die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute
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Der Katechismus der katholischen Lehre des hl. Papstes Pius X. definiert <strong>die</strong><br />
Gerechtigkeit als „<strong>die</strong> Tugend bewirkt, <strong>das</strong>s man einem jeden gibt, was ihm gebührt“<br />
142 . In der Tugend der Gerechtigkeit geht es darum, <strong>das</strong>s wir uns beständig bemühen<br />
<strong>und</strong> den festen Willen haben, nicht nur dem Nächsten <strong>das</strong> zu geben, was ihm<br />
zukommt, was ihm gebührt, sondern auch Gott. Die Tugend der Gerechtigkeit gegenüber<br />
Gott nennen wir auch <strong>die</strong> Tugend der Gottesverehrung. In der Tugend der Gerechtigkeit<br />
gegenüber den Menschen geht es darum, <strong>das</strong>s wir <strong>die</strong> Rechte eines jeden<br />
achten <strong>und</strong> uns bemü-hen, „in den menschlichen Beziehungen jene Harmonie herzustellen,<br />
welche <strong>die</strong> Rechtschaffenheit gegenüber den Personen <strong>und</strong> dem Gemeinwohl<br />
fördert“ 143 .<br />
Die Gerechtigkeit regelt zuerst <strong>und</strong> eigentlich <strong>das</strong> Verhältnis zu den Dingen, den<br />
Gebrauch der Sachgüter <strong>und</strong> <strong>die</strong> Beziehung zum Nächsten in Hinsicht auf <strong>die</strong> Ordnung<br />
der Sachen <strong>und</strong> der Sachgüter, nicht in Hinsicht auf seinen inneren Wert. Nach der<br />
geläufigen Definition ist <strong>die</strong> Gerechtigkeit „der feste <strong>und</strong> beständige Wille, jedem <strong>das</strong><br />
Seine zu geben“ 144 . Das Seine geben <strong>und</strong> <strong>das</strong> Recht geben, meint <strong>das</strong>selbe. Das Recht<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> Gerechtigkeit entsprechen einander. Jedem <strong>das</strong> Seine geben, <strong>das</strong> bedeutet keineswegs,<br />
jedem genau <strong>das</strong> Gleiche zu geben. Nur darin, worin einer dem anderen<br />
gleich ist, hat er Anspruch auf <strong>das</strong> Gleiche. Worin er verschieden ist, darin ist dementsprechend<br />
auch <strong>das</strong> Ausmaß seines Rechtsanspruchs verschieden. Immer gilt <strong>die</strong> Entsprechung<br />
von Können <strong>und</strong> Sollen, von Talenten <strong>und</strong> Verantwortung, von Rechten <strong>und</strong><br />
Pflichten. Vollkommene Gleichheit gibt es nur bei der Tauschgerechtigkeit, einer spezifischen<br />
Form der Gerechtigkeit, bei der Gabe <strong>und</strong> Gegengabe sich in <strong>ihre</strong>m Wert<br />
genau entsprechen müssen. In der Gerechtigkeit geht es um den Gleichklang der äußeren<br />
Leistungen, um <strong>die</strong> Ordnung der Sachen <strong>und</strong> Güter, in ihr geht es um <strong>das</strong> Geschuldete.<br />
Anders ist <strong>das</strong> in der Liebe. Sie geht von <strong>ihre</strong>m Wesen her über <strong>die</strong> Gerechtigkeit<br />
hinaus 145 .<br />
Wir unterscheiden <strong>die</strong> Verkehrs- oder Tauschgerechtigkeit, <strong>die</strong> allgemeine oder legale<br />
Gerechtigkeit, <strong>die</strong> austeilende Gerechtigkeit, <strong>die</strong> Gemeinwohlgerechtigkeit <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />
strafende Gerechtigkeit. In der Tauschgerechtigkeit geht es, wie gesagt, um <strong>die</strong><br />
Gleichheit von Gabe <strong>und</strong> Gegengabe. Die Tauschgerechtigkeit gebietet, dem anderen<br />
142 Katechismus der katholischen Lehre des hl. Papstes Pius X., Nr. 256.<br />
143 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1807.<br />
144 Thomas von Aquin, Summa Theologiae II/II, q. 58 a. 1.<br />
145 Bernhard Häring, Das Gesetz Christi, Freiburg 1957, 511 f.