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Migrationssensibler Kinderschutz und Frühe Hilfen - Nationales ...

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keine Familie mit eventuellem Unterstüt -<br />

zungsbedarf übersehen wird. Niedrige<br />

Werte bezüglich der elterlichen Fein füh -<br />

ligkeit bedeuten im Rahmen dieses Scree -<br />

nings für die Praxis »mehr Infor ma tio nen<br />

einholen«, »engmaschig an der Familie<br />

dran bleiben« <strong>und</strong> ggf. »Inter ventionen<br />

einleiten«. Es handelt sich bei dem Ver -<br />

fahren jedoch in keiner Weise um ein<br />

Diagnos tikum, mit dem eindeutig eine<br />

Kindes wohlgefährdung anhand eines Cutoff-Wertes<br />

identifiziert werden kann.<br />

Der Einsatz von Videotechnik<br />

in der Eltern-Kind-Beratung<br />

<strong>und</strong> Eltern-Kind- Psychotherapie<br />

Eine videogestützte Interaktions -<br />

beobachtung stellt häufig den Ausgangs -<br />

punkt gezielter Interventionen zur<br />

Förderung der Eltern-Kind-Beziehung<br />

dar. Der Berater wird durch sie in die<br />

Lage versetzt, die Muster des Interak -<br />

tionsverhaltens genau zu analysieren,<br />

seine Intervention entsprechend darauf<br />

abzustimmen <strong>und</strong> zu beobachten, inwiefern<br />

Verhaltensänderungen bei individuell<br />

angepasster Unterstützung auftreten.<br />

Für die Eltern bietet sie die Mög -<br />

lichkeit, sich selbst bei der Ausführung<br />

von Verhalten zu beobachten. Dies<br />

ermöglicht ihnen eine neue Art der<br />

Selbstreflexion.<br />

In den letzten fünfzehn Jahren haben<br />

sich zahlreiche Modelle der videobasierten<br />

Eltern-Kind-Beratung etabliert. Ein<br />

gemeinsames Merkmal videogestützter<br />

Behandlungsansätze besteht in der<br />

Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf die<br />

kindlichen Signale. Mittels Video beob -<br />

achtung werden Eltern für die Bedürf -<br />

nisse des Säuglings <strong>und</strong> für die Zeichen<br />

seiner Befindlichkeit sensibilisiert. Die<br />

einzelnen Beratungsansätze lassen sich<br />

danach unterscheiden, ob sie auf der<br />

Ebene der mentalen Bindungsreprä sen -<br />

tationen der Eltern oder auf der Verhal -<br />

tensebene ansetzen. Während erstgenannte<br />

Therapien versuchen, den Eltern<br />

Erlebens- <strong>und</strong> Verhaltensweisen des<br />

Kindes nahe zu bringen <strong>und</strong> mit den<br />

eigenen biographischen Erfahrungen zu<br />

verknüpfen, zielen letztere auf die För -<br />

derung der elterlichen Feinfühligkeit im<br />

Umgang mit dem Kind ab. Aktuelle Be -<br />

ratungskonzepte kombinieren beide An -<br />

sätze <strong>und</strong> werden somit der dynamischen<br />

Wechselbeziehung von Verhaltens ebene<br />

<strong>und</strong> Repräsenta tionsebene gerecht.<br />

An dieser Stelle kann keine vollstän -<br />

dige Darstellung der videobasierten<br />

Eltern-Kleinkind-Therapiemodelle er -<br />

folgen, die derzeit angewendet werden.<br />

Einige Bei spie le für evaluierte video -<br />

gestützte The ra pie programme sind in<br />

Tabelle 2 dargestellt.<br />

Im Rahmen des Aktionsprogramms<br />

»<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> für Eltern <strong>und</strong> Kinder <strong>und</strong><br />

soziale Frühwarnsysteme« des Bun des -<br />

ministeriums für Familie, Senioren, Frauen<br />

<strong>und</strong> Jugend sind seit 2007 bun des weit<br />

zahlreiche Initiativen zur Ent wick lung<br />

von Netzwerken <strong>und</strong> Ange bots strukturen<br />

durch das Nationale Zentrum <strong>Frühe</strong><br />

<strong>Hilfen</strong> gefördert worden. Mitt ler weile<br />

werden in jedem B<strong>und</strong>es land Modell -<br />

projekte zu <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong> durchgeführt,<br />

die wissenschaftlich begleitet werden.<br />

Die videogestützte Beratung spielt dabei<br />

in mehreren Modell pro jekten eine zentrale<br />

Rolle. Dazu gehören beispielsweise das<br />

STEEP-Interventions programm (vgl.<br />

Erik son/Egeland 2006) in dem Projekt<br />

»Wie Elternschaft ge lingt« <strong>und</strong> die Ent -<br />

wicklungs psycho lo gische Beratung (vgl.<br />

Ziegenhain u.a. 2004a) in dem Projekt<br />

»Guter Start ins Kinderleben«. Beide<br />

In ter ventions pro gramme werden spe -<br />

zifisch für Familien in Hoch risiko situa -<br />

tio nen ein gesetzt. Die konkrete Umset -<br />

zung eines videogestützten Eltern-Kind-<br />

Bera tungskonzepts soll exemplarisch<br />

anhand der Entwicklungs psycho lo -<br />

gischen Bera tung beschrieben werden.<br />

Ein Beispiel für videogestützte Beratung –<br />

Entwicklungspsychologische Beratung<br />

(EPB)<br />

Die Entwicklungspsychologische Be -<br />

ratung (EPB) wurde als Förderung elterlicher<br />

Feinfühligkeit im Rahmen von<br />

Kurzzeitberatung ursprünglich für die<br />

Gruppe jugendlicher Mütter ent wickelt<br />

(Ziegenhain u.a. 2004a)1. Sie lässt sich<br />

als Baustein in bestehende Regel struk -<br />

turen der Jugend- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong> heitshilfe<br />

integrieren.<br />

IzKK-Nachrichten 2010-1: <strong>Kinderschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong><br />

Schnittstellen <strong>und</strong> Übergänge<br />

Durch die EPB soll Entwicklungs<strong>und</strong><br />

Verhaltensproblemen insbesondere<br />

bei noch diskreten Hinweisen in der<br />

Interaktion zwischen Eltern <strong>und</strong> Kind<br />

vorgebeugt werden. Übergreifendes Ziel<br />

ist es, die Empathie <strong>und</strong> Perspektiv en -<br />

übernahme von Eltern zu stärken <strong>und</strong><br />

ihre Feinfühligkeit zu fördern. Sie dient<br />

dem Aufbau einer gelungenen Eltern-<br />

Kind-Beziehung <strong>und</strong> einer sicheren Bin -<br />

dung beim Kind. Der Beratungs ansatz<br />

basiert auf entwicklungspsychologischem<br />

Wissen <strong>und</strong> ist konkret an den Regu -<br />

lations- <strong>und</strong> Ausdrucksverhaltens weisen<br />

des Kindes ausgerichtet.<br />

Bei diesem Beratungsansatz handelt es<br />

sich um eine aufsuchende Kurzzeit-Inter -<br />

vention mit ca. sechs bis sieben Sitzun gen.<br />

Das interaktionszentrierte, ressourcenorientierte<br />

»Video-Feedback« spielt in der<br />

EPB eine zentrale Rolle. Auf der Gr<strong>und</strong> -<br />

lage von kurzen Videoszenen alltäglicher<br />

Interaktionen wie Wickeln, Füt tern oder<br />

Spielen wird elterliches Ver halten primär<br />

aus der Perspektive des Kindes beschrieben.<br />

Gelungene Video sequenzen besonderer<br />

Feinfühligkeit der Eltern oder eines<br />

gelungenen Dialogs zwischen Eltern <strong>und</strong><br />

Kind werden ausgewählt <strong>und</strong> den Eltern<br />

zurückgemeldet. Positives elterliches Ver -<br />

halten wird mit den kindlichen An sätzen<br />

von Selbst regu lation <strong>und</strong> An sprech bar keit<br />

verknüpft <strong>und</strong> diese dabei als Folge des<br />

adäquaten <strong>und</strong> feinfühligen Verhaltens<br />

interpretiert. Beispiel hierfür wäre etwa<br />

ein kurzer Blickkontakt, der sich als Er -<br />

gebnis des angemessenen Hand lungs tem -<br />

pos der Mutter <strong>und</strong> ihrer Anpassung an<br />

die Bewegungsabläufe des Babys be gründen<br />

lässt. Das positive Feedback führt<br />

zu einer Stärkung des Selbst ver trau ens<br />

der Eltern in die eigenen Fähigkeiten,<br />

zu einer Steigerung des elterlichen Selbstwertgefühls<br />

<strong>und</strong> zur Förderung der the -<br />

ra peu tischen Beziehung. Erst in einem<br />

zweiten Schritt werden dysfunktionale<br />

Inter ak tions muster rückgemeldet. We ni -<br />

ger ge lun gene Interaktionsbeispiele werden<br />

ausschließlich aus der Perspektive<br />

des Säug lings beschrieben. Beispielsweise<br />

wird das Abwenden des Kopfes bei<br />

Über stimu la tion als Belastungs- <strong>und</strong><br />

1 Die Entwicklung des Curriculums wurde vom<br />

Bun desministerium für Familie, Senioren, Frauen<br />

<strong>und</strong> Jugend in Kooperation mit den B<strong>und</strong>es län -<br />

dern Bayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpom mern,<br />

Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz <strong>und</strong><br />

Thüringen gefördert.<br />

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