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die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute

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Dabei ist <strong>das</strong> Ziel des Guten nicht <strong>die</strong> Tugendhaftigkeit des eigenen Ich, sondern<br />

der Gehorsam <strong>und</strong> mit ihm <strong>die</strong> Liebe zu Gott 9 . Die menschliche Tugend kommt in <strong>die</strong>sem<br />

Leben nie voll zum Zuge. Immer ist sie angefochten im Pilgerstand. Aber selbst in<br />

der Anfechtung weiß sie sich stark, weil sie <strong>ihre</strong> eigentliche Kraftquelle in der Gnade<br />

Gottes hat. In <strong>die</strong>sem Sinne sagt Paulus: „Ich vermag alles in dem, der mich stärkt“<br />

(Phil 4, 13).<br />

Die einzelne Tugend ist nur dann vollkommen, wenn sie im Reigen aller Tugenden<br />

steht. Wer sich beispielsweise nur gerecht verhält, nicht jedoch zuchtvoll oder tapfer<br />

oder klug, beweist damit, <strong>das</strong>s er auch <strong>die</strong> Gerechtigkeit nicht aus der gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Liebe zum Guten tut, er beweist damit, <strong>das</strong>s er nicht bis zum Kernpunkt <strong>die</strong>ser Tugend<br />

vorgedrungen ist. Also: Entweder hat der Mensch alle Tugenden oder keine. Wer eine<br />

Tugend hat, der hat sie alle. Der Einzelwert hat seinen Glanz <strong>und</strong> seine Würde im Gesamt<br />

des Werthaften. Das allen Tugenden zugr<strong>und</strong>e liegende Moment ist dabei <strong>die</strong><br />

Liebe zum Guten.<br />

Entweder hat der Mensch alle Tugenden oder er hat keine. Diese Behauptung bedarf<br />

einer gewissen Korrektur. Sie trifft nämlich nicht ganz <strong>die</strong> konkrete Wirklichkeit.<br />

Vor Jahrzehnten wurde der Roman „Die Kraft <strong>und</strong> <strong>die</strong> Herrlichkeit“ von Graham<br />

Green viel gelesen. In <strong>die</strong>sem Roman geht es um einen Priester, der alkoholabhängig<br />

ist. Im Mittelpunkt des Romans steht der Schnapspriester. Er zeigt heroische Demut,<br />

Selbstlosigkeit <strong>und</strong> Opferbereitschaft, er hat einen unüberwindlichen Geist des Glaubens,<br />

der Hoffnung <strong>und</strong> der Liebe, <strong>und</strong> doch ist er ein Schnapstrinker. Die Lehre, <strong>das</strong>s<br />

man entweder alle Tugenden vollkommen hat oder keine wäre richtig, wenn der<br />

Mensch psychisch vollkommen wäre. Das ist nun aber nicht der Fall. Daher kommt es<br />

vor, kann es vorkommen, <strong>das</strong>s ein Mensch in der Tugend bis zu einem gewissen Grade<br />

tief verwurzelt ist <strong>und</strong> doch den teilweisen oder vollständigen Ausfall einer einzelnen<br />

Tugend aufweist. Das erklärt sich aus der defekten psychischen Konstitution des sonst<br />

durchaus zurechnungsfähigen Menschen in Bezug auf irgendwelche Punkte. Der inneren<br />

Gesinnung nach ist der Schnapspriester ein Trinker, er verabscheut sein „Laster“,<br />

aber seine Willensfreiheit reicht nicht aus, um <strong>die</strong> äußeren Widerstände seiner Natur in<br />

seiner konkreten Lage zu überwinden.<br />

9 Ebd., 489 f.

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