Herwig Wolfram - Die Germanen.pdf - DIR
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später viel zu sehr gefestigt, als daß der Bataveraufstand entscheidenden<br />
Zuzug aus den linksrheinischen Gebieten gewonnen<br />
hätte. Eine solche Erklärung hat viel für sich, aber sie sagt<br />
noch nichts über den Grund für die persönliche Entscheidung<br />
des Arminius aus.<br />
Zurückgesetzt wurde Arminius wahrlich nicht; mit der<br />
Verleihung der Ritterwürde hatten ihn die Römer sowohl unter<br />
den <strong>Germanen</strong>fürsten wie unter den Angehörigen der<br />
cheruskischen Königssippe in bisher unbekannter Weise hervorgehoben.<br />
Selbst noch als Segestes ihn vor Varus des Verrats<br />
bezichtigte, glaubte der Statthalter mehr dem römischen<br />
Ritter als dem einfachen römischen Bürger. Auch war in seinem<br />
Fall nicht „Bruder von Bruder für immer getrennt worden“<br />
(vgl. Tac. Hist. IV 14, 3), sondern er diente gemeinsam<br />
mit Flavus in der römischen Armee. Gemäß den Mechanismen<br />
der römischen Steuereinhebung hatten Arminius und die<br />
Seinen bei der Errichtung einer Provinz Germanien eher zu<br />
gewinnen als zu verlieren. So mißverständlich und abgedroschen<br />
es klingen mag, als Motiv für die Entscheidung des<br />
Arminius bleibt nur die „Ehre“. Arminius mußte die zerstrittene<br />
Welt seiner Sippe aus den Angeln heben, um sich bei den<br />
Cheruskern und den benachbarten Stämmen seinem Selbstwertgefühl<br />
entsprechend durchzusetzen. In den Augen seines<br />
Kriegskameraden Velleius Paterculus (II 105, 1) wurde Arminius<br />
„durch unsere Niederlage nobilis“, was nur sehr<br />
schwach mit „bekannt“ oder „berühmt“ übersetzt wird. Das<br />
in nobilis angelegte Bekanntsein hat eine politische Dimension.<br />
Darum konnte Arminius sein Ziel nur durch eine unvorstellbare<br />
Tat erreichen, durch einen Sieg über die Römer mit<br />
dauerhafter Wirkung. So konnte er „es den Verwandten zeigen“,<br />
womöglich mit Marbod gleichziehen und supragentiler<br />
Heerkönig werden. Als wichtigstes Werkzeug dazu könnte<br />
ihm die Rebellion der germanischen Auxiliartruppen dienen,<br />
die dann Erfolg haben würde, wenn sich ein Großteil der<br />
Völkerschaften anschlösse. Institutionell würde dies bedeuten,<br />
daß Arminius monarchische Gewalt auf Zeit erhielte, die ihm<br />
- wie in Einzelfällen nachweisbar - Zwangsgewalt gegenüber<br />
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