zu dritt

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endet (Z. 121-123). In triangulierend geführten Gesprächen ist es wichtig, dass keine Zweierbündnisse<br />

entstehen, die den Dritten ausschließen. Dies erreicht der Lehrer, indem er den<br />

Blick in die Zukunft richtet und damit die Klärung des in der Vergangenheit vorgefallenen und<br />

die damit verbundenen latenten Schuld<strong>zu</strong>weisungen beendet. Mit der neu formulierten Vereinbarung<br />

überträgt er sowohl der Mutter als auch Anna Verantwortung für die Erledigung der<br />

Haus<strong>auf</strong>gaben und macht so deutlich, dass es nicht um Schuld geht, sondern um gemeinsame<br />

Verantwortung.<br />

Im Anschluss geht er <strong>zu</strong> einem neuen Thema über, die soziale Integration von Anna in die Klasse<br />

und die Schule (Z. 124/125). Anna fühlt sich gut integriert und auch die Mutter beurteilt Annas<br />

Situation positiv. Der Lehrer bestätigt Anna und ihrer Mutter: „im Kollegium haben wir auch<br />

alle das Gefühl, dass Du sozial gut integriert bist in der Klasse“ (Z. 135/136), weswegen Anna<br />

auch direkt nachfragt: „Wird da über mich gesprochen?“ (Z. 138). Die Erkenntnis, dass sich Lehrer<br />

auch in Abwesenheit der Schüler über deren Verhalten austauschen, scheint in dem Mädchen<br />

Unbehagen aus<strong>zu</strong>lösen. Der Lehrer versucht sich <strong>zu</strong> erklären, wobei er sogar ins Stottern<br />

gerät: „das ist ja unsere Auf-, unsere Aufgabe als Lehrer und Lehrerinnen, dass wir gucken, wie<br />

es unseren Schülern geht“ (Z. 139/140). Der Versuch des Lehrers, Anna <strong>zu</strong> beruhigen, fällt eher<br />

kurz aus, aber im Grunde ist die Situation im Lehrerzimmer die Realität, die Anna auch bewusst<br />

sein sollte. Die Schule ist ein Ort, an dem bewertet wird. Es ist deshalb wichtig, dass die Schüler<br />

einen realistischen Blick sowohl <strong>auf</strong> ihre Leistungen, als auch <strong>auf</strong> andere Vorgänge bekommen.<br />

Weiter möchte der Lehrer darüber auch gar nicht sprechen und er ist der Meinung: „dann<br />

haben wir die wesentlichen Punkte angesprochen“ (Z. 140/141). Das kann den anderen Gesprächsteilnehmern<br />

den Eindruck vermitteln, dass auch wirklich bereits alles besprochen wurde<br />

oder der Lehrer <strong>zu</strong> einem Ende kommen will. Dadurch lässt die Aussage kaum noch die<br />

Möglichkeit <strong>zu</strong> einem Widerspruch, obwohl der Lehrer danach das Wort an Anna richtet und<br />

fragt: „Möchtest Du noch was sagen oder uns was mitgeben?“ (Z. 141/142). Die Frage, ob Anna<br />

noch etwas ansprechen möchte, hätte idealerweise <strong>zu</strong>erst gestellt werden sollen, d.h. bevor<br />

der Lehrer die Einschät<strong>zu</strong>ng formuliert, dass alles Wesentliche gesagt ist. In trianguliert geführten<br />

Gesprächen sollen die Schüler und ihre Meinung besondere Beachtung erfahren und die<br />

Kinder und Jugendlichen ein ebenbürtiges Gesprächsrecht bekommen. Dabei sollen sie nicht<br />

von den Erwachsenen in eine Richtung gedrängt werden.<br />

Anna lässt sich davon jedoch nicht <strong>zu</strong>rückhalten und fragt nach: „was soll ich denn jetzt mit Frau<br />

Müller machen“ (Z. 143). Der Lehrer ist der Meinung, es handelt sich um ein Problem „wegen<br />

der Haus<strong>auf</strong>gaben und der Rechtschreibung“ (Z. 144), dabei hat Anna das Gefühl „die mag<br />

mich nicht“ (Z. 145). Dass ein Lehrer vergessen hat, was ein am Anfang des Gesprächs erwähntes<br />

Anliegen war, kann einem Schüler ein schlechtes Gefühl geben. Es könnte der Eindruck<br />

entstehen, dass dem Lehrer die Probleme des Schülers nicht so wichtig sind, dabei sollen doch<br />

gerade diese im Vordergrund stehen. Die Gleichberechtigung des Schülers kann somit von<br />

den Gesprächsteilnehmern angezweifelt werden. Auch für Frau Richter scheint bereits alles<br />

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