Beiträge zum 46. IPV-Kongreß in Chicago, Juli 2009 - Frommann ...
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6 Warren S. Poland<br />
Psychoanalyse oder viele? Anders gefragt: Können wir uns weiterentwickeln<br />
und über vertraute Ideen h<strong>in</strong>ausdenken, uns aber trotzdem als<br />
entscheidende Geme<strong>in</strong>samkeit die Konzentration auf unbewußte Kräfte,<br />
das heißt die Orientierung bewahren, durch die sich das unverwechselbar<br />
Psychoanalytische vor dem allgeme<strong>in</strong> Psychologischen auszeichnet?<br />
Daß uns dies gel<strong>in</strong>gt, ist me<strong>in</strong>es Erachtens unbed<strong>in</strong>gt erforderlich.<br />
Durch Proklamationen geistiger Aufgeschlossenheit lassen sich diese<br />
Fragen nicht beantworten, wenn unsere Dialoge gleichzeitig zu parallelen<br />
Monologen mißraten. Das Herausposaunen guter Absichten wird<br />
die Mauern zwischen unseren Enklaven nicht <strong>zum</strong> E<strong>in</strong>sturz br<strong>in</strong>gen.<br />
Me<strong>in</strong>e Aufgabe ist es, unser Streitverhalten zu beschreiben, damit wir<br />
die Ursachen unserer Fehden analytisch untersuchen können, statt sie<br />
weiterh<strong>in</strong> zu agieren. Deshalb werde ich kurz die Muster unserer Interaktionen<br />
skizzieren. Sodann können wir versuchen, die sie fundierende<br />
Dynamik aufzudecken und zu erforschen.<br />
Weil die von mir beschriebenen Probleme zutage treten, sobald wir <strong>in</strong><br />
Gruppen zusammenkommen, ist es hilfreich, die zugrundeliegenden<br />
Schicksale unserer Bedürfnisse nach Selbstgratifikation und unserer explorativen,<br />
auf die Außenwelt gerichteten Strebungen nicht zu vergessen.<br />
H<strong>in</strong>ter unseren Konvergenzen und Divergenzen verbirgt sich die<br />
unstete Verb<strong>in</strong>dung von Narzißmus und wissenschaftlicher Neugier.<br />
Wenn unser Narzißmus stabil oder, präziser formuliert, wenn er reif ist,<br />
können wir unsere Untersuchungen am weitesten vorantreiben. Ist er<br />
jedoch bedroht, degeneriert die aufnahmebereite, auf die Außenwelt<br />
zielende Erforschung zu e<strong>in</strong>er Identitätspolitik. Diesen entscheidenden<br />
Aspekt werde ich abschließend noch e<strong>in</strong>mal aufgreifen. Vorerst aber<br />
wenden wir uns jenen Konflikten zu, die den kollegialen Umgang mite<strong>in</strong>ander<br />
trüben.<br />
Menschliche strukturelle Grenzen<br />
Um diese Konflikte zu untersuchen, ist es angebracht, zunächst jene<br />
Grenzen anzuerkennen, die sich unserer Kontrolle entziehen und unsere<br />
Unzufriedenheit mit anderen Menschen, aber auch mit uns selbst –<br />
wenngleich wir dies nur ungern zugeben – verstärken. Wir suchen nach<br />
Antworten, die ewig unerreichbar se<strong>in</strong> werden, denn wir s<strong>in</strong>d und bleiben<br />
lediglich Menschen. Wir akzeptieren, daß wir nicht omnipotent s<strong>in</strong>d,