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Herwig Wolfram - Die Germanen.pdf - DIR

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unvermischte iberische Herkunft bis auf die Goten zurückverfolgen<br />

kann. An fast jeder deutschsprachigen Universität gibt<br />

es eine Akademische Burschenschaft „Gothia“. Kommt aber<br />

Asterix auf seinen Auslandsfahrten über den Rhein nach<br />

Osten, so trifft er hier auf Westgoten und Ostgoten, die untereinander<br />

furchtbar zerstritten sind. Jan Sobieski, der Oberbefehlshaber<br />

des Entsatzheeres vor Wien 1683, wurde als<br />

„gotischer Mars“ gefeiert, und es gibt heute noch Exilpolen,<br />

die sich auf gotische Ursprünge berufen, wie unter den Kroaten<br />

die Überzeugung nicht gänzlich ausgestorben ist, als Goten<br />

vor den Slawen auf dem Balkan seßhaft geworden zu sein.<br />

Dabei war der Begriff „gotisch“ lange Jahrhunderte keineswegs<br />

positiv besetzt: Für die Franken und Franzosen verbarg<br />

sich hinter diesem Namen spanischer religiöser Übereifer oder<br />

Ketzertum. Gotisch war aber auch gleich barbarisch, zerstörerisch,<br />

kulturfeindlich. <strong>Die</strong> schreckliche Schrift des späten<br />

Mittelalters galt den Humanisten ebenso als gotisch, wie der<br />

Baustil transalpiner Kathedralen als gotisch erschreckte. Wäre<br />

nicht am Ende des 18. Jahrhunderts eine Umdeutung erfolgt<br />

und hätte nicht der Vandalismus die Stelle des Gotischen eingenommen,<br />

gäbe es wohl heute keine positiv verstandene<br />

Gotik. Allerdings haben auf diesen Bedeutungswandel nicht<br />

zuletzt die Skandinavier und unter ihnen vor allem die Schweden<br />

eingewirkt, die sich als die reinsten Nachfahren der Goten<br />

verstanden haben, und zwar interessanterweise in Konkurrenz<br />

mit den österreichischen Habsburgern, die ihre europäische<br />

Omnipräsenz in der Nachfolge der gotischen Wanderungen<br />

interpretieren ließen.<br />

Tatsächlich sind die Goten während der Völkerwanderung<br />

so gut wie überall auf römischem Boden anzutreffen: in den<br />

Balkanprovinzen, in Kleinasien, in Syrien und Palästina, in<br />

Nordafrika, Spanien, Gallien, Italien und an der Donau. In<br />

den Jahren 375 und 376 hatte der Einbruch der Hunnen sowohl<br />

die Monarchie der östlichen wie die Aristokratie der<br />

westlichen Goten zerstört. <strong>Die</strong> Folge war, daß das ganze bisher<br />

von den Goten kontrollierte Gebiet zwischen Don und<br />

den Karpaten, bald auch bis zur Theiß, den nach Westen<br />

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