PUA - Prof. Dr. med. Andreas Zieger
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3. Empirie – Teil II<br />
- Ausschluss von Selbst- und Fremdgefährdung (z.B. durch Weglauftendenz oder<br />
schwere aggressive Durchbrüche)<br />
- Kleingruppenfähigkeit<br />
Die Erfüllung dieser Kriterien durch W.D. kann anhand des Erst- und Kennlerngespräches<br />
weitestgehend bestätigt werden. Insbesondere die Bewusstseinsklarheit, die Kommunikations- und<br />
Interaktionsfähigkeit, die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme an mehreren täglichen Therapiemaßnahmen<br />
und die Teilmobilisation von W.D. sowie der Ausschluss einer Selbstgefährdung sollen nachfolgend<br />
thematisiert werden, da diese Aspekte relevant für die Darstellung seiner Umwelt/situativen Beding-<br />
ungen in der stationären Rehabilitation während des Interviewzeitpunktes sind.<br />
In Bezug auf den Bewusstseinszustand wirkte W.D. während des Interviews überwiegend aufmerksam<br />
und handlungsfähig. Nur vereinzelt wurden leichte Konzentrationsdefizite wahrgenommen, die durch<br />
wiederholtes Nachfragen zum Ausdruck kamen. Diese Konzentrationsdefizite könnten sowohl auf<br />
Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit als eine Folge des Schlaganfalls, als auch auf die<br />
abendliche Tageszeit der Interwiedurchführung und den durch Therapiemaßnahmen stark strukturierten<br />
Tagesablauf von W.D. zurückzuführen sein. Aufgrund des zeitlich sehr intensiv gegliederten<br />
Therapieplans von W.D. war ein Interview mit ihm nur am Abend möglich. In diesem Zusammenhang<br />
wurde ersichtlich, dass er innerhalb eines Tages mehrere Therapiemaßnahmen motiviert wahrnimmt und<br />
sich dadurch vor allem die Wiedererreichung seines prämorbiden Zustandes erhofft.<br />
Während des gesamten Erst- und Kennlerngespräches zeigte sich W.D. darüber hinaus sehr<br />
Kommunikations- und Interaktionsfähig sowie -freudig. Er berichtete unmittelbar zu Beginn der<br />
Gesprächssituation unaufgefordert und ausführlich von seiner Krankheits- und Lebenssituation. Auch<br />
die Nachfragen zu seinem Privatleben beantwortete W.D. dem Anschein nach sehr gewissenhaft und<br />
erschöpfend. Daraus wurde deutlich, dass er sich gedanklich äußerst intensiv mit seiner persönlichen<br />
Situation beschäftigt, allerdings im Rahmen des stationären Aufenthaltes scheinbar nicht hinreichend<br />
die Gelegenheit dazu hat, diese in einem Gespräch mit anderen zu reflektieren.<br />
Eine Teilmobilisation von W.D. war durch die Verwendung eines Rollstuhls sowie einer Gehhilfe<br />
gegeben. Durch die behindertengerechte Bauweise der Krankenhausstation war eine barrierefreie<br />
Fortbewegung von W.D. innerhalb der Klinik möglich. In Bezug auf eine uneingeschränkte Mobilität<br />
nach der Rehabilitation und außerhalb der Klinik, äußerte er hingegen Bedenken.<br />
Akute Anzeichen einer Selbstgefährdung, die in der Phase der Frührehabilitation von W.D. vorhanden<br />
waren, konnten zum Zeitpunkt des Interviews, aufgrund von psychotherapeutischen Maßnahmen,<br />
ausgeschlossen werden. Dennoch wirkte W.D. bei der Schilderung seiner Situation bedrückt bis<br />
niedergeschlagen und zeigte sich vor allem besorgt über die Anforderungen, die nach der stationären<br />
Rehabilitation im familialen und häuslichen Bereich an ihn gestellt werden würden. Zudem hatte es<br />
den Anschein, als würde er sich durch den Aufenthalt in der Klinik gebremst und machtlos gegenüber<br />
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