die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute
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Er besteht dabei vor allem auf der Schädigung oder gar der Zerstörung <strong>die</strong>ser<br />
Tugend durch <strong>das</strong> Laster der Unkeuschheit: Ein Unkeuscher ist unsachlich, <strong>und</strong> er<br />
kann nicht klug urteilen 112 .<br />
Die allgemeine Ausrichtung des Menschen auf <strong>das</strong> Gute, auf den Willen Gottes, begegnet<br />
uns in der Gewissensanlage. Das Gewissen wird oftmals als <strong>die</strong> Stimme Gottes<br />
bezeichnet, richtiger ist es jedoch, hier von dem Echo der Stimme Gottes zu sprechen.<br />
Im Gewissensanspruch geht es um <strong>das</strong> Gute allgemein. Für seine Konkretion hier <strong>und</strong><br />
jetzt, dazu bedarf es der Tugend der Klugheit.<br />
Die Klugheit nährt sich aus zwei Quellen, aus den eingegebenen oder ins Herz geschriebenen<br />
Prinzipien <strong>und</strong> aus dem erworbenen Sachwissen. Von daher sagt Thomas<br />
von Aquin (+ 1274): „Es ist notwendig, <strong>das</strong>s der Kluge <strong>die</strong> allgemeinen Urgr<strong>und</strong>sätze<br />
der Vernunft erkenne wie auch <strong>die</strong> Einzelsachverhalte, um welche es im sittlichen<br />
Handeln geht“ 113 . Die allgemeinen Urgr<strong>und</strong>sätze der praktischen Vernunft sind dem<br />
Menschen eingegeben in seinem Gewissen. Im Gewissensspruch verbinden sich <strong>die</strong><br />
allgemeinen Urgr<strong>und</strong>sätze des Gewissens mit dem Urteil der Klugheit. Man hat <strong>die</strong><br />
Klugheit auch als <strong>das</strong> Situationsgewissen bezeichnet, sofern sie <strong>die</strong> allgemeinen Prinzipien<br />
des Handelns anwendet auf den konkreten Fall, sie verbindet somit <strong>das</strong> Urwissen<br />
über <strong>das</strong> menschliche Handeln mit der Situationsorientierung. Die Klugheit befindet<br />
von daher nicht über <strong>das</strong> Ziel des Handelns, sondern über <strong>die</strong> Mittel, <strong>die</strong> zur Verwirklichung<br />
des Zieles führen. Die Klugheit setzt nicht nur <strong>das</strong> Urgewissen voraus, sie<br />
setzt auch <strong>die</strong> Urbejahung des Guten voraus, <strong>die</strong> in der Liebe verwirklicht ist. Klug<br />
sein kann nur der, der zuvor <strong>und</strong> zugleich <strong>das</strong> Gute lebt <strong>und</strong> will. Die Liebe zum Guten<br />
ist <strong>die</strong> Voraussetzung <strong>für</strong> <strong>das</strong> rechte Handeln einerseits, andererseits weckt sie durch<br />
<strong>das</strong> rechte Tun 114 .<br />
Die Klugheit steht <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>haltung der Seinsgerechtigkeit, der Sachlichkeit, der<br />
Objektivität, Klugheit ist Sachlichkeit, Seinsgerechtigkeit, Objektivität, sie ist <strong>die</strong> wahre<br />
Weisheit. Weise ist der Mensch dann, wenn ihm alle Dinge so schmecken, wie sie<br />
wirklich sind.<br />
112<br />
Johannes Gründel, Artikel Tugend (Mittelalter <strong>und</strong> Neuzeit), in: Lexikon <strong>für</strong> <strong>Theologie</strong> <strong>und</strong> Kirche,<br />
Bd. X, Freiburg 1965, 397.<br />
113<br />
Thomas von Aquin, Summa Theologiae II/II q. 64 a. 3.<br />
114<br />
Bernhard Häring, Das Gesetz Christi, Freiburg 1957, 495 ff.