31.08.2013 Aufrufe

die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute

die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute

die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

50<br />

rechtigkeit eines Menschen erst dann vollkommen <strong>und</strong> bewährt sei, wenn er<br />

den Schein der Ungerechtigkeit auf sich nähme, denn dann erst zeige sich, <strong>das</strong>s er<br />

nicht der Meinung der Menschen folge, sondern allein zur Gerechtigkeit um <strong>ihre</strong>r<br />

selbst willen stehe. Nach Platon muss also der wahrhaft Gerechte in <strong>die</strong>ser Welt ein<br />

Verkannter <strong>und</strong> Verfolgter sein. Wörtlich heißt es dann bei ihm: „Sie werden denn<br />

sagen, <strong>das</strong>s der Gerechte unter <strong>die</strong>sen Umständen gegeißelt, gefoltert, geb<strong>und</strong>en werden<br />

wird, <strong>das</strong>s ihm <strong>die</strong> Augen ausgebrannt werden <strong>und</strong> <strong>das</strong>s er zuletzt nach allen Misshandlungen<br />

gekreuzigt werden … wird ....“. Dieser Text, 400 Jahre vor Christus geschrieben,<br />

wird einen Christen immer wieder tief bewegen. Angesichts <strong>die</strong>ser Tatsache<br />

versteht er, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Kirchenväter Platon mit einer solchen Hochachtung begegnet sind,<br />

<strong>das</strong>s sie seine Philosophie als den Advent des Christentums <strong>für</strong> <strong>die</strong> Heiden verstanden<br />

haben 139 . Platon hat hier im Ernst seines philosophischen Denkens erahnt, <strong>das</strong>s der<br />

vollendete Gerechte in der Welt der gekreuzigte Gerechte sein muss.<br />

Die Gerechtigkeit ist im Sinne von Rechtheit <strong>und</strong> Geradheit <strong>und</strong> im Sinne von ethischer<br />

Heiligkeit <strong>und</strong> vollkommener Sittlichkeit eine Gr<strong>und</strong>kategorie des Alten wie<br />

auch des Neuen Testamentes. Angesichts des Stellenwertes, den <strong>die</strong> Gerechtigkeit in<br />

<strong>die</strong>sem Verständnis durchgehend hat in der Offenbarung Gottes, müssen wir feststellen,<br />

<strong>das</strong>s sie <strong>das</strong> Höchste ist, <strong>das</strong> der Mensch anstreben kann 140 . Es ist erstaunlich, <strong>das</strong>s<br />

bereits <strong>die</strong> griechische Philosophen Platon (+ 347) <strong>und</strong> Aristoteles (+ 322 v. Chr.) <strong>die</strong><br />

Gerechtigkeit als <strong>die</strong> höchste unter allen Tugenden gepriesen haben.<br />

Wir denken <strong>heute</strong> jedoch bei der Gerechtigkeit in der Regel an <strong>die</strong> zwischenmenschliche<br />

Gerechtigkeit, in der wir den Mitmenschen <strong>das</strong> zuerkennen, was ihnen zukommt.<br />

Tatsächlich nimmt <strong>die</strong> Gerechtigkeit in <strong>die</strong>sem Verständnis einen zentralen Platz ein in<br />

unserem Alltag.<br />

Die zwischenmenschliche Gerechtigkeit ist in dem umfassenden Verständnis der Gerechtigkeit,<br />

wie sie uns im Alten <strong>und</strong> im Neuen Testament begegnet, enthalten, implizit.<br />

Teilweise wird <strong>das</strong> sogar auch thematisiert. So etwa im Buch Leviticus, wenn es da<br />

heißt: „Du sollst weder <strong>für</strong> einen Geringen noch <strong>für</strong> einen Großen Partei nehmen: Gerecht<br />

sollst du deinen Stammesgenossen richten“ (Lev 19, 15), oder im Kolosserbrief,<br />

139<br />

Platon, Der Staat (Sämtliche Werke, Bd. II), Berlin o. J., Buch 2, S. 47.<br />

140 3<br />

Georg Siegm<strong>und</strong>, Der Kampf um Gott. Zugleich eine Geschichte des Atheismus, Buxheim 1976,<br />

442 ff.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!