„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein
„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein
„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
eichwein forum Nr. 17/18 Mai 2012<br />
38<br />
3. „Vorschlag für <strong>die</strong> Wiedereinführung<br />
der Volkskunde als Nebenfach<br />
in <strong>die</strong> Prüfung für das höhere Lehrfach“<br />
vom 4.2.1941<br />
Das Dokument ist etwas über 7 Seiten<br />
lang und von <strong>Reichwein</strong> signiert. Es<br />
besteht aus zwei Teilen, einer zweieinhalbseitigen<br />
Einleitung von <strong>Adolf</strong><br />
<strong>Reichwein</strong>, in der er sich persönlich,<br />
mit eigenen Worten für <strong>die</strong> Wiedereinführung<br />
der Volkskunde als ein<br />
weiteres Nebenfach in das 1. Staatsexamen<br />
für Sekundarschullehrer einsetzt,<br />
und einem zweiten Teil von 4 ½<br />
Seiten, auf denen <strong>Reichwein</strong> fortlaufend<br />
wörtlich aus den Unterrichtsrichtlinien<br />
für „Volksschulen“ und<br />
„Höhere Schulen“ der Jahre 1938 und<br />
1939 zitiert, um sein Anliegen zu begründen<br />
und zu untermauern, und<br />
zwar gegliedert nach Schulfächern<br />
und Klassenstufen. Die Richtlinien für<br />
Volksschulen wurden von <strong>Reichwein</strong><br />
deshalb herangezogen, weil in ihnen<br />
<strong>die</strong> Voraussetzungen für <strong>die</strong> höheren<br />
Schulen geschaffen werden. Unklar<br />
bleibt, ob <strong>die</strong> Volkskunde als fakultatives<br />
oder als obligatorisches „Nebenfach“<br />
eingeführt werden sollte und ob<br />
sie ein Fach neben den anderen<br />
Schulfächern oder ein Fach innerhalb<br />
des sog. Philosophicums, d.h. des pädagogischen<br />
Teils des 1. Staatsexamens<br />
sein sollte.<br />
Die erstaunlich häufige Erwähnung<br />
volkskundlicher Bezüge in den Richtlinien<br />
von 1938 und 1939, <strong>die</strong> <strong>Reichwein</strong><br />
hier zusammenstellte, geht natürlich<br />
nicht auf sein Konto, sondern<br />
geht auf <strong>die</strong> NS-ideologische Begründung<br />
<strong>die</strong>ser Richtlinien zurück. Er hat<br />
sie aber gezielt zur Begründung seines<br />
Anliegens in <strong>die</strong>ser Antragsschrift benutzt.<br />
Ob <strong>die</strong>ses Anliegen und <strong>die</strong>se<br />
Denkschrift von ihm selbst ausging,<br />
oder ob es sich um <strong>die</strong> Auftragsarbeit<br />
eines Vorgesetzten handelte, muss<br />
hier offen bleiben. Eine solche Zitatensammlung<br />
und „Fleißarbeit“ gehört<br />
ansonsten nicht zu den Formen,<br />
in denen sich <strong>Reichwein</strong> schriftlich<br />
äußerte.<br />
4. „Vermerk! Betreffend: Handwerkliche<br />
Schulung im Warthegau, Besprechung<br />
vom 24.6.42“<br />
Das Dokument ist eine Seite lang und<br />
unsigniert. Es handelt sich um eine<br />
gegenstands- und themenbezogene<br />
Zusammenfassung eines Gesprächs,<br />
nicht um ein Protokoll, in dem <strong>die</strong><br />
Teilnehmer und einzelne Redebeiträge<br />
oder personenbezogene Positionen<br />
erwähnt würden. Ob sie von<br />
<strong>Reichwein</strong> stammt oder von einem<br />
anderen Teilnehmer, bleibt zunächst<br />
unklar. Jedenfalls ging es offenbar<br />
um den Beginn der volkskundlichen<br />
Arbeit <strong>Reichwein</strong>s im<br />
Warthegau. Entscheidend ist<br />
am Ende der einführenden<br />
Feststellungen der Satz: „Herr<br />
Prof. <strong>Reichwein</strong>, Berlin C 5, Unter<br />
den Linden 5 – hat sich auf<br />
Wunsch des Höh. SS- und<br />
Pol.führers, SS-Obergrup-penführer<br />
Koppe, bereit erklärt, <strong>die</strong><br />
Leitung und Oberaufsicht über<br />
<strong>die</strong> gesamte handwerkliche<br />
Schulung im Gau … zu übernehmen.<br />
Die Kosten wird <strong>die</strong> Dienststelle des<br />
Reichskommissars f.d.F.d.V. tragen“.<br />
Die Art, wie <strong>Reichwein</strong> hier eingeführt<br />
wird, spricht dafür, dass der „Vermerk“<br />
nicht von ihm verfasst wurde.<br />
Hier wird also der SS-Obergruppenführer<br />
Koppe (Vorname unbekannt)<br />
erstmals namentlich erwähnt,<br />
und zugleich wird darauf hingewiesen,<br />
dass er auch ein höherer oder<br />
der höchste Polizeiführer im<br />
Warthegau war. In beiden Funktionen<br />
war er wohl dem damaligen<br />
„Reichskommissar f.d.F.d.V“ unterstellt.<br />
Der „Reichskommissar<br />
f.d.F.d.V.“ war, wie sich später ergibt,<br />
„für <strong>die</strong> Festigung deutschen Volkstums“<br />
zuständig und, nach Auskunft<br />
von Christine Hohmann (S.175, Anm.<br />
311) niemand anderes als Heinrich<br />
Himmler. Eine seiner Dienststellen<br />
befand sich in Posen.<br />
Der Vermerk geht im übrigen nur auf<br />
„unsere (volksdeutschen) Umsiedler“<br />
und auf <strong>die</strong> im Warthegau ansässigen<br />
deutschen Bauern ein, <strong>die</strong> polnischen<br />
und jüdischen Einheimischen werden<br />
nicht erwähnt. Was mit ihnen im Juni<br />
1942 bereits geschah, wird von Christine<br />
Hohmann (S.173 f.) geschildert.<br />
Insgesamt geht es in dem Vermerk<br />
darum, mit den Umsiedlern durch<br />
Heimarbeit eine neue „Warthegau-<br />
Heimkunst zu schaffen“, um sie „auf<br />
das allgemeine Niveau des dt. Bauern<br />
zu heben“ und sie so in den<br />
Warthegau zu integrieren. Als hilfreiche<br />
und unterstützende NS-<br />
Organisationen werden genannt: der<br />
BDM, der Arbeits<strong>die</strong>nst und <strong>die</strong><br />
„Land<strong>die</strong>nstmädel“.<br />
Warthegau<br />
Am Ende werden als nächste Aufga<br />
ben genannt:<br />
1. <strong>die</strong> Ausbildung entsprechender<br />
Lehrkräfte in 10-tägigen Kursen im<br />
August und September durch Fachleute,<br />
<strong>die</strong> von Prof. <strong>Reichwein</strong> zur Verfügung<br />
gestellt werden, wobei <strong>die</strong><br />
Lehrkräfte Volksschullehrerinnen sowie<br />
Arbeits<strong>die</strong>nst- und BDM-<br />
Führerinnen sein sollen;<br />
2. <strong>die</strong> Zusammenstellung einer Wanderausstellung<br />
„mit ausgesucht schönen<br />
dt. Gebrauchs-gegenständen für<br />
den bäuerlichen Haushalt“, <strong>die</strong> von<br />
Prof. <strong>Reichwein</strong> aufgebaut und im<br />
ganzen Warthegau gezeigt werden<br />
soll.<br />
5. „Besprechung mit SS Obergruppenführer<br />
Koppe (Obergruppe Wartheland)<br />
in Posen 24. Juni“<br />
Dieses Dokument ist eine Seite lang<br />
und von <strong>Reichwein</strong> am 25.6. unterzeichnet.<br />
Offenbar handelt es sich um<br />
<strong>die</strong>selbe Besprechung am 24.6.1942<br />
in Posen, <strong>die</strong> bereits in dem vorigen<br />
„Vermerk“ dokumentiert wurde, denn<br />
es ist inhaltlich von den gleichen Dingen<br />
und Themen <strong>die</strong> Rede, <strong>die</strong>smal in