die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute
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dungsmitte der ganzen <strong>und</strong> unteilbaren Person, von der aus <strong>die</strong> innere Ordnung<br />
gewahrt oder verkehrt wird“ 201 .<br />
Der heilige Paulus trifft <strong>die</strong>sen Sachverhalt genau, wenn er im Römerbrief etwa sagt:<br />
„Ich tue, was ich nicht will, <strong>das</strong> Böse“ (Röm 7, 19). Es sind nicht antagonistische<br />
Mächte, <strong>die</strong> in uns kämpfen, sondern wir selber sind es, <strong>die</strong> entweder <strong>die</strong> Bewahrung<br />
wählen oder <strong>die</strong> Zerstörung.<br />
Die Tugenden sind aufeinander hingeordnet. Deshalb müssen sie miteinander verb<strong>und</strong>en<br />
sein. Die Zucht muss mit der Selbstlosigkeit verb<strong>und</strong>en sein. Diese Verb<strong>und</strong>enheit<br />
zu verlieren, ist eine stete Versuchung dessen, der sich bemüht um <strong>die</strong> Tugend der<br />
Zucht. Verliert <strong>die</strong> Zucht <strong>ihre</strong> Selbstlosigkeit, so verkehrt sie sich in krampfhafte<br />
Wichtigtuerei, so führen <strong>die</strong> asketischen Erfolge zur Selbstbew<strong>und</strong>erung. Die spezifischen<br />
Gefahren oder Versuchungen des Asketen sind <strong>die</strong> Eitelkeit, <strong>das</strong> Sich-Selber-<br />
Wichtig-Nehmen, <strong>das</strong> ungeduldige Sich-Überheben über <strong>die</strong> „Unvollkommenen“.<br />
Damit toben sich auf <strong>die</strong>sem Feld immer wieder <strong>die</strong> Heuchelei <strong>und</strong> <strong>das</strong> krampfhafte<br />
Auf-sich-selbst-Blicken aus <strong>und</strong> machen <strong>die</strong> Tugend auf <strong>die</strong>se Weise wertlos. Darauf<br />
hat der Kirchenvater Papst Gregor der Große (+ 604) in seiner „Hirtenregel“ hingewiesen.<br />
Da ist <strong>die</strong> Heiterkeit des Herzens <strong>das</strong> Siegel der Selbstlosigkeit. An ihr erkennt<br />
man, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Tugend der Zucht im konkreten Fall selbstlose Selbstbewahrung ist <strong>und</strong><br />
sich so als echt erweist 202 .<br />
Die Tugend der Zucht <strong>und</strong> des Maßes schafft im Menschen, indem sie wahrend <strong>und</strong><br />
wehrend Ordnung hält in ihm, <strong>die</strong> Voraussetzung da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s er <strong>das</strong> eigentlich Gute<br />
verwirklichen <strong>und</strong> sich auf sein eigentliches Ziel hin bewegen kann 203 .<br />
„Die Klugheit blickt auf <strong>die</strong> Seinswirklichkeit insgesamt, <strong>die</strong> Gerechtigkeit (blickt) auf<br />
<strong>die</strong> anderen; der Tapfere gibt, seiner selbst vergessend, Gut <strong>und</strong> Leben dahin. Zucht<br />
dagegen zielt auf den Menschen. Zucht besagt: <strong>das</strong>s der Mensch sich selbst <strong>und</strong> seinen<br />
Zustand ins Auge fasst, <strong>das</strong>s er Blick <strong>und</strong> Willen richte auf sich selbst ... Für den Menschen<br />
gibt es zweierlei Weise der Hinkehr zu sich selbst: eine selbstlose <strong>und</strong> eine<br />
selbstische … <strong>die</strong> erste wirkt Selbstbewahrung, <strong>die</strong> zweite ist zerstörerisch .... Zucht ist<br />
201 Josef Pieper, Kleines Lesebuch von den Tugenden des menschlichen Herzens, Stuttgart 1988, 29.<br />
202 Ebd., 30.<br />
203 Ebd., 31.