Migrationssensibler Kinderschutz und Frühe Hilfen - Nationales ...
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Heinz Kindler<br />
Risikoeinschätzung <strong>und</strong> Diagnostik im Rahmen <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong><br />
Das Ziel <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong> ist die Schaf -<br />
fung bzw. Ausweitung gut zugänglicher,<br />
koordinierter <strong>und</strong> auf die Bedürfnisse von<br />
Familien zugeschnittener primär prä ven -<br />
tiver Angebote für werdende El tern <strong>und</strong><br />
Eltern mit Säuglingen <strong>und</strong> Klein kin dern.<br />
<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> wollen auf der einen Seite<br />
ein ges<strong>und</strong>es Aufwachsen sowie positive<br />
Entwicklungsprozesse von Kindern fördern<br />
<strong>und</strong> auf der anderen Seite dazu beitragen,<br />
die Häufigkeit von Vernach läs -<br />
sigung <strong>und</strong> Misshandlung zu verringern<br />
(vgl. <strong>Nationales</strong> Zentrum <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong><br />
[NZFH] 2009). Im Rah men dieser präventiven<br />
Zielsetzung werden örtlich un ter -<br />
schiedliche Schwer punkte gesetzt (vgl.<br />
Landua, Arlt & Sann 2009). Einige Kommunen<br />
investieren vor allem in den Aus -<br />
bau früher universeller Prävention, d.h.<br />
in Angebote für alle Eltern (z.B. Be -<br />
grü ßungsbesuche, Schaffung einer An -<br />
laufstelle für Fragen aller Art von Eltern<br />
sowie Ausweitung von Elternkursen).<br />
Andere Städte <strong>und</strong> Gemeinden legen<br />
einen Schwerpunkt auf primäre selektive<br />
Prävention, d.h. auf <strong>Hilfen</strong> für Familien<br />
mit sozialen Belas tungen (z.B. Einrich -<br />
tung eines integrierten Angebots, bei<br />
dem belasteten Fami lien bereits in der<br />
Geburtsklinik Haus besuche durch<br />
Familienhebammen oder die Teilnahme<br />
an einem spezialisierten Unterstüt zungs -<br />
programm vorgeschlagen werden). In<br />
manchen Orten ist es gelungen, beide<br />
Arten von Angeboten auszuweiten.<br />
<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> setzen auf bereits bestehenden<br />
Angeboten auf. Schon zuvor ein -<br />
geführte Projekte werden in manchen<br />
Kommunen den <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong> zugeschlagen,<br />
an anderen Orten bezeichnen<br />
<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> nur neu geschaffene An -<br />
gebote. So kann es etwa sein, dass eine<br />
bereits bestehende Beratungsstelle für<br />
Kin der mit Regulationsstörung (z.B.<br />
Schrei babys) an einem Ort unter der<br />
Über schrift »<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong>« geführt wird,<br />
an einem anderen Ort aber nicht. Ge -<br />
mein sam ist fast allen Ansätzen <strong>Frühe</strong>r<br />
<strong>Hilfen</strong>, dass eine stärkere Vernet zung von<br />
Angeboten für werdende Eltern <strong>und</strong> El tern<br />
mit Säuglingen bzw. Kleinkindern initiiert<br />
wird (vgl. Landua, Arlt & Sann 2009),<br />
sodass eine Beratungsstelle für El tern<br />
mit Schreibaby wohl in jedem Fall Teil<br />
eines entsprechenden Netzwerks wird.<br />
Die große Vielfalt von Angebots pro filen<br />
in den <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong> muss sich auf die<br />
Anforderungen an Diagnostik <strong>und</strong> Risiko -<br />
einschätzung auswirken. Drei Bei spiele<br />
für unterschiedliche Angebots profile wären:<br />
Beispiel 1:<br />
In einer Kommune werden Be grü ßungs -<br />
besuche bei Familien mit neu gebo -<br />
renem Kind eingeführt. Die Besuche<br />
werden von Ehrenamtlichen durch -<br />
geführt, die professionelle Super vision<br />
erhalten. Zusätzlich wird eine zentrale<br />
Anlaufstelle für Fragen <strong>und</strong> Anliegen<br />
von Eltern mit einem Säugling oder<br />
Kleinkind eingerichtet. Dort gehen<br />
auch Hinweise von Fach kräften <strong>und</strong><br />
Stellen, die sich an einem neu gegründeten<br />
Netzwerk <strong>Frühe</strong> Kind heit be -<br />
teiligen, ein. Mitgeteilt werden dabei<br />
Adressen von Familien, die sich zu -<br />
sätzliche Unterstützung wünschen.<br />
Beispiel 2:<br />
In einer anderen Kommune wird<br />
zusätzlich zu einem Netzwerk eine<br />
Beratungsstelle »<strong>Frühe</strong> Kindheit« eingerichtet.<br />
Eltern, deren Kind eine<br />
Regulationsstörung aufweist oder die<br />
sich in ihrer Elternrolle sehr unsicher<br />
fühlen, erhalten dort Beratung <strong>und</strong><br />
Unterstützung. Im Netzwerk wird<br />
zusätzlich an einer Klärung der Frage<br />
gearbeitet, in welchen Fällen eine<br />
Gefährdungsmitteilung an das Ju gendamt<br />
zulässig <strong>und</strong> notwendig ist.<br />
Beispiel 3:<br />
An einem dritten Ort führen alle<br />
Geburtskliniken ein System ein, bei<br />
dem Hinweise auf Belastungen bei<br />
den betreuten Kindern bzw. Familien<br />
notiert <strong>und</strong> die Familien angesprochen<br />
werden. Je nach Ergebnis des<br />
Gesprächs kann die Aufnahme in ein<br />
präventives Hausbesuchsprogramm<br />
erfolgen. Hausbesuche können bis<br />
zum Ende des ersten Lebensjahres<br />
erfolgen, wobei ein videogestütztes<br />
Konzept zur Förderung der Eltern-<br />
Kind Beziehung eingesetzt wird.<br />
IzKK-Nachrichten 2010-1: <strong>Kinderschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong><br />
Schnittstellen <strong>und</strong> Übergänge<br />
In den drei Kommunen stellen sich<br />
für die Fachkräfte in den <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong><br />
deutlich unterschiedliche diagnostische<br />
Anforderungen bzw. Anforderungen an<br />
die Klärung von Schnittstellen zu anderen<br />
Angeboten oder <strong>Hilfen</strong>. Gemeinsam wäre<br />
den drei Formen <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong> jedoch,<br />
<strong>und</strong> das trifft auf <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> generell<br />
zu, dass Entscheidungen über Inter ven -<br />
tionen bei vorliegender Kindes wohl ge -<br />
fähr dung <strong>und</strong> deren Durch füh rung nicht<br />
mehr als Bestandteil <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong> verstanden<br />
werden. In allen drei Beispiel orten<br />
müssten sich die Fachkräfte bzw. Netz -<br />
werkpartner daher darüber klar werden,<br />
in welchen Fällen sie sich deshalb mit<br />
<strong>und</strong> zur Not auch ohne Ein ver ständ nis<br />
betroffener Familien an das Jugend amt<br />
wenden würden.<br />
Nachfolgend wird zunächst ein kurzer<br />
Überblick über Verfahren <strong>und</strong> <strong>Hilfen</strong> zur<br />
Gefährdungs einschät zung gegeben. Wei terhin<br />
werden Ver fahren <strong>und</strong> Hilfe stel lun -<br />
gen zur Klärung von Schnitt stellen, die<br />
aber je nach örtlicher Ange bots struktur<br />
<strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong> nicht überall relevant sind,<br />
besprochen. Hierzu zählen Verfahren, die<br />
darauf zielen Fami lien zu erkennen, die<br />
von primär-selek tiven An geboten profitieren<br />
können (Bei spiel 3), Verfahren zur<br />
Ein schätzung von kind lichem Entwick -<br />
lungs stand, Eltern-Kind-Beziehung <strong>und</strong><br />
Erziehungsfähigkeit (Bei spiele 2 <strong>und</strong> 3)<br />
sowie Hilfestellungen für die Klärung<br />
der Schnittstellen zu Hilfe zur Erzie hung,<br />
kinderärztlicher Vorstel lung sowie erwachsenenpsychiatrischer<br />
Vor stellung (vor<br />
allem Beispiel 1).<br />
Gefährdungseinschätzung<br />
<strong>und</strong> gewichtige Anhaltspunkte<br />
Bezüglich der Einschätzung von Kin -<br />
des wohlgefährdung hängen die Pflichten<br />
von Fachkräften in <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong> <strong>und</strong><br />
damit die benötigten diagnostischen Kom -<br />
petenzen stark davon ab, wie das An ge bot<br />
finanziert wird. Erfolgt die Finanzierung<br />
über die Jugendhilfe gilt das Sozial ge -<br />
setz buch VIII <strong>und</strong> die Fach kräf te müssen<br />
in der Lage sein, gewich tige Anhalts -<br />
punkte für eine Kindes wohl gefährdung<br />
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