Beiträge zum 46. IPV-Kongreß in Chicago, Juli 2009 - Frommann ...
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Das Erfassen der Praxis des Psychoanalytikers gemäß ihrem eigenen Wert 31<br />
Tuckett zu der Aussage, daß »die Tradition der psychoanalytischen<br />
Diskussion von kl<strong>in</strong>ischem Material dar<strong>in</strong> besteht, es sozusagen zu supervidieren«<br />
(Tuckett 2007, S. 1047). Die Supervision des vorgestellten<br />
Materials sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> übliches Diskussionsmuster <strong>in</strong> den psychoanalytischen<br />
Gesellschaften und auf den <strong>in</strong>ternationalen Kongressen zu se<strong>in</strong>.<br />
Auf dem psychoanalytischen <strong>Kongreß</strong> <strong>in</strong> New Orleans war es me<strong>in</strong>e<br />
Aufgabe, e<strong>in</strong>en Abschlußbericht verschiedener Podiumsdiskussionen<br />
zu erstellen, <strong>in</strong> denen von Helmut Thomä vorgestelltes kl<strong>in</strong>isches Material<br />
diskutiert worden war. Thomä hatte zuvor se<strong>in</strong>e Besorgnis geäußert,<br />
daß man ihn nicht verstehen und nicht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en eigenen Begriffen diskutieren<br />
könnte, und daß er statt dessen, ausgehend von den Liebl<strong>in</strong>gstheorien<br />
der Podiumsteilnehmer, »supervidiert« werden würde (Thomä,<br />
Jiménez & Kächele 2006, S. 193f.). 2 In e<strong>in</strong>er kürzlich erschienenen Arbeit<br />
führen Thomä & Kächele aus, daß »es, um aus der vergleichenden<br />
Psychoanalyse e<strong>in</strong> fruchtbares Unterfangen zu machen, wesentlich ist,<br />
zu evaluieren, wie der behandelnde Analytiker se<strong>in</strong> berufliches Wissen<br />
<strong>in</strong> spezifischen Interaktionen anwendet« (S. 651). E<strong>in</strong> zentrales Problem<br />
ist demnach, daß <strong>in</strong> den Fallvorstellungen derjenige, der vorträgt, sich<br />
für gewöhnlich nicht darum kümmert, die Beweggründe zu erklären,<br />
aus denen heraus er so <strong>in</strong>tervenierte, wie er es tat, und derjenige, der diskutiert,<br />
sich ebensowenig dafür <strong>in</strong>teressiert, die Beweggründe des Vorstellenden<br />
zu eruieren. So entsteht e<strong>in</strong> Dialog unter Taubstummen, die<br />
sich niemals auf e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Terra<strong>in</strong> treffen, und der zu Mißverständnissen<br />
und e<strong>in</strong>er wachsenden Babelisierung führt.<br />
Im Folgenden versuche ich, Schritte <strong>in</strong> Richtung der Konstruktion<br />
e<strong>in</strong>er Phänomenologie der Praxis der Psychoanalyse zu unternehmen.<br />
Kurz gefaßt, bedeutet die Verwendung der phänomenologischen Methode,<br />
sorgfältige und wohlüberlegte Aufmerksamkeit darauf zu lenken,<br />
wie e<strong>in</strong>e Realität uns ersche<strong>in</strong>t, wobei wir die Vorurteile, die wir ihr gegenüber<br />
haben, auszuklammern versuchen (Jiménez 2003). Es ist so, als<br />
2 Allerd<strong>in</strong>gs bedeutet Supervidieren nicht zwangsläufig, das fremde Materiel vom Gesichtspunkt<br />
der vom Supervisor bevorzugten offiziellen und öffentlichen Theorien zu betrachten.<br />
Imre Szecsödy, e<strong>in</strong> ungarisch-schwedischer Psychoanalytiker, hat e<strong>in</strong>e Methode<br />
analytischer Supervision mit e<strong>in</strong>er starken empirischen Grundlage entwickelt, bei der es<br />
darum geht, <strong>in</strong> der Beziehung mit dem Supervisanden e<strong>in</strong>e Situation mutativen Lernens<br />
zu schaffen, <strong>in</strong> der letzterer lernt, das Interaktionssystem, das er mit se<strong>in</strong>em Patienten herstellt,<br />
zu erkennen (Szecsödy 1990).