die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute
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In <strong>die</strong>sem Sinne fordert auch Jesus <strong>die</strong> Gerechtigkeit. Ja, er fordert von seinen<br />
Jüngern „<strong>die</strong> größere Gerechtigkeit“ (Mt 5, 20), apodiktisch. In der Bergpredigt heißt<br />
es: “Wenn eure Gerechtigkeit nicht <strong>die</strong> der Schriftgelehrten <strong>und</strong> Pharisäer übersteigt,<br />
werdet ihr nicht in <strong>die</strong> Königsherrschaft Gottes eingehen“ (Mt 5, 20). Im Prinzip geht<br />
es in der Gerechtigkeit des Menschen im Neuen Testament, nicht anders als im Alten<br />
Testament, um <strong>das</strong> sittlich-religiöse rechte Tun, um <strong>die</strong> Frömmigkeit <strong>und</strong> um <strong>die</strong> Erfüllung<br />
der Forderungen Gottes. „Selig, <strong>die</strong> hungern <strong>und</strong> dürsten nach der Gerechtigkeit“,<br />
heißt es im Matthäusevangelium im Zusammenhang mit den Seligpreisungen „denn<br />
sie werden gesättigt werden“ (Mt 5, 6). Es geht hier bei der Gerechtigkeit in erster Linie<br />
um <strong>die</strong> Verwirklichung des göttlichen Willens, um <strong>die</strong> Übereinstimmung des Menschen<br />
in seinem Denken <strong>und</strong> Handeln mit dem Willen Gottes. Dabei wird <strong>die</strong>se Erfüllung<br />
des Gotteswillens in der Verkündigung Jesu in erster Linie von der Gesinnung her<br />
gewertet, nicht von dem äußeren Tun her, ohne <strong>das</strong>s man von dem äußeren Tun absehen<br />
könnte. Die neue Gerechtigkeit (Mt 5, 20) meint zunächst <strong>die</strong> innere Gesinnung.<br />
Nachdrücklich warnt Jesus vor der Veräußerlichung des religiösen <strong>und</strong> des sittlichen<br />
Tuns. Er sagt: „Hütet euch, eure Gerechtigkeit vor den Leuten zu üben, um euch ihnen<br />
zur Schau zu stellen“ (Mt, 6, 1). Zu <strong>die</strong>ser Gestalt der Gerechtigkeit gehört selbstverständlich<br />
auch <strong>das</strong> rechte Verhalten gegenüber den Mitmenschen, der Respekt gegenüber<br />
dem, was ihm zusteht, womit wir dann bei der besonderen Bedeutung der Gerechtigkeit<br />
sind, woran wir <strong>heute</strong> in erster Linie denken, wenn von der Gerechtigkeit <strong>die</strong><br />
Rede ist.<br />
Im Verständnis des Alten wie des Neuen Testamentes ist der Gerechte also zunächst<br />
<strong>und</strong> in erster Linie der, der in der Nähe Gottes lebt <strong>und</strong> der vor Gott <strong>und</strong> vor den Menschen<br />
recht zu leben weiß, der sich weder durch Lob noch durch Tadel von der Richtigkeit<br />
seines Weges abbringen lässt, der, getreu seinem Gewissen, immer <strong>das</strong> tut, was<br />
recht ist. In <strong>die</strong>sem Sinne gerecht sind Abel, <strong>die</strong> Patriarchen, <strong>die</strong> Propheten <strong>und</strong> nicht<br />
zuletzt Jesus, der im Alten Testament als der Messias Vorhergesagte <strong>und</strong> Angekündigte.<br />
Ja, nach Aussage der Evangelien ist er der eigentlich Gerechte, <strong>und</strong> er leidet, um<br />
alle gerecht zu machen.<br />
In <strong>die</strong>sem Zusammenhang gibt es eine bedeutende Vorahnung in der griechischen Philosophie.<br />
Platon (+ 347 v. Chr.) spricht in seinem Werk über den Staat von dem gekreuzigten<br />
Gerechten. Er fragt da, wie es wohl um einen ganz <strong>und</strong> gar gerechten Menschen<br />
in <strong>die</strong>ser Welt bestellt sein müsse, <strong>und</strong> kommt zu dem Ergebnis, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Ge-