Materialforschung mit Positronen: Von der Doppler-Spektroskopie zur
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194].<br />
5.3 Modellierung <strong>der</strong> Akkumulation von Gitterfehlern<br />
5.3.1 Ein kurzer Überblick über den Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Die physikalischen Vorgänge, die hinter den<br />
Phänomenen Plastizität, Materialermüdung und<br />
Versagen stehen, erstrecken sich über viele Skalen<br />
von <strong>der</strong> quantenmechanischen Welt einzelner<br />
Atome bis zum makroskopischen Festkörper.<br />
Ebenso werden <strong>zur</strong> Simulation dieser Vorgänge<br />
sehr verschiedene Techniken herangezogen,<br />
<strong>der</strong>en Stärken meist auf eine bestimmte<br />
Längenskala beschränkt sind. Eine gut geglie<strong>der</strong>te<br />
und ausführliche Übersicht über die<br />
Methoden findet sich in [448]. Die unterschiedlichen<br />
Skalen lassen sich sehr schön anhand des<br />
Logos <strong>der</strong> International Conference on the Fundamentals<br />
of Fracture (ICFF) beschreiben (siehe<br />
Abbildung 5.17). Die mikroskopische Skala, in<br />
Teil (a) <strong>der</strong> Abbildung angedeutet durch aufreißende<br />
atomare Bindungen, erstreckt sich über die Größenordnung von 10 -10 m – 10 -5 m. Auf<br />
unterster Ebene wird das Geschehen von <strong>der</strong> elektronischen Wechselwirkung <strong>der</strong> Orbitale bestimmt.<br />
Für einzelne o<strong>der</strong> einige wenige Atome kann diese Wechselwirkung durch Lösen <strong>der</strong><br />
entsprechenden Schrödinger-Gleichung numerisch berechnet werden, wobei allerdings die<br />
teilweise drastischen Vereinfachungen <strong>der</strong> Dichte-Funktional-Theorie <strong>zur</strong> Anwendung kommen<br />
(DFT: All-Electron-Code) [192 -193 Für größere Systeme einiger hun<strong>der</strong>t Atome<br />
reicht die verfügbare Rechenleistung nicht mehr aus, um alle Elektronen eines Atoms in <strong>der</strong><br />
Rechnung zu berücksichtigen. Der Einfluß <strong>der</strong> kernnahen Elektronen wird in diesem Fall<br />
durch ein Pseudopotential ersetzt, und nur die äußeren Elektronen explizit berechnet. Der Zustand<br />
minimaler Gesamtenergie, von dem angenommen wird, daß er in <strong>der</strong> Natur realisiert ist,<br />
wird dann iterativ bestimmt. Dafür stehen heutzutage umfangreiche Programmpakete <strong>zur</strong> Verfügung,<br />
z.B. SIESTA [217] und VASP [449], <strong>mit</strong> denen es möglich ist, Fremdatome und<br />
Fehlstellen im Gitter sowie einzelne Versetzungen zu berechnen.<br />
In <strong>der</strong> Molekulardynamik (MD) wird die quantenmechanische Bindung zwischen den Atomen<br />
durch klassische Kraftfel<strong>der</strong> eines empirischen Potentials, z.B. Lennard-Jones, approximiert.<br />
In <strong>der</strong> MD wird die zeitliche Entwicklung eines atomaren Ensembles durch Integration <strong>der</strong><br />
Newton'schen Bewegungsgleichungen beschrieben. Die Elektronenstruktur <strong>der</strong> einzelnen<br />
Atome wird dabei nicht berücksichtigt, was den Aufwand beträchtlich gegenüber quantenmechanischen<br />
Rechnungen reduziert, so daß Rechnungen <strong>mit</strong> einigen 10 6 Atomen möglich sind.<br />
Einen umfassenden Überblick bietet [450]. Da in <strong>der</strong> MD auch die Auftrennung atomarer<br />
Bindungen berechenbar ist, kann die Entstehung und die Ausbreitung von Rissen simuliert<br />
werden [451], sogar in solch komplexen Festkörpern wie einem Quasikristall [452]. Da sich<br />
die Richtungsabhängigkeit kovalenter Bindungen in <strong>der</strong> MD nur schwer beschreiben läßt, ist<br />
sie nur für die Berechnung von Metallen <strong>mit</strong> ungerichteter Bindung geeignet.<br />
Auf <strong>der</strong> mesoskopischen Ebene <strong>der</strong> Kristallkörner im Polykristall (10 -5 m – 10 -3 m siehe<br />
Abbildung 5.17b) ist die Berücksichtigung einzelner Atome nicht mehr möglich. Es können<br />
(a)<br />
(c)<br />
Abbildung 5.17: Das Logo <strong>der</strong> ICFF, auf<br />
den Kopf gestellt.<br />
(b)<br />
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