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Herwig Wolfram - Die Germanen.pdf - DIR

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Der Hunnensturm beschleunigte die Wanderungen der <strong>Germanen</strong><br />

und löste ihre Reichgründungen auf römischem Boden<br />

aus. <strong>Die</strong> Abfolge Volkskönigtum - Heerkönigtum wurde unumkehrbar<br />

und endgültig zugunsten der jüngeren Königsform<br />

entschieden. <strong>Die</strong>s bewirkte die Entstehung eines neuen Großkönigtums,<br />

das weder das gotische noch burgundische noch<br />

ein anderes altes Königtum erneuerte. Der Westgote Alarich,<br />

der Vandale Geiserich oder der Ostgote Theoderich setzten<br />

die Monarchie des Reiks ebenso durch, wie der Kuning<br />

Chlodwig der fränkische Alleinkönig wurde und manche angelsächsische<br />

Könige ähnliches zu erreichen suchten. Auf<br />

Dauer konnte sich allerdings der östliche Reiks gegen den<br />

westgermanischen Kuning nirgends durchsetzen. Bei den<br />

Nordgermanen gab es noch eine schwache Erinnerung daran,<br />

daß die von den Kelten geborgte Königsbezeichnung älter als<br />

der Kuning - König war. Generationen später systematisierte<br />

ein gelehrter skandinavischer Dichter das Wissen dahin, daß<br />

der eigentliche Vater des ersten Königs ein Gott mit dem bezeichnenden<br />

Namen Rigr (Reiks) gewesen sei.<br />

Selbstverständlich bereiteten die beiden Königstypen keineswegs<br />

einen germanischen „Sonderweg“ vor. Sie treten<br />

zumindest im gesamten euroasiatischen Bereich auf, wenn es<br />

sich dabei nicht überhaupt um die Form einer gemeinmenschlichen<br />

Verfassung handelt, die - erstmals historisch<br />

faßbare - großräumigere, aus vielen Völkern bestehende<br />

Staatsbildungen ermöglichte.<br />

In jedem Fall aber sind Stammesbildungen keine Angelegenheit<br />

des „Blutes“ gewesen, mögen die taciteischen Sueben<br />

dies auch behauptet oder die Angelsachsen von den kontinentalen<br />

Altsachsen gesagt haben: „Aus dem gleichen Bein und<br />

Blut sind wir“ (Bonifatius, Epistulae n. 46). Stammesbildungen<br />

waren verfassungsgeschichtliche Ereignisse, und diese<br />

führten, sofern ungehindert, überall in der germanischen Welt<br />

zur Ausbildung des monarchischen Großkönigtums, dem die<br />

Zukunft gehörte.<br />

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