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Aus dem Bundesgericht: Zu viele Schweine bringen kein Glück<br />
KURZMELDUNGEN<br />
MANAGEMENT<br />
Drei Aktiengesellschaften betreiben<br />
Schweinezucht und Schweinemast<br />
mit mehreren Produktionsstätten.<br />
Wegen Überschreitung des Tierhöchstbestandes<br />
wurde ihnen vom<br />
Bundesamt für Landwirtschaft<br />
(BLW) unter solidarischer Haftung<br />
eine Jahres-Abgabe von 250150Fr.<br />
auferlegt. Das BLW rechnete die<br />
Tierbestände aller Produktionsstätten<br />
zusammen, weil es die drei AG<br />
für nicht voneinander unabhängig<br />
hielt. Das Bundesverwaltungsgericht<br />
reduzierte die Abgabe auf<br />
189000 Fr. (Überbestand von 420<br />
Zuchtsauen bei einem Ansatz von<br />
450Fr. pro Tier). Es warf den drei AG<br />
vor, trotz Aufforderungen keine aussagekräftigen<br />
Unterlagen eingereicht<br />
zu haben, welche für die Feststellung<br />
der Selbstständigkeit der<br />
Betriebe notwendig gewesen wären.<br />
Vor dem Bundesgericht rügten<br />
Leserreaktion<br />
<strong>UFA</strong>-<strong>Revue</strong> 4/2012: Sonderbeilage<br />
Kooperationen<br />
In der Einleitung des Sonderhefts<br />
steht «[...] allenfalls Maschinen- und<br />
Arbeitskosten zu senken». Richtigerweise<br />
müsste<br />
es heissen «Maschinenkosten<br />
senken und<br />
mehr Arbeitsverdienst<br />
erwirtschaften».<br />
Mehr Einkommen<br />
erwirtschaften ist der wichtigste<br />
Aspekt, Kosten senken kommt<br />
erst an zweiter Stelle. Bei grösseren<br />
Investitionen stimmt die Aussage<br />
des Kostensenkens allenfalls gar<br />
nicht, mindestens nicht für die ersten<br />
Jahre. Auch weiss ich aus langjähriger<br />
eigener Beratungstätigkeit,<br />
wie schwierig das Thema Einkommensverteilung<br />
ist. Es erstaunt mich<br />
deshalb, wie einfach das System der<br />
Verteilung nach Zinsanspruch und<br />
Arbeitsleistung präsentiert wurde.<br />
Ich plädiere für eine stufenweise<br />
Verteilung des Ertrags nach Zinsen<br />
und Arbeitsabgeltung. Es kann nicht<br />
die drei AG, sie hätten mehrfach um<br />
eine persönliche Anhörung ersucht.<br />
Die Vorinstanzen seien aber nicht<br />
darauf eingegangen. Es sei unzulässig,<br />
ihnen nun die Beweislosigkeit<br />
hinsichtlich der Selbstständigkeit<br />
und Unabhängigkeit anzulasten.<br />
Das Bundesgericht beharrte auf der<br />
von Gesetzes wegen bestehenden,<br />
umfassenden Auskunftspflicht. Namentlich<br />
seien die Bilanzen, Erfolgsrechnungen<br />
der AG sowie die Steuererklärungen<br />
trotz Aufforderung<br />
nicht eingereicht worden.<br />
sein, dass beispielsweise in einer<br />
Generationengemeinschaft der<br />
Sohn als späterer Übernehmer immer<br />
«ärmer» und der abtretende Vater<br />
immer «reicher» wird. Mit dem<br />
Abschluss der Jahresrechnung sollten<br />
auch immer Kapitalrückzüge beziehungsweise<br />
-einlagen getätigt<br />
werden können. Gleich hohe Kapitalanteile<br />
der Partner vereinfachen<br />
die Verteilung des jährlichen Ertrags<br />
zudem erheblich.<br />
Hans Rudolf Haegi, Ing. Agr.<br />
ETH/SIA, Affoltern am Albis<br />
Hunger bekämpfen – Landwirtschaft<br />
stärken<br />
Im Rahmenprogramm des Afro-<br />
Pfingsten-Festivals in Winterthur<br />
diskutierten Experten, unter anderem<br />
Hans-Rudolf Herren (Präsident<br />
Biovision, Welternährungspreisträger,<br />
im Bild ganz links sitzend) Strategien<br />
der Hungerbekämpfung in<br />
Hinblick auf den Rio+20-Erdgipfel,<br />
der im Juni stattfinden wird. Herren<br />
setzt bei der Hungerbekämpfung<br />
auf die Kleinbauern, diese seien zu<br />
stärken, denn sie sind für 70% der<br />
globalen Nahrungsmittelproduktion<br />
Die AG machten weiter geltend,<br />
der Grundsatz des Vertrauensschutzes<br />
sei verletzt: Bei der Gründung<br />
hätten sie ihre Gesellschaftsstrukturen<br />
entsprechend den Hinweisen<br />
des BLW ausgestaltet. Deshalb habe<br />
das BLW für das erste Jahr auch keine<br />
Abgabe verlangt. Das Bundesgericht<br />
hielt dem entgegen, dass später<br />
keine klare personelle Trennung<br />
der Gesellschaftsorgane mehr bestanden<br />
habe. Die fehlende Unabhängigkeit<br />
leite sich zudem auch aus<br />
der Zusammensetzung des Aktionariats<br />
ab.<br />
Das Bundesgericht wies die Beschwerde<br />
ab und bestätigte die Abgabe<br />
von 189000Fr. (Urteil<br />
2C_421/2011 vom 09.01.2012).<br />
Andreas Wasserfallen, Ing.-Agr. ETH<br />
und Rechtsanwalt,<br />
wasserfallen@agrarrecht.ch<br />
verantwortlich. Das Potenzial zu Ertragssteigerungen<br />
sei hoch, die Änderungen<br />
von Anbaumethoden hätten<br />
beispielsweise bei einer<br />
äthiopischen Nutzpflanze um den<br />
Faktor sechs verbessert werden können.<br />
Hunger sei nicht als Verteilproblem<br />
anzusehen, denn das bedeute<br />
Nahrungsmittelhilfe, ergänzte Claude<br />
Martin (Club of Rome) und fügte<br />
die Bedeutung von Landreformen<br />
an. Die Agrar ökonomin Priska Baur<br />
sieht die Kleinbauern in einer Armutsfalle<br />
gefangen. Adäquates Mittel<br />
der Hungerbekämpfung sei ihrer<br />
Meinung nach die Freiheit, dies in<br />
Anlehnung an das von Nobelpreisträger<br />
Amartya Sen veröffentlichte<br />
Werk «Development as Freedom».<br />
Hans Rudolf Herren nahm die Gelegenheit<br />
wahr und platzierte einen<br />
Werbespot für ein Facebook-Spiel,<br />
in welchem der Spieler die Rolle des<br />
Chefökonomen der UNO übernimmt.<br />
www.gamechangerio.org<br />
Kaderschmiede<br />
Die Genossenschaften waren im<br />
19./20. Jahrhundert für die Bauern<br />
ein wichtiges Instrument, um Produktionsmittel<br />
einzukaufen und um<br />
Produkte zu vermarkten. Zugleich<br />
waren die Genossenschaften aber<br />
auch Bildungsinstitutionen, wo die<br />
Bauern lernten, wie man ein Protokoll<br />
abfasst, eine Versammlung leitet<br />
oder eine Rechnung revidiert –<br />
Fähigkeiten, die nicht in der Schule<br />
gelernt wurden.<br />
Ab den 1880er Jahren waren die<br />
Genossenschaften für Generationen<br />
von jungen Bauern die vielleicht<br />
wichtigste (Fort)bildungsinstitution.<br />
Hier lernten sie, wie man erfolgreich<br />
einen Betrieb führt und in der Öffentlichkeit<br />
seine Interessen zur<br />
Geltung bringen kann. Der wohl bekannteste<br />
Landwirt, der im Genossenschaftswesen<br />
gross wurde, ist<br />
Rudolf Minger, der von 1929 bis<br />
1940 als bisher einziger Bauer im<br />
Bundesrat sass. Aber auch Johann<br />
Jenny, der von 1897-1930 als Präsident<br />
des Schweizerischen Bauernverbandes<br />
amtierte, stammte aus<br />
dem Genossenschaftswesen. Er war<br />
Ende der 1880er Jahre an der Gründung<br />
lokaler Genossenschaften<br />
ebenso beteiligt wie an deren Zusammenschluss<br />
im Verband landwirtschaftlicher<br />
Genossenschaften<br />
von Bern und Umgebung (VLG),<br />
dem er zudem bis 1936 als Präsident<br />
vorstand. Doch Jenny und<br />
Minger waren nicht allein. Wie das<br />
nun erschlossene Archiv des VLG<br />
zeigt, gab es auf lokaler und kantonaler<br />
Ebene hunderte von bäuerlichen<br />
Funktionsträgern in der Öffentlichkeit,<br />
die ihr Handwerk in der<br />
Genossenschaft erlernt hatten.<br />
Peter Moser<br />
Archiv für Agrargeschichte<br />
Tagesaktuelle Neuigkeiten<br />
www.ufarevue.ch<br />
<strong>UFA</strong>-REVUE · 6 2012 9