Spielzeit 2011/2012 - Theater Im Pfalzbau
Spielzeit 2011/2012 - Theater Im Pfalzbau
Spielzeit 2011/2012 - Theater Im Pfalzbau
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
vii. festspiele ludwigshafen<br />
mi, 30.11.<strong>2011</strong>, 19.30 uhr [sg b, tg 1, tg 3]<br />
Madame Bovary<br />
Nach Gustave Flaubert<br />
Bearbeitet für die Bühne von Tine Rahel Völcker<br />
regie: Nora Schlocker Bühne: Jessica Rockstroh<br />
kostüme: Marie Roth Musik: Paul Lemp<br />
dramaturgie: Andrea Koschwitz<br />
mit: Julischka Eichel, Sabine Waibel, Wilhelm Eilers, Ronald Kukulies,<br />
Albrecht Abraham Schuch, Joris Camelin, Josephine Barner/<br />
Helena von Mechow – Maxim Gorki <strong>Theater</strong> Berlin<br />
preise: 33 euro 28 euro 23 euro 18 euro<br />
Flauberts Bovary zu bearbeiten war wunderbar.«, weiß Tine Rahel<br />
Völcker im Programmheft zur Neufassung von Madame Bovary des<br />
Maxim Gorki <strong>Theater</strong>s zu berichten. Der entscheidende Unter schied<br />
zwischen Flauberts Roman und ihrer Bearbeitung bestehe darin, dass sie<br />
kein Mann sei. Und weil er seinerseits nun mal keine Frau war, habe er in<br />
seinem Roman allerhand Anliegen verfolgt, sich eines jedoch nicht zu<br />
eigen gemacht: das feministische. Eben diese<br />
Perspektive aber nehmen Tine Rahel Völcker<br />
und Nora Schlocker ein, wenn sie in Flauberts<br />
Text die heute noch gültigen sexistischen Ge -<br />
schlechterbilder entdecken, die einer Frau auf<br />
der Suche nach der eigenen Identität zur Ver -<br />
fügung stehen. Die Pächtertochter Emma hei -<br />
ratet den blässlichen Landarzt Charles Bovary,<br />
weil ihre Sehnsucht nach einem Leben in<br />
Leidenschaft und Luxus, die ausgerechnet in der<br />
Klosterschule Nahrung erhalten hat, endlich Wirklichkeit werden soll.<br />
Charles Bovary ist vernarrt in seine Frau, doch hat er weitaus geringere<br />
Erwartungen an das gemeinsame Leben. Emma lässt sich nach der Heirat<br />
nicht als Trophäe in eine Ecke stellen, sie gibt sich nicht damit zufrieden,<br />
ihre Tage mit ein bisschen Tanzen, Klavier spielen, Sticken, Zeichnen oder<br />
Nähen zu füllen. Auch als die gemeinsame Tochter zur Welt gekommen ist,<br />
weiß sie bald schon nichts mehr mit ihr anzufangen. Die Mutterrolle<br />
scheint ihr ebenso wenig zu passen wie die der Ehefrau. In ihrer Sucht<br />
nach vollkommener Lebenserfüllung müssen neue Rollen bilder her,<br />
Emma versucht sich als keusche Gläubige, Geliebte und hemmungslose<br />
Hure und gerät dabei in einen Existenzstrudel, bis sie verschuldet und<br />
gedemütigt ganz unten angelangt ist.<br />
Julischka Eichel führt die gehetzte Seelennervosität der Emma Bovary<br />
brillant vor Augen und entwickelt in der Regie Nora Schlockers viele pakkende<br />
Sinnbilder. Dass es ihr nur zeitweise gelingt, die Illusion der jeweils<br />
angenommenen Rolle aufrecht zu erhalten, bis sie die Leere darin und die<br />
Lüge der Konstruktion erkennt, verdeutlicht, »welche Bedingungen eine<br />
Frau zu erfüllen und welche Regeln sie zu akzeptieren hat, um gesellschaftlich<br />
und ökonomisch zu partizipieren.«<br />
Tine Rahel Völcker<br />
42