Migrationssensibler Kinderschutz und Frühe Hilfen - Nationales ...
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48<br />
Strukturen <strong>und</strong> Finanzierung<br />
Bestandsaufnahme <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong><br />
Die Beobachtung der Praxis ent wick -<br />
lung im Bereich <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong> in Deutschland<br />
zählt zu den zentralen Auf gaben des<br />
Nationalen Zentrums <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong>. Ver -<br />
schiedene Untersuchungen (vgl. Nord -<br />
rhein-Westfalen, Ministerium für Gene -<br />
rationen, Familie, Frauen <strong>und</strong> Inte gra tion<br />
2005; Bastian u.a. 2008) haben gezeigt,<br />
dass sowohl die evidenzbasierte Ent wick -<br />
lung <strong>und</strong> Implemen tie rung erfolgreicher<br />
Hilfemodelle als auch eine aufeinander<br />
abgestimmte Kooperation von zum Teil<br />
sehr unterschiedlichen Einzelansätzen<br />
im Rahmen regionaler <strong>Hilfen</strong>etze entschei-<br />
2 »<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> bilden lokale <strong>und</strong> regionale Unter -<br />
stützungssysteme mit koordinierten Hilfs an gebo -<br />
ten für Eltern <strong>und</strong> Kinder ab Beginn der Schwan -<br />
gerschaft <strong>und</strong> in den ersten Lebensjahren mit<br />
einem Schwerpunkt auf der Altersgruppe der<br />
0- bis 3-Jährigen. Sie zielen darauf ab, Entwick -<br />
lungs möglichkeiten von Kindern <strong>und</strong> Eltern in<br />
Familie <strong>und</strong> Gesellschaft frühzeitig <strong>und</strong> nachhaltig<br />
zu verbessern. Neben alltagspraktischer Un ter -<br />
stüt zung wollen <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> insbesondere einen<br />
Bei trag zur Förderung der Beziehungs- <strong>und</strong> Er zie -<br />
hungs kompetenz von (werdenden) Müttern <strong>und</strong><br />
Vä tern leisten. Damit tragen sie maßgeblich zum<br />
ges<strong>und</strong>en Aufwachsen von Kindern bei <strong>und</strong> sichern<br />
de ren Rechte auf Schutz, Förderung <strong>und</strong> Teil habe.<br />
<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> umfassen vielfältige sowohl allgemeine<br />
als auch spezifische, aufeinander bezogene<br />
<strong>und</strong> einander ergänzende Angebote <strong>und</strong><br />
Maßnahmen. Gr<strong>und</strong>legend sind Angebote, die<br />
sich an alle (werdenden) Eltern mit ihren Kindern<br />
im Sinne der Ges<strong>und</strong>heitsförderung richten (universelle/primäre<br />
Prävention). Darüber hinaus<br />
wen den sich <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> insbesondere an Fa mi -<br />
lien in Problemlagen (selektive/sek<strong>und</strong>äre Prä vention).<br />
<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> tragen in der Arbeit mit den<br />
Fami lien dazu bei, dass Risiken für das Wohl <strong>und</strong><br />
die Ent wicklung des Kindes frühzeitig wahrgenommen<br />
<strong>und</strong> reduziert werden. Wenn die <strong>Hilfen</strong><br />
nicht ausreichen, eine Gefährdung des Kindes -<br />
wohls abzuwenden, sorgen <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> dafür,<br />
dass weitere Maßnahmen zum Schutz des<br />
Kindes ergriffen werden.<br />
<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> basieren vor allem auf multiprofessio<br />
neller Kooperation, beziehen aber auch bürger<br />
schaftliches Engagement <strong>und</strong> die Stärkung<br />
sozialer Netzwerke von Familien mit ein. Zentral<br />
für die praktische Umsetzung <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong> ist<br />
des halb eine enge Vernetzung <strong>und</strong> Kooperation<br />
von Institutionen <strong>und</strong> Angeboten aus den Be rei -<br />
chen der Schwangerschaftsberatung, des Ge -<br />
s<strong>und</strong> heits wesens, der interdisziplinären Früh för -<br />
de rung, der Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe <strong>und</strong> weiterer<br />
sozialer Dienste. <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> haben dabei<br />
sowohl das Ziel, die flächendeckende Versorgung<br />
von Fami lien mit bedarfsgerechten Unter stüt -<br />
zungs angeboten voranzutreiben, als auch die<br />
Qualität der Ver sor gung zu verbessern« (wiss.<br />
Beirat NZFH, 2009).<br />
3 Pro kommunaler Behörde wurde ein Fragebogen<br />
versandt. Der Rücklauf betrug bei der ersten Teil -<br />
untersuchung knapp 60 % (573 Ämter), bei der<br />
zweiten Teiluntersuchung ca. 55 % (532 Ämter).<br />
dend für die Qualitätsentwicklung im<br />
Bereich <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong> sind. Bis dato lagen<br />
jedoch nur wenige Informationen über<br />
kommunale Angebotsstrukturen <strong>und</strong> die<br />
sich (weiter-)entwickelnden Ko opera -<br />
tions formen von Ges<strong>und</strong> heits wesen <strong>und</strong><br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe vor, welche als<br />
Hauptakteure im Feld <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong> an -<br />
gesehen werden. Das NZFH beauf trag te<br />
deshalb im Juni 2008 das Deutsche<br />
Insti tut für Urbanistik (DIfU) mit der<br />
Durchführung einer b<strong>und</strong>esweiten Be -<br />
stands aufnahme zu <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong>. Sie<br />
umfasst die parallele Untersuchung von<br />
zwei bislang weitgehend getrennten so -<br />
zia len Versorgungs- <strong>und</strong> Unterstüt zungs -<br />
systemen – dem Ges<strong>und</strong>heitssystem <strong>und</strong><br />
der Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe – <strong>und</strong> konzentriert<br />
sich dabei auf die Untersuchung<br />
von zwei unterschiedlichen Frage stel -<br />
lungen: Wie arbeiten die beiden Systeme<br />
beim Auf- <strong>und</strong> Ausbau <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong><br />
zusammen? Und welche Angebote an<br />
Fami lien werden vor Ort etabliert? Unter<br />
der Annahme, dass die kommunalen Steu -<br />
erungsbehörden Jugendamt <strong>und</strong> Ge s<strong>und</strong> -<br />
heitsamt bei der Planung <strong>und</strong> Siche rung<br />
der Versorgung im Bereich <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong><br />
eine zentrale Rolle einnehmen, wur den<br />
sie als Zielgruppe der Befragung ausgewählt<br />
(Vollerhebung aller 965 identifizierten<br />
Ämter). Die Haupt frage stel lun gen wurden<br />
dabei auf zwei Erhe bungs zeitpunkte (De -<br />
zember 2008 <strong>und</strong> Januar 2010) verteilt.<br />
Beide Daten erhe bun gen erfolgten über<br />
standardisierte, postalische Befra gungen. 3<br />
Zentrale Themenbereiche der ersten<br />
Teiluntersuchung (Ergebnisbericht verfügbar<br />
unter www.fruehehilfen.de) waren:<br />
das Begriffsverständnis der Fachkräfte<br />
in den Jugend- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heits -<br />
ämtern zu <strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong><br />
die aktuellen <strong>und</strong> geplanten Aktivitä -<br />
ten der kommunalen Behörden im<br />
Bereich <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong><br />
die Erfassung <strong>und</strong> Bewertung der bisher<br />
aufgebauten Kooperations struk turen<br />
im Bereich <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong><br />
die Erfahrungen mit der Netz werk -<br />
arbeit im Bereich <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong><br />
IzKK-Nachrichten 2010-1: <strong>Kinderschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong><br />
Zentrale Themenbereiche der zweiten<br />
Teiluntersuchung (Veröffentlichung in<br />
Vorbereitung) sind:<br />
die Zusammensetzung der lokalen<br />
Angebotsstrukturen zur frühen prä ven -<br />
tiven Unterstützung von Eltern <strong>und</strong><br />
Kindern<br />
die unterschiedlichen Wege zur<br />
Finanzierung <strong>und</strong> Verstetigung <strong>Frühe</strong>r<br />
<strong>Hilfen</strong> in den Kommunen<br />
die Gestaltung von Zugängen zu<br />
Fami lien durch die Jugend- <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong> heitsämter<br />
die in der Praxis angewendeten<br />
Methoden <strong>und</strong> Instrumente zur<br />
Belastungs- <strong>und</strong> Risikoeinschätzung<br />
die Ausgestaltung der Schnittstelle<br />
<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong>/<strong>Kinderschutz</strong><br />
der weitere Ausbau <strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong><br />
Mit diesen beiden Teiluntersuchungen<br />
der Bestandsaufnahme werden Basis -<br />
daten darüber erfasst, wie sich das Feld<br />
<strong>Frühe</strong>r <strong>Hilfen</strong> zum Zeitpunkt des Aktions -<br />
pro gramms »<strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> für Eltern <strong>und</strong><br />
Kinder <strong>und</strong> soziale Früh warnsysteme« der<br />
B<strong>und</strong>esregierung (2006 bis 2010) darstellt.<br />
Zentrale Ergebnisse der Befragung<br />
Zur Beantwortung der eingangs ge -<br />
stell ten Frage, was Fachkräfte in den kommunalen<br />
Steuerungsbehörden Ju gend<strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsamt genau unter <strong>Frühe</strong>n<br />
<strong>Hilfen</strong> verstehen <strong>und</strong> wie sie dement -<br />
sprechend <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> umsetzen, werden<br />
relevante Teilbef<strong>und</strong>e aus beiden Unter -<br />
suchungen herangezogen.<br />
Der Begriff <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong><br />
(Teiluntersuchung I)<br />
Um einen direkten Vergleich der Ak -<br />
zep tanz bestehender Auffassungen von<br />
<strong>Frühe</strong>n <strong>Hilfen</strong> zu ermöglichen, wurden<br />
in Teiluntersuchung I sechs Aussagen<br />
vor gegeben, die drei wesentliche Stränge<br />
des fachlichen Diskurses abbilden sollen:<br />
»Unterstützung für alle angehenden<br />
Eltern (primäre Prävention)« versus<br />
»Spezifisches Hilfesystem für Familien<br />
in Problemlagen (sek<strong>und</strong>äre Prävention)«,<br />
»Frühzeitige Unterstützung von Eltern<br />
mit Kindern 0 bis 3 Jahre (biografisch<br />
früh)« versus »Rechtzeitige Unter stüt -<br />
zung von Eltern mit Kindern 3+ Jahre<br />
(problembezogen früh)« <strong>und</strong> »Präventive<br />
Maßnahmen zur Stärkung der Erzie -<br />
hungs kompetenz (Förderung)« versus