Herwig Wolfram - Die Germanen.pdf - DIR
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sich nackt einschneien ließen, durch Eis und tiefen Schnee auf<br />
die Gipfel kletterten, von dort auf ihren breiten Schilden zu<br />
Tal rodelten, wie Giganten und Riesen Bäume mitsamt den<br />
Wurzeln ausrissen, Felsbrocken und Erdklumpen bewegten,<br />
um einen die Römer schützenden Fluß zuzuschütten. So wurde<br />
es zum politischen Vermächtnis von Aquae Sextiae und<br />
Vercellae, die Wiederholung derartiger Schrecken für alle Zeiten<br />
zu bannen. Es dauerte jedoch länger als ein ganzes Jahrhundert,<br />
bis die Römer das Ursprungsland jener katastrophalen<br />
Barbarenstürme genauer lokalisieren konnten: Im Jahre<br />
5 n. Chr. kam eine kimbrisch-harudische Sühnegesandtschaft<br />
zu Kaiser Augustus nach Rom, überbrachte „als Geschenk<br />
das wertvollste Sakralgefäß, das sie besaßen, und baten damit<br />
um Freundschaft und um Verzeihung für ihr einstiges Verhalten“<br />
(Strabo VII 2,1). Anlaß dazu war eine römische Flottenfahrt,<br />
deren Ziel nach Ausweis des Rechenschaftsberichtes des<br />
Augustus die Wohnsitze der Kimbern waren (Monumentum<br />
Ancyranum 26).<br />
Den Zeitgenossen galten Kimbern und Teutonen als Kelten,<br />
was insofern nicht ganz unrichtig war, als sich zahlreiche keltische<br />
Völkerschaften Mitteleuropas den wandernden Fremden<br />
angeschlossen hatten. Reizvoll wirkt die Frage, wie die im<br />
nördlichen Jutland sitzenden <strong>Germanen</strong> zu der Erkenntnis<br />
kamen, sie seien die Nachkommen der schrecklichen Invasoren<br />
gewesen. Wurden sie von den römischen Entdeckern in<br />
die Pflicht einer „Kollektivschuld“ genommen und dafür zur<br />
Verantwortung gezogen? Oder hat sich eine Erinnerung an<br />
die „Taten tapferer Männer“ in der kimbrisch-teutonischen<br />
Heimat erhalten, so daß die Nachkommen es von sich aus für<br />
ratsam halten mußten, bei den bereits in Norddeutschland erfolgreich<br />
operierenden Römern gut Wetter zu machen?<br />
Caesar und die <strong>Germanen</strong><br />
Vergil (Georg. I vv. 474f.) hat beim Tod Caesars prophetischer,<br />
als ihm bewußt sein konnte, den germanischen Himmel<br />
vom Getöse der Waffen erzittern lassen. <strong>Die</strong> Ergebnisse der<br />
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