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„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein

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eichwein forum Nr. 17/18 Mai 2012<br />

5<br />

Prof. Vanja zu Beginn und er sollte<br />

Recht behalten. Wir waren schnell ein<br />

richtiger Chor. Ich war begeistert.<br />

Auch wenn <strong>die</strong> Zeit für Gespräche mit<br />

den Geschwistern <strong>Reichwein</strong> am Rande<br />

der Veranstaltung begrenzt<br />

war,bin ich doch von der Begegnung<br />

beeindruckt nach Hause gefahren und<br />

hoffe, <strong>die</strong> Zukunft möge uns noch<br />

weitere Möglichkeiten der Begegnung<br />

bieten.Von der ARS Friedberg und<br />

meiner Kollegin Direktorin Dorothee<br />

Hantschel nehme ich dankbar <strong>die</strong> Anregung<br />

mit, einmal im Jahr einen Projekttag<br />

zu gestalten, zu dessen<br />

Schwerpunkten auch das Leben und<br />

Werk <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong>s gehört.<br />

Und vielleicht können wir im Herbst<br />

2012 <strong>die</strong> Kinder <strong>Reichwein</strong>s und andere<br />

Mitglieder des <strong>Verein</strong>s im Rahmen<br />

unseres Jubiläumsjahres als Gäste an<br />

unserer ARS begrüßen. Sabine <strong>Reichwein</strong><br />

hat schon zugesagt, auch wenn<br />

Berlin nicht gerade um <strong>die</strong> Ecke liegt!<br />

Norbert Kissel<br />

Vorträge der Jahrestagung 2011 in Friedberg<br />

Erwachsenenbildung<br />

zwischen<br />

Erstem Weltkrieg und<br />

Nationalsozialismus<br />

Boberhaus in Schlesien<br />

Musikheim in Frankfurt/Oder<br />

Gore Farm/Springhead<br />

in Dorset/GB<br />

Hans-Peter Thun<br />

„Jede Generation hat das göttliche<br />

Recht, <strong>die</strong> Welt neu zu erschaffen“<br />

(Eugen Rosenstock) 1<br />

Ich beschreibe hier skizzenhaft drei<br />

Erwachsenenbildungseinrichtungen<br />

der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts,<br />

<strong>die</strong> wir leider nur als unvollendete<br />

Projekte ansehen können,<br />

denn ihre Arbeit war nicht nur auf unterschiedliche<br />

Beweggründe und Konzepte<br />

zurückzuführen, sondern wurde<br />

auch schon nach wenigen Jahren von<br />

der politischen Wirklichkeit zunichte<br />

gemacht, und <strong>die</strong> ihnen zugrunde liegenden<br />

Theorien der Volksbildung<br />

konnten nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

in ihren ursprünglichen Linien nicht<br />

1 zitiert von Rolf Gardiner als Motto seines<br />

Buchs „England Herself“<br />

wieder aufgenommen werden. Wir<br />

wissen nicht, was aus ihnen hätte<br />

werden können.<br />

Umbrüche<br />

Ein solches Thema kann nicht ohne<br />

seine geschichtlichen Bezüge dargestellt<br />

werden. Ich weise daher auf <strong>die</strong><br />

markanten gesellschaftlichen und industriellen<br />

Veränderungen in Deutschland<br />

seit Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

hin:<br />

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

steht Deutschland in einer Umbruchsituation,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Anpassungsfähigkeit<br />

vieler Menschen überfordert<br />

und beschreibende Zeitgenossen wie<br />

auch rückblickende Historiker zu dramatischen<br />

Formulierungen greifen<br />

lässt.<br />

Stichworte: Industrialisierung, Urbanisierung,<br />

Technisierung, Maschinenarbeit,<br />

Rationalisierung, Massengesellschaft.<br />

Die Märzrevolution von 1848<br />

läutete in Deutschland den Niedergang<br />

der Monarchie und ihrer Werte<br />

ein und den ersten Versuch, eine neue<br />

Gesellschaft nach den Regeln einer<br />

vom Volk bestimmten Demokratie zu<br />

schaffen, der dann knapp hundert Jahre<br />

später im Nationalsozialismus<br />

scheiterte.<br />

Die Industrialisierung setzte in<br />

Deutschland später ein, als in anderen<br />

Ländern, wie z.B. in England, das quasi<br />

100 Jahre Vorsprung und Erfahrung<br />

hatte, und überforderte so in ihrer<br />

Entwicklungsgeschwindigkeit <strong>die</strong> Gesellschaft<br />

umso mehr. Das Leben<br />

wandelt sich rapide. Immer neue<br />

technische Erfindungen und Modernisierungen<br />

verändern den Alltag der<br />

Menschen.<br />

Die Zahl der Einwohner des Deutschen<br />

Reiches steigt seit 1850 innerhalb von<br />

60 Jahren von 35 auf 61 Millionen.<br />

1850 lebten in Deutschland nur 5%<br />

der Bevölkerung in Großstädten, 1910<br />

bereits 24%. 2<br />

Kleine Städte wurden zu Großstädten,<br />

an den Rändern fransten sie hässlich<br />

zu industriell geprägten Vorstädten<br />

aus. Industrieunternehmen entstanden,<br />

<strong>die</strong> ihren Arbeitern oft extreme<br />

Arbeitsbedingungen zumuteten. Menschen<br />

und Familien, deren Leben bisher<br />

vom Kleinstädtischen und Ländlichen<br />

geprägt war, lebten nun ein anonymes<br />

und naturfernes Leben in der<br />

Großstadt. Eine allgemeine Landflucht<br />

ließ, wie bereits zuvor in England beobachtet,<br />

nicht nur <strong>die</strong> Bedeutung der<br />

Landwirtschaft abnehmen, sondern<br />

auch ländliche Betriebe schrumpfen,<br />

wenn nicht gar veröden und mit ihnen<br />

ganze Landschaften. Mehr oder weniger<br />

agrarisch geprägte Regionen wurden<br />

in kurzer Zeit moderne Industriegebiete.<br />

Was dem Menschen einst<br />

Halt gegeben hatte, löste sich für ihn<br />

auf, Familien- oder Dorfverbände verloren<br />

an Bedeutung.<br />

Dieses, und <strong>die</strong> schlechten Arbeitsund<br />

Lebensbedingungen der neuen<br />

und stetig wachsenden Gesellschaftsschicht<br />

der Industriearbeiter, bedingten<br />

soziale Probleme in den Ballungsgebieten.<br />

Die Verödung ländlicher Re-<br />

2 Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung:<br />

1848 - 1949, ein Jahrhundert der deutschen Geschichte<br />

(CD-ROM)

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