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„Richte immer die Gedanken... - Adolf-Reichwein-Verein

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eichwein forum Nr. 17/18 Mai 2012<br />

69<br />

eindeutig zu entnehmen, dass <strong>die</strong>ser<br />

Artikel erst nach der Hinrichtung<br />

<strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong>s als Widerstandskämpfer<br />

durch den Nationalsozialismus<br />

entstanden ist. 1927 ist Haase<br />

erstmalig zum Vorsitzenden im Vorstand<br />

der Jenaer Volkshochschule<br />

gewählt worden. Ein zweiter Beitrag<br />

von Otto Haase mit dem Titel „Die<br />

Amerikafahrt und <strong>die</strong> Volkshochschule“<br />

verweist anfangs auf einen weiteren<br />

Besuch <strong>Reichwein</strong>s auf der Sophienhöhe<br />

zusammen mit dem damals<br />

zwar noch jungen, aber schon<br />

weithin bekannten Physiker Heisenberg.<br />

Dieses Treffen bot <strong>die</strong> Gelegenheit,<br />

Heisenbergs Vortragsreihe zum<br />

philosophischen Fundament naturwissenschaftlicher<br />

Erkenntnis mit der<br />

des Gastgebers über Menschenkenntnis<br />

abzustimmen, <strong>die</strong> beide<br />

recht erfolgreich abliefen. Um für <strong>die</strong><br />

von <strong>Reichwein</strong> geplante Weltreise <strong>die</strong><br />

Leitung der Jenaer Volkshochschule in<br />

guten Händen zu wissen, hatte er für<br />

<strong>die</strong> Vertretung <strong>die</strong>ses Amtes Otto<br />

Haase vorgesehen.<br />

Die während der Abwesenheit <strong>Reichwein</strong>s<br />

in Jena grassierende Ungewissheit<br />

über dessen Verbleiben hatte sogar<br />

zur Folge, dass eine Vorstandssitzung<br />

der Volkshochschule einberufen<br />

wurde, um <strong>die</strong> aufgeregten Gemüter<br />

zu beruhigen. Nur den wenigsten war<br />

bekannt, dass er auf der großen Reise<br />

jede freie Minute zur Fertigstellung<br />

seines wissenschaftlichen Hauptwerkes<br />

benutzte. Die Sorge der Jenaer<br />

um <strong>Reichwein</strong> war indessen nicht<br />

ganz begründet, befindet sich doch<br />

unter den abgedruckten Dokumenten<br />

ein Brief vom Januar 1927 an den<br />

damals in Jena sehr bekannten Dr.<br />

Herbert Koch, worin er über seine Tätigkeit<br />

auf dem Schiff, <strong>die</strong> während<br />

der Seefahrt aufgenommenen Eindrücke,<br />

ferner über <strong>die</strong> dem Entwicklungsstand<br />

nach sehr unterschiedlichen<br />

wirtschaftlichen Verhältnisse berichtet<br />

und sich nach dem Helferkreis<br />

erkundigt, dem er bei <strong>die</strong>ser Gelegenheit<br />

seine Grüße übermittelt.<br />

Unter den abgedruckten Dokumenten<br />

befinden sich auch mehrere im Umfang<br />

ganz unterschiedliche Rezensionen<br />

zu <strong>Reichwein</strong>s Buch „Die Rohstoffwirtschaft<br />

der Erde“. Insgesamt<br />

erfuhr das Buch trotz unterschiedlicher<br />

Betrachtungsstandpunkte und<br />

Herangehensweisen eine sehr positive<br />

Bewertung im Hinblick auf <strong>die</strong> Herausbildung<br />

einer Weltwirtschaft. Es<br />

bietet eine Übersicht über den großen<br />

Reichtum des Rohstoffvorkommens<br />

auf der Erde, geht auf <strong>die</strong> Einzelgebiete<br />

des Wirtschaftsganzen ein, gibt<br />

Auskunft über „Entwicklungstendenzen<br />

der einzelnen Produktionszweige<br />

und Ländergebiete“, betont <strong>die</strong> Tendenz<br />

zur Monopolbildung für bestimmte<br />

Rohstoffvorkommen, verweist<br />

auf <strong>die</strong> rasante wirtschaftliche<br />

Entwicklung in den <strong>Verein</strong>igten Staaten,<br />

auf <strong>die</strong> Konfliktträchtigkeit wirtschaftlicher<br />

Vormachtstellungen und<br />

auf <strong>die</strong> Möglichkeit rationeller Nutzung<br />

der Rohstoffe mit Hilfe wissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse. Beachtenswert<br />

sind auch <strong>die</strong> Feststellungen,<br />

wonach Deutschland hinsichtlich der<br />

Kontrolle über Rohstoffe kraftlos ist,<br />

dass in <strong>Reichwein</strong>s Buch <strong>die</strong> soziale<br />

Frage unbeachtet blieb und darin auf<br />

<strong>die</strong> produktionssteigernde künstliche<br />

Bewässerung und Düngung eingegangen<br />

wurde.<br />

Von großem Wert unter den in den<br />

Band aufgenommenen Dokumenten<br />

sind <strong>die</strong> Beiträge ehemaliger Teilnehmer<br />

der Volkshochschule Jena, <strong>die</strong><br />

sich auf <strong>die</strong> Wirtschaftsschule, <strong>die</strong> Jugendvolkshochschule,<br />

das Volkshochschulheim<br />

und <strong>die</strong> Balkanreise beziehen.<br />

Den Berichten zufolge wurde <strong>die</strong><br />

Wirtschaftschule mit einer Sonderwoche<br />

zu Hauptproblemen des Arbeitsrechts<br />

begonnen. Fortgesetzt wurde<br />

sie mit zwei von Professoren in „Arbeitsgemeinschaften“<br />

gehaltenen<br />

Vortragsfolgen zur Wirtschaftsgeschichte<br />

und Betriebslehre, zu denen<br />

auch <strong>die</strong> behandelten Teilgebiete angeführt<br />

wurden. Nach dem Urteil der<br />

Teilnehmer war für sie und ihre Tätigkeit<br />

als „Partei- und Gewerkschaftsfunktionär“<br />

<strong>die</strong> Wirtschaftsschule von<br />

großem Gewinn.<br />

Die Teilnehmerberichte über den Besuch<br />

der Jugendvolkshochschule bestätigen<br />

das über ihre Tätigkeit an<br />

früherer Stelle schon Ausgeführte.<br />

Neu ist darin <strong>die</strong> Schilderung über <strong>die</strong><br />

im Winter bei Schnee und Kälte unternommene<br />

Fahrt zum Thüringer<br />

Wald, um sich dort mit der wirtschaftlichen<br />

Lage der Heimarbeiter vertraut<br />

zu machen, den Glasbläsern bei der<br />

Arbeit zuzusehen, <strong>die</strong> kleine Fläschchen,<br />

allerhand Getier und Christbaumschmuck<br />

herstellten. Ein Museumsbesuch<br />

in Lauscha sollte Einblick<br />

in <strong>die</strong> Entwicklung <strong>die</strong>ser Art der<br />

Glasverarbeitung geben, während <strong>die</strong><br />

Besichtigung des Sonneberger Spielzeugmuseums<br />

mit der Entwicklung<br />

der Spielwarenindustrie vertraut machen<br />

sollte.<br />

Auf der Rückfahrt vom Thüringer<br />

Wald wurde dem Volkshochschulheim<br />

in Dreißigacker ein Besuch abgestattet<br />

und in Zella-Mehlis im Mercedes-<br />

Werk der Herstellungsprozess von<br />

Schreibmaschinen verfolgt.<br />

Zwei Beiträge über das Volkshochschulheim<br />

als „Bildungsstätte für junge<br />

Arbeiter“ wurden von Teilnehmern<br />

des ersten Heimlehrganges verfasst.<br />

Abgesehen von der an früherer Stelle<br />

schon erläuterten Unterrichtstätigkeit<br />

in <strong>die</strong>sem Heim benennen beide <strong>die</strong><br />

verschiedenartigen Schwierigkeiten in<br />

<strong>die</strong>ser Anfangsphase, <strong>die</strong> sowohl <strong>die</strong><br />

wirtschaftliche Lage des Heims als<br />

auch das Verstehen untereinander im<br />

Zusammenleben der Heimbesatzung<br />

betrafen. Das wichtigste Fazit des<br />

Heimbesuchs besteht jedoch darin,<br />

dass er der Persönlichkeitsentwicklung<br />

jedes einzelnen sehr ge<strong>die</strong>nt hat.<br />

Zwei Beiträge, deren Verfasser ein am<br />

Volkshochschulheim tätiger Assistent<br />

<strong>Reichwein</strong>s war, berichten über <strong>die</strong><br />

mehrwöchige Reise mit „Rucksack<br />

und Zelt“ zum Balkan, an der außer<br />

den Heimschülern des Lehrgangs<br />

1928/29 drei weitere aus Zeissarbeitern<br />

und Studenten bestehende<br />

Gruppen teilnahmen. Jede der vier<br />

Gruppen musste ein anderes südeuropäisches<br />

Land durchqueren und hat<br />

dabei manch Abenteuerliches erlebt.<br />

Gemeinsam trafen sie sich in Varna.<br />

Wesentlich für <strong>die</strong> Bilanzierung der<br />

Reise ist <strong>die</strong> Feststellung, dass Anschauung<br />

und Kenntnis vom südeuropäischen<br />

Raum gewonnen wurde,<br />

man auf dem Balkan auf eine andere

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