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Migrationssensibler Kinderschutz und Frühe Hilfen - Nationales ...

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Marion Moos<br />

<strong>Migrationssensibler</strong> <strong>Kinderschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong><br />

Das Thema Migration wird in der<br />

Kin derschutzdebatte <strong>und</strong> im Kontext<br />

<strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong> bislang eher randständig<br />

diskutiert. Fachkräfte verweisen hingegen<br />

aus ihrer praktischen Arbeit heraus auf<br />

subjektiv wahrgenommene spezifische<br />

Anforderungen <strong>und</strong> Unsicherheiten in<br />

der Arbeit mit Familien mit Migrations -<br />

hintergr<strong>und</strong>. Bislang gibt es wenig daten -<br />

basierte Aussagen zur Zielgruppe. Aus -<br />

gehend von diesen Erkenntnissen wurde<br />

das Projekt »<strong>Migrationssensibler</strong> Kinder -<br />

schutz«1 initiiert, welches in Kooperation<br />

von Internationaler Gesell schaft für er -<br />

zie herische <strong>Hilfen</strong> (IGfH) <strong>und</strong> dem Ins -<br />

ti tut für Sozial pädagogische For schung<br />

Mainz e.V. (ism) an den Standorten<br />

Essen, Germersheim <strong>und</strong> Stuttgart rea -<br />

lisiert wird. Die im Fol gen den vorgestellten<br />

Daten wurden in diesem Kontext<br />

erhoben. Des Weiteren werden Erkennt -<br />

nisse aus einem ExpertIn nen gespräch<br />

zum Thema »<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>und</strong> Migra -<br />

tion« aufgegriffen, welches im Januar<br />

2010 in Mainz stattfand. Bevor auf diese<br />

Aspekte eingegangen wird, werden einige<br />

fachliche Rahmungen für die Arbeit mit<br />

Familien mit Migrations hintergr<strong>und</strong><br />

sowie die Kontextualisie rung der Daten<br />

vorangestellt.<br />

Zur fachlichen Rahmung<br />

der Arbeit mit Familien<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Um Migrationsaspekte im Kontext<br />

von Kindeswohlgefährdung <strong>und</strong> <strong>Frühe</strong>n<br />

<strong>Hilfen</strong> angemessen bearbeiten zu können,<br />

ist es bedeutsam, das Aufwachsen<br />

von Kin dern, deren Teilhabe- <strong>und</strong> Ver -<br />

wirk lichungschancen sowie die Risiken<br />

von Kindeswohlgefährdung jeweils im<br />

Kon text von sozialer Lage, sozialer Un -<br />

gleich heit <strong>und</strong> der spezifischen famili ä ren<br />

Situ ation zu erörtern. Unter schied liche<br />

Bei träge <strong>und</strong> Studien verweisen darauf,<br />

dass soziale Ungleichheit als erklärendes<br />

Moment wesentlich relevanter ist als<br />

ein Migra tionshintergr<strong>und</strong> (vgl. B<strong>und</strong>es -<br />

jugend kuratorium 2008). Migrations -<br />

sensibles Vorgehen heißt in diesem<br />

Zusammen hang differenzkritisch <strong>und</strong><br />

selbst reflexiv zu arbeiten. Das Hinter -<br />

18<br />

Zielgruppen, Zugänge <strong>und</strong> Wirksamkeit<br />

fragen eigener Werte, Erwartungs haltun<br />

gen <strong>und</strong> potenzieller Zuschreibungen<br />

ist wichtiger Be stand teil professioneller<br />

Arbeit. In der Konsequenz bedeutet dies,<br />

Kinder, Ju gend liche <strong>und</strong> deren Familien<br />

als individuelle Persönlichkeiten, die viel -<br />

fältige Eigenschaften <strong>und</strong> verschiedene<br />

Zu ge hörig keiten haben, wahrzunehmen.<br />

Lebenswelt- <strong>und</strong> Sozialraum orientie -<br />

rung sind konzeptionelle Gr<strong>und</strong>lagen der<br />

Jugendhilfe, die für die Arbeit mit Fami -<br />

lien mit <strong>und</strong> ohne Migrations hinter gr<strong>und</strong><br />

zentral sind. Ein verstehender Zugang<br />

zur Lebenswelt der AdressatIn nen, die<br />

adäquate Ausgestaltung der Interaktions -<br />

verhältnisse zwischen Fach kräften <strong>und</strong><br />

Familienmitgliedern sowie die kritische<br />

Analyse von institutionellen Zugangs -<br />

bedingungen sind wichtige Gr<strong>und</strong> aus -<br />

rich tungen der Arbeit. Auch zeigen Praxisbeispiele,<br />

dass ein konsequent prak ti -<br />

zierter sozialraumorientierter An satz eine<br />

präventive unterstützende Ar beit mit<br />

Familien mit Migrations hin ter gr<strong>und</strong> be -<br />

fördert (vgl. Straßburger 2009).<br />

Migrationssensibles Vorgehen zielt<br />

auf soziale Öffnung. Um Ausgrenzungen<br />

zu vermeiden <strong>und</strong> Integration zu befördern,<br />

ist es zieldienlich, Angebote <strong>und</strong><br />

Unter stützungsleistungen für Familien<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> weitestmöglich<br />

in Regelstrukturen <strong>und</strong> -institutionen<br />

zu integrieren. Damit die beschriebenen<br />

Gr<strong>und</strong>prämissen in diesen Kontexten<br />

allerdings ausreichend zum Tragen kommen<br />

können, bedarf es verstärkter An -<br />

stren gungen der interkulturellen Öffnung<br />

<strong>und</strong> Kompetenz innerhalb der Kinder<strong>und</strong><br />

Jugendhilfe sowie des Ge s<strong>und</strong> heits -<br />

wesens. Qualitätsstandards der inter -<br />

kulturellen Öffnung sind bislang in der<br />

Breite nur sehr eingeschränkt umgesetzt.<br />

Es braucht eine strukturelle Ver ankerung<br />

in fachlichen Konzepten, der Personal<strong>und</strong><br />

Organisations entwicklung, der Aus<strong>und</strong><br />

Fortbildung sowie innerhalb der<br />

Jugendhilfeplanung mit entsprechenden<br />

Datenkonzepten, um zu überprüfen,<br />

inwiefern Kindern <strong>und</strong> Jugend lichen mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> deren Fa -<br />

milien eine gleichberechtigte Teil habe<br />

<strong>und</strong> Unterstützung eröffnet wird (vgl.<br />

IzKK-Nachrichten 2010-1: <strong>Kinderschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong><br />

Paritätischer Wohlfahrts ver band 2009;<br />

Handschuck 2008; Rommels pacher/<br />

Kollak 2008).<br />

Ausgehend von diesen Gr<strong>und</strong> an nah -<br />

men werden im Folgenden zentrale<br />

Ergebnisse zur Schnittstelle von Kinder -<br />

schutz <strong>und</strong> Migration vorgestellt.<br />

Repräsentanz von Familien<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

im <strong>Kinderschutz</strong><br />

Zur Frage, wie hoch der Anteil von<br />

Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong> im<br />

<strong>Kinderschutz</strong> ist, gibt es bislang kaum<br />

Anhaltspunkte. Um diesbezüglich fachlich<br />

begründete Aussagen treffen <strong>und</strong> weitere<br />

Aspekte des Themen komplexes empirisch<br />

belegt diskutieren zu können, wurde im<br />

Rahmen des Projekts »Migra tions sen sibler<br />

Kinder schutz« eine Ziel gruppenanalyse<br />

durchgeführt. Erhoben wurden in aus -<br />

gewählten Gebieten der Projektstandorte<br />

alle begonnenen Fälle im Jahr 2008, bei<br />

denen das Vorliegen einer (akuten oder<br />

latenten) Kindes wohlgefährdung im<br />

Jugend amt geprüft werden musste, weil<br />

von irgendeiner Seite der Verdacht ge -<br />

äußert wurde, dass eine Kindeswohl -<br />

gefähr dung vorliegen könnte. Es handelt<br />

sich um eine Voll erhebung aller Kinder -<br />

schutz verdachts meldungen. Die Gr<strong>und</strong> -<br />

gesamtheit der Erhebung umfasst 507<br />

Haushalte <strong>und</strong> 718 betroffene Kinder.<br />

Knapp fünfzig Prozent der Haushalte<br />

sind Familien mit Migrations hinter gr<strong>und</strong>2.<br />

Der überwiegende Teil der Eltern mit Mi -<br />

grationshintergr<strong>und</strong> in der Erhebung ver -<br />

fügt über eigene, unmittelbare Zu wan de -<br />

rungserfahrung. Die Ziel gruppen analyse<br />

zeigt, dass der Anteil der Kinder mit<br />

Mi grationshintergr<strong>und</strong> an allen Kin der -<br />

schutzverdachtsfällen im Jahr 2008 dem<br />

Anteil der Minderjährigen mit Migra tions -<br />

1 Näheres zum Projekt unter www.ism-mainz.de<br />

2 Migrationshintergr<strong>und</strong> meint in diesem Zusam -<br />

men hang, dass das Kind selbst bzw. mindestens<br />

ein Eltern- oder Großelternteil im Ausland geboren<br />

<strong>und</strong> zugewandert ist oder eine ausländische<br />

Staatsangehörigkeit besitzt bzw. zur Gruppe der<br />

(Spät-)AussiedlerInnen gehört.

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