Fußnoten und weiteren Quellen - Projektwerkstatt
Fußnoten und weiteren Quellen - Projektwerkstatt
Fußnoten und weiteren Quellen - Projektwerkstatt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
www.natur.de | Rubrik: Interviews im Netz, 20.02.2009<br />
"Monsanto wusste, wie giftig die Stoffe sind"<br />
Artikel drucken Fenster schließen<br />
Interview: MarieMonique Robin über die Machenschaften des USBiotechKonzerns Monsanto.<br />
MarieMonique Robin ist eine französische Journalistin <strong>und</strong> Filmemacherin.<br />
Frau Robin, in Ihrem neuen Buch <strong>und</strong> Ihrem Film berichten Sie, wie der Konzern Monsanto seit Jahrzehnten Chemikalien <strong>und</strong> genveränderte Pflanzen auf<br />
den Markt bringt, obwohl er weiß, wie schädlich sie sind. Es wird vertuscht, bestochen, erpresst <strong>und</strong> verleumdet. Was hat Sie selbst am meisten<br />
schockiert?<br />
Die Geschichte vom PCB. Bis in die 80er wurde es 50 Jahre lang etwa als Isoliermittel in elektrischen Transformatoren benutzt. Monsanto hatte alle Daten,<br />
wusste, wie hochgiftig dieser Stoff ist <strong>und</strong> hat dies nicht nur vor den Behörden, sondern auch vor den eigenen Mitarbeitern verschleiert. Und das ist nur ein<br />
Beispiel von vielen. Die zwei Herbizide, die in dem Entlaubungsmittel Agent Orange steckten, das die Amerikaner im Vietnamkrieg über den Wäldern<br />
abwarfen, weshalb so viele Soldaten krank wurden. Oder aktuell das Herbizid Ro<strong>und</strong> up: Das ist das meistverkaufte Pflanzenschutzmittel der Welt, dessen<br />
Geschichte eng mit der Gentechnik verb<strong>und</strong>en ist. R<strong>und</strong> 70 Prozent aller gentechnisch veränderten Organismen (GVO) weltweit wurden manipuliert, um gegen<br />
Ro<strong>und</strong>up resistent zu sein. Monsanto behauptet immer wieder, Ro<strong>und</strong>up sei biologisch abbaubar <strong>und</strong> unschädlich für die Umwelt. Viele Gärtner <strong>und</strong> Bauern<br />
benutzen es deshalb weiter. Dabei ist das eine glatte Lüge. Und diese Geschichten wiederholen sich bei Monsanto immer wieder. Das ist wirklich<br />
unglaublich. Es gibt ein Dokument des Konzerns, das jeder im Internet lesen kann, in dem sinngemäß steht: "Wir können es uns geschäftlich nicht leisten, auch nur einen Dollar zu<br />
verlieren." Das bringt die Haltung von Monsanto auf den Punkt. Die Profitgier lässt diese Leute jede Moral vergessen. Ich meine, man kann sich ja vorstellen, dass eine Firma ein Produkt<br />
auf den Markt bringt, obwohl sie vielleicht nicht genau weiß, welche Auswirkungen es auf die Umwelt oder die Ges<strong>und</strong>heit der Menschen hat. Aber wenn sie das genau weiß <strong>und</strong> die Daten<br />
verheimlicht, ist das schon ziemlich beunruhigend.<br />
Warum lassen die Behörden Monsanto gewähren?<br />
Der Konzern hat an den richtigen Positionen der USKontrollbehörde für Lebens <strong>und</strong> Arzneimittel FDA eigene Mitarbeiter sitzen. Er hat die<br />
entscheidenden Gremien regelrecht infiltriert. Nicht zuletzt dadurch ist es ihm gelungen, in der Agrarpolitik der USA das Prinzip der<br />
"substanziellen Äquivalenz" durchzusetzen.<br />
Was besagt dieses Prinzip?<br />
Es besagt, dass eine gentechnisch veränderte Pflanze der konventionellen entspricht. Deshalb braucht man keine<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung, um die veränderte Pflanze auf den Markt zu bringen. Wie James Maryanski, der 20 Jahre bei der FDA<br />
gearbeitet hat <strong>und</strong> damals die Abteilung für Biotechnologie leitete, im Interview zugegeben hat, hatte dies keinerlei wissenschaftliche<br />
Basis, sondern war eine rein politische Entscheidung. Auch Dan Glickman, der 1995 bis 2001 unter Clinton Landwirtschaftsminister war <br />
also genau in der Zeit, als besonders viele GVO zugelassen wurden hat mir das bestätigt. Alle Forscher der FDA waren damals eigentlich<br />
gegen diese Regelung. Das steht auch in einst geheimen Dokumenten, die in der Zwischenzeit freigegeben worden sind. Die Forscher<br />
waren eigentlich der Meinung, dass man die Frage, ob GVO den herkömmlichen Pflanzen entsprechen, erst einmal untersuchen müsse. Doch das wurde nicht gemacht.<br />
Wie genau gelang es Monsanto, das Prinzip durchzusetzen?<br />
Ich bin keine Anhängerin von Verschwörungstheorien, aber wie sie diesen Plan, mit Gentechnik ein Vermögen zu machen, Schritt für Schritt durchgezogen haben, ist schon wirklich<br />
unglaublich. Als sie ihn beschlossen, war Monsantos Ruf wegen der Skandale um PCB <strong>und</strong> Agent Orange schon sehr schlecht. Das wussten die MonsantoVerantwortlichen. Sie wussten,<br />
dass wenn sie nun genmanipulierte Organismen auf den Markt bringen wollten mit dem Versprechen, sie seien unschädlich, dies nicht klappen würde. Darum brauchten sie eine solche<br />
Regelung. Nun war damals Mitte der 80er unter der Regierung von Reagan <strong>und</strong> Bush senior Deregulierung angesagt. Darum sprachen die Monsanto Vertreter 1986 erstmals bei der<br />
Regierung vor, um ihnen die substanzielle Äquivalenz als genau das zu verkaufen: Deregulierung. Wenn ein Organismus wie der andere ist, braucht man nur einmal zu prüfen. Ich habe<br />
auch Michael Teller, erst Rechtsanwalt von Monsanto <strong>und</strong> dann bei der FDA angestellt, interviewt. Er hat das Gesetz 1992 geschrieben, das in der Folge weltweit als Basis für ähnliche<br />
Regelungen diente. Das war drei Jahre, bevor mit der Ro<strong>und</strong>upReady Sojabohne die erste genmanipulierte Pflanze auf den Markt kam.<br />
Wie sieht es in Europa aus? Hier hat Monsanto doch keine Leute in den Behörden sitzen, oder?<br />
Doch, bei uns herrscht im entscheidenden Gremium, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, der gleiche<br />
Interessenkonflikt. 80 Prozent der Wissenschaftler dort arbeiten für Monsanto <strong>und</strong> andere Saatguthersteller wie Syngenta oder Bayer<br />
CropScience. Ich habe mit zwei französischen Abgeordneten gesprochen, die ihren Unmut auch in der Zeitung Le Monde veröffentlicht<br />
haben. Sie sagen, der politische Druck, die Zulassung der GVO umzusetzen, sei unerträglich. Da geht es nicht nur um normale<br />
Lobbyarbeit, sondern auch um Bestechung <strong>und</strong> all diese Dinge.<br />
Wie reagiert Monsanto auf Ihre Enthüllungen?<br />
Ich hatte befürchtet, dass mir Ähnliches blühen könnte wie der USJournalistin Jane Akre. Sie wollte 1996 darüber berichten, wie ein<br />
Wachstumshormon von Monsanto zur Steigerung der Milchleistung von Rindern die Ges<strong>und</strong>heit von Tier <strong>und</strong> Mensch beeinträchtigt. Auf<br />
Druck von Monsanto hielt Akres Sender Fox die Reportage unter Verschluss, Akre verlor ihren Job <strong>und</strong> musste jahrelang Prozesse führen.<br />
Aber bei mir kam bis jetzt keine Reaktion. Ich glaube, dass der weltweite Erfolg ein guter Schutz ist. Mein Film ist inzwischen in 20 Ländern<br />
im Fernsehen gelaufen. Viele ziehen sich im Internet auch illegale Kopien, aber das stört mich gar nicht es freut mich eher, dass diese Welle um den ganzen Globus schwappt. Das Buch<br />
ist in Frankreich ein Bestseller <strong>und</strong> in 13 Sprachen übersetzt worden. Ich reise viel, werde nach Brasilien, Kanada, USA, Deutschland <strong>und</strong> so weiter zu Vorträgen eingeladen. Außerdem<br />
sind alle meine Informationen absolut wasserdicht. Jedes Wort wurde von meinem Rechtsanwalt genau geprüft, ich gebe alle <strong>Quellen</strong> genau an, habe die meisten auch selbst interviewt.<br />
Viele Informationen sind zudem gar kein Geheimnis, sie stehen für jeden nachlesbar im Internet. Ich nehme daher an, das meine Informationen schlicht nicht angreifbar sind.<br />
Film: Monsanto mit Gift <strong>und</strong> Genen. absolut. 107 Min., 19,95 Euro. Der Film wird bis zum Herbst auf dem b<strong>und</strong>esweiten Filmfestival "ueber Macht" der GesellschafterInitiative von Aktion<br />
Mensch gezeigt. Mehr dazu: diegesellschafter.de/uebermacht/index.php<br />
Alles über den Film: www.arte.tv/de/wissenentdeckung/MonsantomitGift<strong>und</strong>Genen/1912794.html<br />
Bilder: Fotolia<br />
Mit Gift <strong>und</strong> Genen 464 Seiten<br />
DVA; 1. Auflage(Januar 2009) 19,95 €<br />
ISBN: 3421043922 Jetzt bestellen: natur+kosmos shop