"Kaolingrube Rappauf" als pdf - Ökologisch-Botanischer Garten ...
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16<br />
Erstbesiedelung von Rohbodenflächen<br />
Huflattichfluren (Aufn. 24-29)<br />
Die durch den Abbau geschaffenen sauren Rohböden in der Grube werden von<br />
einigen Pioniergesellschaften besiedelt, die wegen ihrer wechselnden floristischen<br />
Zusammensetzung meist schwer zu fassen sind. Für die Differenzierung ist in erster<br />
Linie die Korngrößenzusammensetzung und die Wasserkapazität der erodierten Bodenflächen<br />
und des an den flacheren Stellen wieder sedimentierten abgeschwemmten<br />
Materi<strong>als</strong> verantwortlich. Die allbekannte Huflattichflur tritt an den Steilhängen<br />
zurück, besiedelt indes überwiegend die Böschungskronen und erreicht ihre größte<br />
Vitalität am Hangfuß, wo eine ausreichende Wasserversorgung durch Sickerwasser<br />
und die höhere Wasserkapazität der abgesetzten feineren Korngrößen gegeben ist.<br />
Auf den davor liegenden sanfter geneigten Flächen (Bermen und Grubensohle)<br />
dünnt der Bestand an Individuenzahl und Wuchshöhe aus.<br />
Der Huflattich wurde von TÜXEN (vgl. OBERDORFER 1983, S. 299) <strong>als</strong> Erstbesiedler<br />
auf steinschuttarmen, staufeuchten und damit wechseltrockenen Lehm- und Tonböden<br />
(häufig Mergelböden) beschrieben. Seine Siedlungen wurden <strong>als</strong> Assoziation<br />
Poo-Tussilaginetum farfarae Tx. 31 (K Agropyretea intermedii-repentis, V Convolvulo-Agropyrion)<br />
gefaßt. Wie aus der Erklärung über die Herkunft der Vegetationsaufnahmen<br />
bei OBERDORFER (Tab. 201, Spalte 8, S. 287 unten) unschwer zu ersehen,<br />
stammen die 33 verarbeiteten Vegetationsaufnahmen fast ausnahmslos aus Kalkgebieten<br />
(Wutachgebiet, Allgäu, Schwäbische Alb, ..., südliches Maindreieck), in denen<br />
eine andere Charakterart 11 ermittelt wurde und im Gesellschaftsnamen manifestiert<br />
ist (aus TÜXEN 1951 übernommen) <strong>als</strong> in unseren Beständen auf saurem Granitgestein.<br />
In „unseren“ <strong>Kaolingrube</strong>n fehlt Poa compressa im Tussilaginetum vollständig;<br />
stattdessen gedeihen Säurezeiger wie Spergularia rubra (Rote Schuppenmiere; Reaktionszahl<br />
R = 3) und überraschenderweise der nährstoffliebende (Stickstoffzahl N<br />
= 9!) Alopecurus aequalis (Rotgelbes Fuchsschwanzgras). In der benachbarten<br />
Schmelitzgrube sind die Phytozönosen ganz ähnlich zusammengesetzt. Auf der Deponie<br />
der technisch nicht verwertbaren Kaolin-Korngrößen ist dort außerdem Spergula<br />
arvensis (Acker-Spark), ebenfalls ein Säurezeiger (R = 3), stets vorhanden. OBER-<br />
DORFER (1983, S. 299) bemerkt zur Huflattichflur noch: „Als ausgesprochene Pionierassoziation<br />
ist die floristische Zusammensetzung des Poo-Tussilaginetum sehr unausgeglichen;<br />
kaum zwei Aufnahmen gleichen sich völlig, was die Erfassung der Gesellschaft<br />
sehr erschwert und ihre synsystematische Zuordnung immer wieder<br />
schwanken ließ.“ NEUFELDT (1988, S. 38) schlägt vor: „Für unsere Gesellschaft käme<br />
der Name Spergulario-Tussilaginetum in Frage, womit ein deutlicher Hinweis auf den<br />
sauren Standort gegeben ist.“ Und weiter: „Für den Huflattich dürfte nicht der Basengehalt<br />
ausschlaggebend sein, sondern ein hoher Tonanteil und ein bestimmter Wasservorrat.<br />
Die Pflanze wird jedoch auf kalkhaltigem Substrat größer und kräftiger <strong>als</strong><br />
auf unserem kalkarmen. Wahrscheinlich kommt hinzu, daß keine Art derart zur Besiedlung<br />
von Rohbodenstandorten befähigt und der Huflattich damit konkurrenzlos<br />
ist. Er ist ein ausdauernder Rhizom-Geophyt sowie eine Halbrosettenpflanze. Die<br />
Rhizome sind bis zu 2 m lang und gehen bis 1 m in die Tiefe (vgl. DÜLL-KUTZELNIGG:<br />
Neues botanisch-ökologisches Taschenbuch, S. 223. Rheidt 1986), die flächigen<br />
Blätter unterdrücken andere Arten. Vielleicht sind die kleineren Blätter hier in der <strong>Kaolingrube</strong><br />
auch eine Anpassung an den hell-reflektierenden Untergrund (Xeromorphie).“<br />
11 Nämlich Poa compressa (Zusammengedrücktes Rispengras oder Platthalm-Rispe). Sie ist in Silikatgebieten,<br />
wie dem Fichtelgebirge, kaum in den Huflattich-Phytocönosen zu finden.