die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute
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Im Vergleich mit den anderen sittlichen Tugenden offenbart sich <strong>die</strong><br />
Verwirklichung der rechten Vernunft in erster Linie in der Tugend der Gerechtigkeit.<br />
Deshalb tritt in Sünden wider <strong>die</strong> Gerechtigkeit der unrechte Gebrauch der Vernunft<br />
am meisten hervor. Im Einzelnen wird <strong>die</strong> Gerechtigkeit auf zweifache Weise missachtet,<br />
zum einen durch falsche Klugheit, also durch List <strong>und</strong> Taktik, <strong>und</strong> zum anderen<br />
durch den Missbrauch der Macht. Eine spezifische Versuchung der Gerechtigkeit, eine<br />
Versuchung, <strong>die</strong> mehr im Bereich des Affektiven <strong>ihre</strong> Wurzel hat, ist <strong>die</strong> Parteilichkeit.<br />
Im gesellschaftlichen <strong>und</strong> politischen Leben wird <strong>die</strong> Gerechtigkeit dann verletzt,<br />
wenn der Einzelne oder eine Gruppe ihr Eigenwohl über <strong>das</strong> Gemeinwohl stellen 153 .<br />
****<br />
Die Tapferkeit, sie gehört von alters her zu den vier „Gr<strong>und</strong>tugenden“. Neben der<br />
Klugheit, der Gerechtigkeit <strong>und</strong> dem besonnenen Maßhalten steht sie an der dritten<br />
Stelle.<br />
Der Katechismus der katholischen Lehre des hl. Papstes Pius X. bestimmt <strong>die</strong> Tapferkeit<br />
als „<strong>die</strong> Tugend, <strong>die</strong> uns jede Schwierigkeit oder Gefahr einschließlich den Tod<br />
ohne Verwegenheit <strong>und</strong> ohne Furcht zum Dienste Gottes <strong>und</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> Wohl des Nächsten<br />
überwinden lässt“ 154 .<br />
Tapfersein heißt widerstehen, heißt (genauer!) dem Bösen widerstehen, sowohl dem,<br />
<strong>das</strong> in einem selber steckt, wie auch dem Bösen in der Welt. Wer aber nur vom Wagemut<br />
angefeuert <strong>und</strong> getrieben wird, der Draufgänger, der Tollkühne, der Unerschrockene,<br />
der davon überzeugt ist, <strong>das</strong>s ihm nichts passieren kann, er ist im Gr<strong>und</strong>e nicht<br />
tapfer. Dabei ist der Tapfere keineswegs frei von Angst <strong>und</strong> Furcht. Das Furchtbare in<br />
der Welt, in seinen mannigfachen Varianten, er <strong>für</strong>chtet es durchaus <strong>für</strong> sich <strong>und</strong> auch<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> anderen. Er ist nicht blind entschlossen. Aber er wagt es, kühn <strong>für</strong> <strong>das</strong> Gute<br />
einzutreten, <strong>und</strong> zwar um <strong>die</strong>ses Guten willen. Das tut er nicht aus Ehrgeiz, um etwa<br />
mit seiner Tat zu glänzen, auch nicht, um nicht als feige zu gelten, <strong>und</strong> erst recht nicht<br />
aus Tollkühnheit. Wesentlich ist <strong>das</strong> Ziel der Tapferkeit. Ob einer tapfer ist oder als<br />
tapfer gelten kann, <strong>das</strong> hängt davon ab, worauf sich <strong>die</strong> Tapferkeit richtet. Es kommt<br />
darauf an, wo<strong>für</strong> jemand <strong>die</strong> Gefahr, verw<strong>und</strong>et zu werden oder gar zu sterben, auf sich<br />
nimmt? Das ist möglich aus bloßer Verwegenheit oder aus Ehrgeiz, <strong>das</strong> ist aber auch<br />
153 Thomas von Aquin, Summa Theologiae II/II, q. 55, a. 8.<br />
154 Katechismus der katholischen Lehre des hl. Papstes Pius X., Nr. 257.