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„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein

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eichwein forum Nr. 17/18 Mai 2012<br />

11<br />

Wechsels, eine entspannende Wanderung<br />

im Löwenberger Land.<br />

Jedes Arbeitslager endete mit einem<br />

großen gemeinsamen Abschlussabend<br />

bei dem jeder Teilnehmer durch Darbietungen<br />

zur Unterhaltung Beiträge<br />

lieferte, beziehungsweise liefern<br />

musste.<br />

Mit dem dritten Arbeitslager 1930 endete<br />

jedoch <strong>die</strong> Reihe <strong>die</strong>ser Veranstaltungen<br />

im Boberhaus. Die Gründe<br />

dafür sind nicht ganz klar. Es wird berichtet,<br />

es habe 1930 Unstimmigkeiten<br />

zwischen der Jungmannschaft und Rosenstock<br />

gegeben, durch <strong>die</strong> Rosenstock<br />

aus der Arbeit des Boberhauses<br />

gedrängt wurde. 12<br />

Im Herbst 1930 fand in Hankensbüttel<br />

in der Lüneburger Heide, von Teilnehmern<br />

des Frühjahrs-Arbeitslagers<br />

im Boberhaus unter Mithilfe Rosenstocks<br />

veranstaltet, noch das "erste<br />

norddeutsche Arbeitslager für Arbeiter,<br />

Bauern und Studenten" statt, es<br />

folgten im Frühjahr 1931 trotz der<br />

durch <strong>die</strong> Wirtschaftskrise erschwerten<br />

Bedingungen, zwei weitere Lager<br />

in Brandenburg. Auch in Hessen, Bayern<br />

und im Rheinland führte man in<br />

<strong>die</strong>sen Jahren Arbeitslager durch und<br />

knüpfte dabei bewusst an <strong>die</strong> Erfahrungen<br />

im Boberhaus an.<br />

Erwähnt werden soll, dass Hans Raupach<br />

1932 aus Mitteln der Abraham-<br />

Lincoln-Foundation, zu deren Beratern<br />

auch <strong>Reichwein</strong>, Hans Simons und C.H.<br />

Becker gehörten, <strong>die</strong> Möglichkeit erhielt,<br />

in Berlin eine „Mittelstelle für<br />

Arbeits<strong>die</strong>nst in Volkslagern“ aufzubauen,<br />

mit der <strong>die</strong> Arbeitslagerbewegung<br />

koordiniert werden sollte – leider<br />

zu spät, denn der Charakter der<br />

bündischen und pädagogischen Lagerbewegung<br />

begann sich bereits deutlich<br />

in Richtung auf den Freiwilligen<br />

Arbeits<strong>die</strong>nst zu verschieben, was sich<br />

nicht nur auf <strong>die</strong> Zusammensetzung<br />

der Teilnehmerschaft auswirkte, son-<br />

12 Rosenstocks Meinung vom bildnerischen Engagement<br />

der Jugendbewegung scheint ein wenig<br />

herablassend gewesen zu sein. So schreibt<br />

er in seinem erwähnten Buch „Ein Arbeitslager...(1931)“,<br />

dass er mit seiner Arbeit <strong>die</strong> bündischen<br />

Arbeitslager „aus dem Hag gelassener<br />

Muße herausgenommen“ habe. Diese Äußerung<br />

hatte viel Unmut erzeugt.<br />

dern auch eine Verschiebung zu Gunsten<br />

des körperlichen Arbeitens bedeutete..<br />

Die Lage des Boberhauses<br />

verschlechterte<br />

sich zusehends.<br />

1933 wurde das Haus<br />

vom Reichskommissar<br />

für den freiwilligen<br />

Arbeits<strong>die</strong>nst zu einer<br />

der Führerschulen bestimmt.<br />

Der letzte reguläre<br />

Lehrgang des<br />

Boberhauses endete<br />

im April 1933, dem<br />

Jahr, in dem Rosenstock<br />

Deutschland<br />

verließ und in <strong>die</strong> USA<br />

emigrierte. Es hat<br />

dann zwar noch weitere Bildungs- und<br />

Schulungsveranstaltungen unter NS-<br />

Bedingungen gegeben, aber <strong>die</strong>ses<br />

fällt nicht mehr unter das Thema<br />

"freie Volksbildung".<br />

1937 enteigneten <strong>die</strong> Nazis das Haus.<br />

Bei den Kämpfen um Löwenberg wurde<br />

das Boberhaus, in dem zuletzt lothringische<br />

Zwangsarbeiter gewohnt<br />

hatten, Anfang Februar 1945 von einer<br />

sowjetischen Artilleriegranate getroffen,<br />

in dem Versuch, <strong>die</strong> benachbarte<br />

Chemiefabrik zu zerstören. Um<br />

Baumaterial zum Wiederaufbau Löwenbergs<br />

zu gewinnen, trug man das<br />

brandgeschädigte Haus nach zunehmendem<br />

Verfall bald bis auf <strong>die</strong> beiden<br />

Sockelgeschosse ab und machte<br />

es endgültig zur Ruine. Das Grundstück<br />

steht heute in Privatbesitz. 13<br />

Beispiel 2: „Geistige Kolonisierung<br />

des Ostraumes“ - Ein Heim für <strong>die</strong><br />

Musik<br />

Was vom Boberhaus blieb.<br />

Ganz anders <strong>die</strong> Geschichte des Musikheims.<br />

Hier begegnet uns eine<br />

staatliche Einrichtung mit eigens errichtetem<br />

neuen Gebäude. Drei Persönlichkeiten<br />

sind hier prägend: Georg<br />

Götsch, Carl Heinrich Becker – der sich<br />

selbst auch als einer der Väter des<br />

Boberhauses bezeichnete, und der<br />

13 Wrzesiński, Szymon: Pełen tajemnic Dom nad<br />

Bobrem; http://facet.interia.pl/<br />

Engländers Rolf Gardiner 14 . Letzterer,<br />

weil er von Anfang an das Haus als<br />

Ideengeber, Mitveranstalter und Vermittler<br />

begleitete. Vor allem durch<br />

seine Austauschreisen deutscher und<br />

englischer Gruppen hat er zu einer beträchtlichen<br />

Ausweitung der Aktivitäten<br />

des Musikheims beigetragen.<br />

Georg Götsch<br />

Georg Götsch, Jahrgang 1895, stammt<br />

aus einfachen Verhältnissen. Ohne<br />

Abitur wurde er Volksschullehrer, war<br />

dann Wandervogel und Wandervogelführer<br />

und wurde zu einer bedeutenden<br />

Persönlichkeit der deutschen Jugendbewegung<br />

und der Jugendmusikbewegung.<br />

Kriegsfreiwilliger, Kriegsge-<br />

14<br />

Georg Götsch: Lebenszeichen. Zeugnisse eines<br />

Weges. Hrsg. von Erich Bitterhof. Wolfenbüttel:<br />

Möseler 1969; 356 S.<br />

Foto: Szymon Wrzesiński

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