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Modelle der Hersteller-Nutzer-Interaktion im Innovationsprozess <strong>IZT</strong> Seite: 43<br />
ihre Ideen ohne Unterstützung des Herstellers in funktionsfähige Prototypen zu übersetzen oder<br />
eigenständig zu vermarkten. Die hierfür notwendigen Ressourcen übersteigen offensichtlich die<br />
Möglichkeiten kleiner Unternehmen. Lüthje schlussfolgert hieraus: „Was für kleine<br />
Organisationen gilt, dürfte für private Haushalte in noch höherem Maße zutreffen. Endverbraucher<br />
verfügen wohl nur selten über die finanziellen bzw. materiellen Ressourcen, um den<br />
gesamten Innovationsprozess ohne Herstellerhilfe zu gestalten.“ 103 Diese Annahme wird durch<br />
seine Befragung von Kunden eines Versandhandelsunternehmens für Outdoor-Sportproduk-te 104<br />
bestätigt. Vor diesem Hintergrund hält er weder einen kundendominierten Innovationsprozess<br />
für realistisch noch eine ausgewogene Arbeitsteilung zwischen Hersteller und Kunde wie sie im<br />
Investitionsgüterbereich möglich ist. Für den Konsumgüterbereich entwickelt Lüthje daher ein<br />
Modell, bei dem der Hersteller die Prozesskompetenz übernimmt sowie Art, Zeitpunkt und Ort<br />
der Interaktion mit dem Kunden bestimmt. Der Kunde übt in diesem Modell die Rolle eines<br />
„Innovationsberaters“ aus 105 , der auf die Unterstützung des Herstellers angewiesen ist. Lüthje<br />
geht bei seiner empirischen Untersuchung über die Möglichkeiten der Integration von<br />
Endverbrauchern in den Innovationsprozess 106 daher von einem Modell der herstellermoderierten<br />
Interaktion aus.<br />
Grundlage für das Modell ist die Annahme, dass sich Kunden in unterschiedlichem Maße für<br />
eine Einbindung in den Innovationsprozess eignen und nur Anwender mit bestimmten<br />
Eigenschaften zum Erfolg des Inventions- und Entwicklungsprozesses beitragen können. Dies<br />
liegt darin begründet, dass es den meisten Kunden schwerfällt, sich gedanklich von aktuellen<br />
Marktangeboten zu lösen („functional fixedness“ 107 ) und Anforderungen für zukünftige<br />
Produkte und Dienstleistungen vorwegzunehmen. Aufbauend auf der Lead user-Forschung 108<br />
entwickelt Lüthje daher für Konsumgütermärkte das Konzept „fortschrittlicher Kunden“. Dazu<br />
identifiziert er zunächst die in Abbildung 11 dargestellten Kundenmerkmale. Diese sollen<br />
potenzielle dazu geeignet sein, solche Kunden zu bestimmen, die zukünftige Marktanforderungen<br />
frühzeitiger als durchschnittliche Kunden formulieren und bereit sind, sich aktiv am<br />
Innovationsprozess zu beteiligen.<br />
Für Endverbraucher im Bereich von Outdoorsportprodukten kann Lüthje zeigen, dass nicht<br />
alle Kundenmerkmale die gleiche Relevanz zur Abgrenzung fortschrittlicher Kunden von<br />
durchschnittlichen Kunden haben. So zeichnen sich fortschrittliche Kunden in erster Linie durch<br />
103 Lüthje 2000, 85.<br />
104 Er fokussiert dabei auf die „Kernbereiche“ des Outsports: Bergsteigen, Klettern, Skiwandern, Trekking<br />
(Bergwandern) und Mountainbiking.<br />
105 Vgl. Herstatt 1991, 47.<br />
106 Lüthje verweist darauf, dass mit den Arbeiten von Jost/Wiedmann (1993) sowie Raabe (1993) bis zum<br />
Zeitpunkt seiner Studie nur zwei empirische Untersuchungen bekannt waren, die sich mit der Kunden-<br />
Hersteller-Interaktion auf Endverbrauchermärkten auseinandergesetzt haben. Diese beruhten allerdings<br />
auf sehr kleinen Stichproben und legten ein sehr breites Interaktionsverständnis zu Grunde, wonach<br />
jegliche Kommunikation betrachtet wird, die einen verstärkten Kundeneinfluss auf einzelwirtschaftliche<br />
Entscheidungen ermöglicht. Vgl. Raabe 1993, 162.<br />
107 Zum Begriff der „functional fixedness“ sowie für einen Überblick von empirischen Studien, die diese<br />
belegen vgl. Lüthje 2000, 27 f.<br />
108 Vgl. dazu das folgende Kapitel.