Herwig Wolfram - Die Germanen.pdf - DIR
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zur Ruhe. Ja, im Gegenteil. <strong>Die</strong> bisher königlosen Donaugoten<br />
machten wohl schon im Jahre 391 den Balthen Alarich zu<br />
ihrem König. <strong>Die</strong> antiken Quellen verwenden zwar den Königsnamen<br />
auch für außerrömische Gotenfürsten der verschiedensten<br />
Verfassungsformen. Aber das Königtum Alarichs<br />
auf römischem Boden unterscheidet sich von allen Arten des<br />
Königtums außerhalb der Reichgrenzen durch seine faktisch<br />
wie rechtlich unverzichtbare Verbindung mit einem regionalen<br />
oder sogar dem allgemeinen Heermeisteramt. Bisher hatten<br />
Barbarenkönige im Römerheer keine besondere Karriere<br />
gemacht. Alarich machte davon eine bezeichnende Ausnahme;<br />
er war nicht nur der erste Gotenfürst, sondern überhaupt der<br />
erste <strong>Germanen</strong>könig, der Heermeister, das heißt oberster Befehlshaber,<br />
einer regulären römischen Armee wurde.<br />
Von 378 bis 418 befanden sich diejenigen Goten, die man<br />
nun durchaus schon Westgoten nennen kann, wie das „Auserwählte<br />
Volk“ auf einer vierzigjährigen Wanderung, bis sie<br />
418 im heutigen Südfrankreich ihr Aquitanisches Königreich<br />
von Toulouse errichten durften. In diesen vier Jahrzehnten<br />
stand die Existenz des Volkes mehrmals in gefährlicher Weise<br />
auf dem Spiel, und auch so spektakuläre Erfolge wie die Einnahme<br />
Roms am 24. August 410 konnten keine wesentliche<br />
Verbesserung der Lage bringen.<br />
Im Herbst 410 gelang Alarichs Marsch nach Süden; doch<br />
die Zeit drängte. Da bereitete die Straße von Messina ein unüberwindliches<br />
Hindernis und erzwang den Rückzug; die<br />
Wanderung ging nordwärts in Richtung Kampanien. Sicher<br />
ist, daß die Goten hier überwinterten und den afrikanischen<br />
Plan zunächst selbst dann nicht aufgaben, als Alarich noch<br />
vor Jahreswechsel in Bruttium starb. Über sein Begräbnis wird<br />
berichtet: Alarich sei bei Consentia-Cosenza im Busento beerdigt<br />
worden, nachdem man vorher das Flußbett kurzfristig<br />
umgeleitet hatte. <strong>Die</strong> Arbeitskräfte, die das Werk errichteten,<br />
seien getötet worden. Das gleiche erzählt dieselbe Quelle aber<br />
auch von Attilas Begräbnis. <strong>Die</strong> „nächtliche“ Grablegung des<br />
„jungen gotischen Helden“ wurde durch Platens „Grab im<br />
Busento“ Bildungsgut der deutschen Romantik. <strong>Die</strong> Geschich-<br />
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