Herwig Wolfram - Die Germanen.pdf - DIR
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<strong>Die</strong> Fertigstellung des Hermann-Denkmals auf dem Grotenberg<br />
zog sich freilich 56 Jahre hin; erst 1875 wurde der<br />
Gheruskerfürst mit Flügelhaube und gezogenem Schwert,<br />
grimmig nach Westen blickend, im Beisein Kaiser Wilhelms I.<br />
eingeweiht. <strong>Die</strong> Arminius-Begeisterung der deutschen Studienräte<br />
währte bis in die Dreißiger Jahre, fand jedoch während<br />
des Nationalsozialismus nicht die erwartete Fortsetzung und<br />
Erfüllung. <strong>Die</strong> <strong>Germanen</strong> waren nicht unbedingt nach Hitlers<br />
Geschmack, weil er sich mit ihrer barbarischen Geschichte<br />
Mussolini gegenüber stets zurückgesetzt fühlte. Auch konnte<br />
die Hermann-Verherrlichung ihre konservativen Ursprünge in<br />
den Freiheitskriegen niemals verleugnen, weshalb sie für<br />
Heinrich Himmlers Vorstellungen eines dynamischen <strong>Germanen</strong>tums<br />
wenig brauchbar schien. Schließlich hatte Arminius<br />
als Befehlshaber germanischer Hilfstruppen den Römern seinen<br />
„Fahneneid“ gebrochen; ein wenig erbauliches Beispiel<br />
für den SS-Staat, der bei der Unterwerfung Europas keinen<br />
Anführer von „Hiwis“, von „Hilfswilligen Völkern“, benötigte,<br />
der als zweiter Arminius erfolgreich gegen die deutsche<br />
Militärmaschine rebelliert hätte. Heute steht Hermann zwar<br />
immer noch auf seinem klassizistischen Unterbau und macht<br />
den Grotenberg zum Ausflugsziel aus nah und fern; seine nationalistische<br />
Schlagkraft scheint jedoch für immer einer touristischen<br />
Vermarktung gewichen zu sein. Und das ist eigentlich<br />
gut so.<br />
Wer aber war der historische Arminius? Entsprechend den<br />
Angaben des Tacitus, wonach Arminius mit 37 Jahren und im<br />
zwölften Jahr seiner, wohl von 9 n. Chr. an zu berechnenden<br />
Herrschaft den Tod fand, dürfte er von 16 v. bis 21 n. Chr.<br />
gelebt haben. Er gehörte der Führungsschicht, dem Traditionskern,<br />
der Cherusker an, eines mittelgroßen Stammes, dessen<br />
Wohnsitze zwar nicht genau zu lokalisieren sind, wohl<br />
aber vom Quellgebiet der Lippe und Ems bis über die Elbe<br />
nach Osten reichten. <strong>Die</strong> als Königssippe (Tac. Ann. XI 16)<br />
bezeichnete cheruskische Elite bestand zumindest aus zwei<br />
Familien, die nach ihrer Namensgebung - von acht bekannten<br />
männlichen Familienmitgliedern trugen fünf mit Sigi-(Sieg-)<br />
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