„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein
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eichwein forum Nr. 17/18 Mai 2012<br />
68<br />
zahl für Saisonarbeiten bereitgestellt<br />
wurden.<br />
Der vierte Teil der Schrift orientiert<br />
zunächst über <strong>die</strong> in einem Bezirk des<br />
australischen Staates Südwales voranschreitende<br />
Rassenmischung zwischen<br />
der Urbevölkerung und den<br />
Weißen. Danach ist statistisch belegt,<br />
dass sich dort in einem vierzigjährigen<br />
Zeitraum das Anfangsverhältnis von<br />
5:1 auf 1:6 verschoben hat. Davon<br />
lässt sich, so <strong>Reichwein</strong>, ableiten, dass<br />
sich <strong>die</strong> unterentwickelte Ethnie der<br />
zivilisatorisch überlegenen angeglichen<br />
hat.<br />
Der anschließende Text widmet sich<br />
der Frankreichkunde, nachdem <strong>die</strong>se<br />
im Mittelpunkt einer von der<br />
Deutsch-Französischen Gesellschaft<br />
veranstalteten Woche gestanden hat<br />
und <strong>die</strong> Erkenntnis reifen ließ, dass<br />
von den gut freundschaftlichen Beziehungen<br />
zwischen beiden europäischen<br />
Großstaaten „<strong>die</strong> Zukunft des<br />
Kontinents überhaupt abhängt“.<br />
Darüber hinaus wurden in Verbindung<br />
mit <strong>die</strong>ser Woche viele wertvolle Aussagen<br />
zu Mentalität und Kultur und<br />
zum tieferen Verstehen des französischen<br />
Volkes getroffen.<br />
Unter Zwischenüberschriften informieren<br />
alle zur Anthropogeographie<br />
erschienenen Teile über durchgeführte<br />
Kongresse, Tagungen und Forschungsreisen,<br />
ferner zu Neugründungen<br />
und anerkennenswerten Leistungen<br />
wissenschaftlicher Einrichtungen,<br />
des weiteren über beachtenswerte<br />
Neuerscheinungen und schließlich<br />
über personelle Veränderungen<br />
auf <strong>die</strong>sem Fachgebiet und im Umkreis<br />
anderer dafür wichtiger Disziplinen.<br />
Der in den Band einbezogene Dokumententeil<br />
enthält zuerst Auszüge aus<br />
den Arbeits- bzw. Lehrplänen der<br />
Volkshochschule Jena, <strong>die</strong> während<br />
der gesamten Zeitspanne des Wirkens<br />
<strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong>s in Jena von 1923 bis<br />
1929 für <strong>die</strong> einzelnen Lehrabschnitte<br />
erschienen sind. Dazu ist noch anzumerken,<br />
dass das Lehrjahr 3 jeweils<br />
dreimonatige Lehrabschnitte umfasste.<br />
<strong>Reichwein</strong>s Volkshochschullehrtätigkeit<br />
war sehr umfangreich und erstreckte<br />
sich auf alle der Volkshochschule<br />
zugehörigen Bestandteile. Im<br />
Rahmen der traditionellen Volkshochschule<br />
waren seine Kurse dem Sachgebiet<br />
„Wirtschaft, Staat, Gesellschaft“<br />
zugeordnet, das später noch<br />
um Landes- und Volkskunde erweitert<br />
wurde. Die inhaltlichen Schwerpunkte<br />
widmeten sich aktuellen wirtschaftlichen<br />
und politischen Entwicklungen,<br />
<strong>die</strong>nten der Schulung des politischen<br />
Denkens, befassten sich mit dem Wirken<br />
namhafter Reformer der kapitalistischen<br />
Wirtschaft, vermittelten Erkenntnisse<br />
seiner rohstoffwirtschaftlichen<br />
Forschung und auf seiner Weltreise<br />
gewonnene länderkundliche<br />
Einsichten. Ferner informierten <strong>die</strong><br />
Lehrplanauszüge über gemeinsame<br />
Veranstaltungen wie Aussprachen<br />
und Feiern, <strong>die</strong> der Jugendvolkshochschule,<br />
dem Volkshochschulheim und<br />
der Wirtschaftschule gestellten Aufgaben<br />
und <strong>die</strong> dafür vorgesehenen<br />
Stoffplanungen. Zudem unterrichten<br />
sie über zeltlagermäßige Wochenendveranstaltungen,<br />
offene Abende und<br />
Wochenendfeiern im Volkshochschulheim<br />
sowie über Vorbereitungen<br />
zur Balkanfahrt 1929.<br />
In der Gesamtsicht auf das Wirken<br />
Reihweins an der Volkshochschule Jena<br />
lässt sich feststellen, dass es von<br />
hoher Originalität und äußerster Aktivität<br />
geprägt war.<br />
Unter den in den Band einbezogenen<br />
Zeitungsbeiträgen sind besonders <strong>die</strong><br />
anonym erschienene Schrift „Arbeiter<br />
und Volkshochschule“ und ein später<br />
veröffentlichter Nachsatz beachtenswert.<br />
Er stammt von August Siemsen<br />
und lässt darauf schließen, dass auch<br />
der Anonym-Artikel von ihm war. In<br />
der Erstschrift wird den Volkshochschulen<br />
vorgeworfen, dass deren Besucher<br />
aus der Jungarbeiterschaft von<br />
ihren Klasseninteressen abgelenkt<br />
und dem Kampf ihrer Klasse entzogen<br />
werden. In <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />
werden auch Empfehlungen zum Besuch<br />
einiger „unbedenklich“ erscheinender<br />
Kurse erteilt. Ein weiterer<br />
1929 erschienener Zeitungsartikel informiert<br />
zum ersten Schwerpunkt<br />
über <strong>die</strong> Gesamtheit der Angebote,<br />
<strong>die</strong> im Dienst der „Erziehung der Jugend<br />
zum Staatsbürgertum“ <strong>die</strong> erforderliche<br />
Sachkunde zum Eindringen<br />
in politische Sachverhalte vermitteln.<br />
Zu einem zweiten Schwerpunkt<br />
wird über den Jahresverlauf der<br />
Volkshochschule <strong>die</strong> Bilanz in inhaltlicher<br />
und finanzieller Hinsicht gezogen.<br />
Ein weiterer von August Siemsen<br />
verfasster Zeitungsartikel gab eine<br />
ausführliche Information über <strong>die</strong><br />
Zehnjahrfeier des Thüringer Volkshochschulverbandes<br />
und der Volkshochschule<br />
Jena und hauptsächlich<br />
über den Inhalt des von Prof. Keßler<br />
aus Leipzig gehaltenen Vortrages. Darin<br />
legte er sowohl deren Aufgaben<br />
dar und verwies auf deren Grenzen,<br />
<strong>die</strong> außer den verfügbaren Mitteln<br />
vor allem ihr Unvermögen zur sozialen<br />
Versöhnung betreffen. Am wichtigsten<br />
war darin <strong>die</strong> Feststellung,<br />
dass das auf <strong>die</strong> Bildung einer Lebensgemeinschaft<br />
gerichtete Ziel der<br />
Volkshochschule unerreichbar ist, solange<br />
Klassengegensätze bestehen.<br />
Otto Haase, damals Leiter der Trüperschen<br />
Erziehungsheime auf der Sophienhöhe<br />
in Jena, berichtete in der<br />
Erinnerungsschrift „Die Begegnung“<br />
über das erste Zusammentreffen mit<br />
<strong>Reichwein</strong>, als <strong>die</strong>ser bei ihm vorsprach<br />
und ihn zur Mitarbeit an der<br />
Volkshochschule zu Fragen der „Menschenführung<br />
und Menschenbehandlung“<br />
gewinnen wollte. Aus <strong>die</strong>ser<br />
Schrift seien einige Passagen angeführt,<br />
in denen Haase das von seinem<br />
Gesprächspartner gewonnene Menschenbild<br />
einfängt. „Genau so hast du<br />
dir <strong>die</strong>sen Mann vorgestellt, in jedem<br />
Satz und in jeder Geste er selbst, bestimmt,<br />
liebenswürdig, klug, gesund<br />
und vor allem gewinnend, bis zur<br />
Entwaffnung gewinnend.“ - „Wie<br />
packt <strong>die</strong>ser Mensch <strong>die</strong> Sprache an<br />
.... und wie rasch dringt er in ihre Hintergründe<br />
vor, geschmeidig und sicher,<br />
vorsichtig und einprägsam ... Es<br />
war ein bis ins Letzte gebildetes<br />
Deutsch.“ - „Ich weiß nicht mehr, wie<br />
<strong>die</strong> Unterhaltung weiterlief. Ich weiß<br />
nur noch, daß mich allein der Mensch<br />
interessierte, der etwas von mir wollte,<br />
wozu ich längst im Innern ja gesagt<br />
hatte.“<br />
Dem Ende des vorletzten Absatzes ist