die kardinaltugenden und ihre bedeutung für das ... - Theologie heute
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5<br />
Der Ausfall einzelner Tugenden eines sonst tugendhaften Menschen erklärt sich<br />
zum einen aus einem psychischen Defekt, er kann sich aber auch erklären aus der Enge<br />
<strong>und</strong> aus den Vorurteilen der konkreten Umwelt, in der ein Mensch lebt. Das eine Mal<br />
geht es demnach um <strong>die</strong> Schwäche des Willens, <strong>und</strong> <strong>das</strong> andere Mal um <strong>die</strong> Schwäche<br />
des Willens. Dennoch wird man sagen müssen, <strong>das</strong>s, wenn einzelne Tugenden außergewöhnlich<br />
heroisch gelebt werden, <strong>die</strong>se auch kräftigend einwirken auf <strong>die</strong> Defekte<br />
des Intellektes <strong>und</strong> der inneren Freiheit. In <strong>die</strong>sem Sinne erklärt Wilhelm Schamoni (+<br />
1990), der sich große Ver<strong>die</strong>nste erworben hat um <strong>die</strong> Erforschung des Lebens der<br />
Heiligen: „Wirkliche Heiligkeit verlangt, bewirkt <strong>und</strong> ist hohe seelische Ges<strong>und</strong>heit“ 10 .<br />
- Die Geschichte von dem Schnapspriester ist ein Grenzfall.<br />
Thomas von Aquin (+ 1274) besteht darauf, <strong>das</strong>s der Mensch sich in allen Tugenden<br />
üben muss <strong>und</strong> <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Versagen in einem Bereich notwendig auch den Verlust der<br />
übrigen sittlichen Tugenden nach sich zieht, <strong>das</strong>s jeder einzelne sündhafte Akt <strong>die</strong> Tugendhaltung<br />
bereits schwächt, wenn er auch noch nicht <strong>ihre</strong>n Verlust herbeiführt. Das<br />
ist, so stellt er fest, nur möglich durch <strong>das</strong> Laster, <strong>das</strong> diametral der Tugend entgegengesetzt<br />
ist. Dabei stellt Thomas, nicht anders als Augustinus (+ 430), <strong>die</strong> Liebe als <strong>die</strong><br />
tragende christliche Tugend heraus 11 .<br />
Von einer Tugend sprechen wir bei einer durch Wiederholung oder Übung gewonnen<br />
Fertigkeit des Willens zum Guten. Gut <strong>und</strong> tugendhaft heißt ein Mensch deshalb, weil<br />
er <strong>das</strong> Gute will <strong>und</strong> tut, nicht weil er viel weiß <strong>und</strong> kann. Durch <strong>die</strong> Tugend werden<br />
<strong>die</strong> Seelenvermögen, <strong>die</strong> von Natur aus nicht vollkommen ausgerüstet sind, ergänzt<br />
<strong>und</strong> vervollkommnet, so <strong>das</strong>s sie nach dem ursprünglichen Plan Gottes tätig sein können<br />
12 .<br />
Die Tugend ergänzt <strong>und</strong> vervollkommnet sowohl den Intellekt des Menschen als auch<br />
den Willen <strong>und</strong> den Affekt 13 .<br />
10 3<br />
Wilhelm Schamoni, Hysterie <strong>und</strong> Heiligkeit, in: Die Kirche in der Welt, 1950, 401; vgl. Josef<br />
Goldbrunner, Heiligkeit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit, Freiburg 1946, 4; Bernhard Häring, Das Gesetz Christi, Freiburg<br />
1957, 485 f.<br />
11<br />
Johannes Gründel, Artikel Tugend (Mittelalter <strong>und</strong> Neuzeit), in: Lexikon <strong>für</strong> <strong>Theologie</strong> <strong>und</strong> Kirche,<br />
Bd. X, Freiburg 1965, 397 f.<br />
12<br />
Otto Schilling, Artikel Tugend, in: Lexikon <strong>für</strong> <strong>Theologie</strong> <strong>und</strong> Kirche, Bd. X, Freiburg 1938, 325.<br />
13 Ebd.