Beiträge zum 46. IPV-Kongreß in Chicago, Juli 2009 - Frommann ...
Beiträge zum 46. IPV-Kongreß in Chicago, Juli 2009 - Frommann ...
Beiträge zum 46. IPV-Kongreß in Chicago, Juli 2009 - Frommann ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Probleme des kollegialen Lernens <strong>in</strong> der Psychoanalyse: Narzißmus und Neugier 15<br />
zuziehen. Die Folge s<strong>in</strong>d Partisanenkämpfe, Reibereien wie jene der<br />
Chemiker, die sich darüber streiten, ob das Wasser se<strong>in</strong>en Geschmack<br />
dem Wasserstoff oder aber dem Sauerstoff verdankt.<br />
Gabbard (2007) hat dieses nur allzu vertraute Problem erforscht,<br />
<strong>in</strong>dem er die Ideologie scharfs<strong>in</strong>nig als e<strong>in</strong> Zurückweichen vor den Anforderungen<br />
des Pr<strong>in</strong>zips der Überdeterm<strong>in</strong>iertheit kritisierte. Weil es<br />
grundsätzlich unmöglich ist, unter e<strong>in</strong>em s<strong>in</strong>gulären Blickw<strong>in</strong>kel zu<br />
e<strong>in</strong>em umfassenden Verständnis zu gelangen, geht der Respekt vor der<br />
Überdeterm<strong>in</strong>iertheit verloren, wenn man vergißt, daß favorisierte Ansichten<br />
ihrerseits aus der Gesamtheit der Erfahrung abstrahiert worden<br />
s<strong>in</strong>d. Gabbard erkennt die Rolle, die die Theorie als Metapher bei der<br />
Organisation des Denkens spielt, an, verweist aber auch auf die Grenzen<br />
von Metaphern und zeigt, daß die aus ihnen abgeleiteten Theorien<br />
unweigerlich zusammenbrechen müssen. Die stets gegenwärtige Versuchung,<br />
die <strong>in</strong>nere Gewißheit und die auf ihr beruhende persönliche<br />
Identität zu schützen, führt zu e<strong>in</strong>em defensiven Rückzug <strong>in</strong> die Orthodoxie.<br />
Unsere Geschichte ist voller Theorien, die eigentlich erfahrungsgestützte,<br />
zu stolzen Proklamationen der Identität hypertrophierte Konzepte<br />
darstellen. Wir erleben dies, wann immer e<strong>in</strong>e Theorie als Flagge<br />
hochgehalten wird, um e<strong>in</strong>e Gruppe von e<strong>in</strong>er anderen zu unterscheiden,<br />
oder wenn die Debatte über Beobachtungen durch e<strong>in</strong>e Identitätspolitik<br />
ersetzt wird. Nicht der Narzißmus der Identität ist für Gruppen und<br />
Individuen destruktiv, sondern se<strong>in</strong>e unreife Form und die mit ihr e<strong>in</strong>hergehende<br />
Unsicherheit der Selbstdef<strong>in</strong>ition, die es unmöglich macht,<br />
e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Ideal zu lieben.<br />
Die Entwicklung getrennter Schulen kann Schwierigkeiten mit sich<br />
br<strong>in</strong>gen, die (1) durch e<strong>in</strong>e Parochialisierung bed<strong>in</strong>gt s<strong>in</strong>d, (2) durch die<br />
Gruppendynamik und die Struktur von Organisationen und (3) durch<br />
den E<strong>in</strong>fluß, den neue Ideen und neue Gruppen auf die Sprache ausüben.<br />
Dazu jeweils e<strong>in</strong>ige kurze Bemerkungen.<br />
1. Probleme der Parochialisierung<br />
Die bange Ungewißheit, die der Kreativität <strong>in</strong>ne liegt, führt zu e<strong>in</strong>em<br />
Drängen auf Teamloyalität. Das bedeutet, daß e<strong>in</strong>e neue, für die Reaktionen<br />
traditioneller konservativer Kräfte hochsensible Gruppe zur Re-