die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute
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„Die Klugheit ist <strong>die</strong> rechte Vernunft als Gr<strong>und</strong> des Handelns“, schreibt der hl.<br />
Thomas von Aquin (+ 1274) 107 . Er kann sich dabei auf seinen großen Lehrer Aristoteles<br />
berufen. In der Klugheit geht es um <strong>die</strong> praktische Vernunft, sofern sie <strong>die</strong> konkrete<br />
Lage erfasst, jeweils unser wahres Gut erfasst <strong>und</strong> <strong>die</strong> rechten Mittel wählt, um es zu<br />
erlangen. Die Tugend der Klugheit - man nennt sie auch „auriga virtutum“. Das Substantiv<br />
„auriga“ bedeutet Wagenlenker oder auch Steuermann. Die Klugheit ist <strong>die</strong><br />
Lenkerin der Tugenden, aller Tugenden. Sie steuert sie <strong>und</strong> gibt ihnen Regel <strong>und</strong> Maß.<br />
Der Katechismus des hl. Papstes Pius X. definiert <strong>die</strong> Klugheit als <strong>die</strong> Tugend, „<strong>die</strong><br />
unsere Akte (Unternehmungen) zum rechten Ziele leitet <strong>und</strong> bewirkt, <strong>das</strong>s man <strong>die</strong><br />
guten Mittel auswählt <strong>und</strong> anwendet“ 108 .<br />
Vor allem kommt es der Klugheit zu, <strong>das</strong> Gewissensurteil zu lenken. Dann aber ist es<br />
wiederum <strong>die</strong> Aufgabe der Tugend der Klugheit, unser Verhalten von <strong>die</strong>sem Gewissensurteil<br />
bestimmen zu lassen. Die Tugend der Klugheit zeigt uns <strong>das</strong> Gute, <strong>und</strong> sie<br />
lehrt uns, <strong>das</strong> Gute zu verwirklichen in unserem Tun 109 .<br />
Diesen Gedanken greift der niederländisch-jüdische Philosoph Baruch Spinoza (+<br />
1677) auf, wenn er erklärt: „Die wahre Tugend ist <strong>das</strong> Leben unter der Leitung der<br />
Vernunft“ 110 . Erhellend ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang <strong>die</strong> Feststellung des Thomas von<br />
Kempen (+ 1471): „Darin besteht <strong>das</strong> Wesen der Tugend, <strong>das</strong>s du in Leiden <strong>und</strong> Freuden<br />
ein <strong>und</strong> derselbe Mensch bist“ 111 .<br />
Aristoteles (+ 322 v. Chr.) versteht <strong>die</strong> Klugheit (<strong>die</strong> phronesis) als <strong>die</strong> Anwendung der<br />
Tugenden auf den je besonderen Fall.<br />
Thomas von Aquin (+ 1274) bindet alle sittlichen Tugenden an <strong>die</strong> Tugend der Klugheit,<br />
ohne <strong>die</strong> seiner Meinung nach auch <strong>die</strong> stärkste Neigung zum guten Tun belanglos<br />
bliebe. Er meint, <strong>die</strong> Klugheit sei es, <strong>die</strong> <strong>das</strong> Verhalten des Menschen erst zu einer<br />
sittlichen Tugend mache. Umgekehrt ist sie, <strong>die</strong> Klugheit, aber auch, so Thomas, wiederum<br />
abhängig von den Tugenden, sofern <strong>die</strong>se <strong>die</strong> praktische Vernunft beeinflussen.<br />
107 Thomas von Aquin, Summa Theologiae II/II q. 47, a. 2.<br />
108 Katechismus der katholischen Lehre des hl. Papstes Pius X. , Nr. 255.<br />
109 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1806.<br />
110 Detlef Fischer, Zitatenschatz der Weltreligionen. Zentrale Aussagen <strong>und</strong> Begriffe aus Judentum,<br />
Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Münster 2003, 351.<br />
111 Ebd.