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Migrationssensibler Kinderschutz und Frühe Hilfen - Nationales ...

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ist (vgl. Peveling 2008; Galm 2006,<br />

S. 322 ff; Maihorn 2006, S. 315 ff). Dies<br />

erfordert eine intensive Beschäftigung<br />

der betroffenen Fachkräfte mit dem<br />

Thema »Elternarbeit«, z.B. mittels Fort -<br />

bildungen, um die eigene Haltung <strong>und</strong><br />

Einstellungen gegenüber den Eltern zu<br />

reflektieren <strong>und</strong>/oder Gesprächs füh rungstechniken<br />

<strong>und</strong> Beratungsmethoden zu<br />

üben. Im Vordergr<strong>und</strong> muss dabei vor<br />

allem die Einbeziehung der Eltern <strong>und</strong><br />

ihre Perspektive auf ihre Lebenssituation<br />

stehen, damit ausgehend von ihrer Pro -<br />

blemdefinition <strong>Hilfen</strong> entwickelt werden<br />

können, die sie annehmen können <strong>und</strong><br />

wollen (vgl. Fertsch-Röver 2010, S. 90 ff).2<br />

Die Aspekte »f<strong>und</strong>ierte Risiko ein schät -<br />

zung« <strong>und</strong> »Elternarbeit« müssen in der<br />

lokalen Organisation der <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong><br />

gleichermaßen berücksichtigt wer den.<br />

Es bedarf einer laufenden Qua lifizierung<br />

der Fachkräfte sowohl in Fragen der<br />

Risiko einschätzung als auch in der El ternarbeit.<br />

Für beide Aufgaben sind ent -<br />

sprechende Strukturen zum kollegialen<br />

Austausch (z.B. anonyme Fall bera tun gen)<br />

<strong>und</strong> adäquate Methoden <strong>und</strong> Ins tru men te<br />

(z.B. abgestimmte Ri si ko einschät zungs -<br />

instrumente) einzuführen.<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage dieser inhaltlichen<br />

<strong>und</strong> methodischen Kenntnisse müssen<br />

die Fachkräfte in Fällen, in denen die<br />

Eltern oder Personensorgeberechtigten<br />

keine Angebote der <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong> an -<br />

neh men möchten, nach ihrem bisherigen<br />

Informationsstand entscheiden, ob es<br />

sich um folgende Fallkonstellationen<br />

handelt:<br />

Allgemeiner Förder-<br />

<strong>und</strong> Unter stüt zungsbedarf<br />

Die Lebenssituation <strong>und</strong>/oder der Zu -<br />

stand des Kindes bzw. der Familie sollen<br />

gefördert werden, z.B. im Bereich der<br />

Erziehung nach § 16 SGB VIII Allgemei ne<br />

För derung der Erziehung in der Familie<br />

oder im Bereich der Ges<strong>und</strong>heit. Darü ber<br />

hinaus liegt kein spezieller oder um fas sen -<br />

derer Hilfebedarf vor. Werden diese An -<br />

gebote abgelehnt, gibt es keine gesetzliche<br />

Handhabe, um die Eltern zur Teil nahme<br />

zu verpflichten. Die Inan spruch nahme<br />

ist rein freiwillig. Im Rahmen der Ju gend -<br />

hilfeplanung sollten konzeptionelle Über -<br />

legungen angestellt werden, wie Fa mi lien<br />

<strong>und</strong> Eltern mit Förder bedarf dennoch<br />

mo tiviert werden kön nen, diese oder an -<br />

dere Unter stüt zungs angebote anzu neh men.<br />

64<br />

Schnittstellen <strong>und</strong> Übergänge<br />

Längerfristiger oder<br />

umfassender Hil fe bedarf<br />

Die Lebenssituation <strong>und</strong>/oder der<br />

Zustand des Kindes bzw. der Familie weisen<br />

Indikatoren einer be las teten Lebens lage<br />

auf, die mit hoher Wahr schein lich keit zu<br />

einer späteren Be ein trächtigung des Kin -<br />

des wohls füh ren können <strong>und</strong> deshalb<br />

einen um fas sen deren <strong>und</strong> längerfristigen<br />

Hilfe bedarf anzeigen. Auf diesen könn te<br />

sowohl durch eine intensive <strong>Frühe</strong> Hilfe<br />

(z.B. entwicklungspsychologische Bera -<br />

tung) oder im Rah men einer Hilfe zur<br />

Er ziehung nach § 27 ff SGB VIII adäquat<br />

reagiert werden. Die Eltern haben einen<br />

Rechts anspruch auf Hilfe <strong>und</strong> Unterstüt -<br />

zung, möchten aber aus un terschied lichen<br />

Gründen keine <strong>Hilfen</strong> annehmen. Hier<br />

ginge es neben dem Wer ben um die<br />

Annahme von <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong> auch generell<br />

um die Ent wick lung von Strategien,<br />

wie professionelle Akteure Familien <strong>und</strong><br />

Eltern mit Hilfe bedarf bei der Bean tra -<br />

gung einer er zieherischen Hilfe beraten<br />

<strong>und</strong> evtl. einen Kontakt zum Jugendamt<br />

her stel len können. Die Wahrnehmung<br />

eines Kontroll auf trags sowie der Ein satz<br />

von Sanktionen hängen vom Aus maß<br />

der Beeinträch tigung des Kin des wohls<br />

durch die Lebenslage der Fa mi lie ab.<br />

Eingriff bei Kindeswohlgefährdung<br />

Die Lebenssituation <strong>und</strong>/oder der<br />

Zustand des Kindes bzw. der Familie wei -<br />

sen Indikatoren auf, die als ge wich tige<br />

Anhaltspunkte auf eine Kindeswohl -<br />

gefährdung hindeuten können, die Eltern<br />

lehnen aber alle Angebote zur Unter stüt -<br />

zung <strong>und</strong> Hilfe ab, sodass keine weitere<br />

Ab klä rung der Gefährdung erfolgen oder<br />

weitere Hilfsangebote unterbreitet werden<br />

können. Eine Meldung nach § 8a<br />

SGB VIII an den ASD ist notwendig,<br />

damit eine f<strong>und</strong>ierte Risiko einschätzung<br />

erfolgen kann. In diesem Fall ist zu überlegen,<br />

wie die Übergabe für die Eltern<br />

<strong>und</strong> Fach kräfte transparent, schnell <strong>und</strong><br />

nachvollziehbar gewährleistet werden kann.<br />

IzKK-Nachrichten 2010-1: <strong>Kinderschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong><br />

In den einzelnen Fallvarianten sollten<br />

folgende Punkte bedacht werden:<br />

Allgemeiner Förderungs-<br />

<strong>und</strong> Unterstützungsbedarf:<br />

Von der Nicht-Annahme<br />

zur Annahme einer <strong>Frühe</strong>n Hilfe<br />

Bei der Ablehnung <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong>, die<br />

zur allgemeinen Förderung der Erzie hung<br />

z.B. nach § 16 SGB VIII oder zur Ge -<br />

s<strong>und</strong> heitsförderung dienen sollen, bleibt<br />

den Fachkräften nur das Werben für die<br />

Annahme der Beratungs- <strong>und</strong> In for ma -<br />

tionsangebote. An dieser Stelle sollten<br />

konzeptionelle Überlegungen stattfinden,<br />

warum Eltern die bestehenden Angebote<br />

ablehnen. Welche Aspekte des Hilfe an ge -<br />

bots machen es für die El tern unat trak -<br />

tiv? Wirken die Anspra che <strong>und</strong> Zu gänge<br />

zu den Eltern einladend <strong>und</strong> vertrauenerweckend<br />

oder eher in transparent <strong>und</strong><br />

kontrollierend? Knüpfen die Ange bote<br />

tatsächlich an den Hilfe bedarfen der<br />

Familien an? In welcher Weise erfordern<br />

die unterschiedlichen kul turellen <strong>und</strong><br />

milieu spezifischen Le bens formen der Fa -<br />

mi lien andere Zu gän ge <strong>und</strong> An sprachen?<br />

Es lassen sich gr<strong>und</strong> sätzlich zwei Strate -<br />

gien unterscheiden, wie die erste Infor -<br />

ma tion über das Angebot der <strong>Frühe</strong>n<br />

<strong>Hilfen</strong> den Familien nahegebracht wird.<br />

Geschieht dies durch den Gebrauch be -<br />

stimmter Medien (z.B. Anschreiben mit<br />

Informationsbroschüre bei Geburt des<br />

ersten Kindes oder Hand bücher, Flyer zu<br />

lokalen Angebo ten, die bei KinderärztIn -<br />

nen oder in Kitas ausgeteilt werden etc.)<br />

oder durch einen direkten Kontakt zwischen<br />

professionellen Fachkräften <strong>und</strong><br />

der Familie (z. B. im Rahmen von Will -<br />

kommens besuchen bei Neugeborenen, in<br />

einer Schwangerschaftsberatungsstelle<br />

oder bei KinderärztInnen etc.)? Je nachdem<br />

ist zu überprüfen, ob beispielsweise<br />

die Medien, über die die Familien von<br />

den Angeboten erfahren sollen, tatsächlich<br />

angemessen sind <strong>und</strong>/oder ob die Pro -<br />

fessionellen, die im Rahmen ihrer Hilfe -<br />

erbringung auf die <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong> hinweisen<br />

<strong>und</strong> informieren sollen, dies auch<br />

leisten können. Oftmals benötigen die<br />

Fachkräfte noch weitere Informa tio nen,<br />

um ein Verständnis <strong>und</strong> einen Überblick<br />

über die Angebote der <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong> zu<br />

2 Der Autor gibt in diesem Artikel u. a. metho -<br />

dische Anregungen zur Motivierung für <strong>Hilfen</strong>.

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