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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2014-04-19 (Vorschau)

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Herr Müller, Sie haben die vornehme<br />

Aufgabe, den Steuerzahler davor zu bewahren,<br />

dass er die Milliarden-Folgekosten<br />

des deutschen Steinkohlebergbaus<br />

bezahlen muss. Reicht das Vermögen, das<br />

die RAG-Stiftung dazu besitzt?<br />

Nach heutigem Stand betragen die Verpflichtungen<br />

der Ewigkeitslasten der RAG-<br />

Stiftung Ende 2018, wenn die letzte Zeche<br />

hierzulande geschlossen wird, rund 18<br />

Milliarden Euro. Wir haben heute einen<br />

Kapitalstock von rund 13,4 Milliarden Euro,<br />

davon – Stand Anfang April – neun Milliarden<br />

Euro in Aktien des Evonik-Konzerns,<br />

an dem wir rund 68 Prozent besitzen.<br />

Der Rest sind unsere 30-prozentige<br />

Beteiligung an der Immobilienfirma Vivawest<br />

sowie unser breit gestreutes Kapitalanlagen-Portfolio.<br />

Kann der deutsche Steuerzahler sicher<br />

sein, dass Sie bis Ende 2018 die erforderlichen<br />

18 Milliarden Euro zusammenbekommen,<br />

die notwendig sein werden,<br />

um jedes Jahr mindestens 200 Millionen<br />

Euro für das Leerpumpen der Stollen und<br />

für sonstigen Folgeaufwand aufzubringen?<br />

Ich weiß natürlich nicht, wo Anfang 20<strong>19</strong><br />

der Kurs der Evonik-Aktie steht. Ich kann<br />

aber nach allem, was wir heute wissen, sagen,<br />

dass die erwarteten jährlichen <strong>Ausgabe</strong>n<br />

dann mit Sicherheit durch die laufenden<br />

Einnahmen aus dem Vermögen der<br />

RAG-Stiftung gedeckt sind.<br />

Woher nehmen Sie diese Sicherheit?<br />

Durch die niedrigen Zinsen wird Ihr Kapitalstock<br />

doch langsamer wachsen, als es<br />

zum Start der Stiftung 2007 geplant war?<br />

Wir sind beim Aufbau der Stiftung neben<br />

unserer großen Evonik-Beteiligung stark in<br />

sehr sichere Staatspapiere gegangen, die<br />

vor der Finanzkrise schöne Zinsen abwarfen.<br />

Das können wir heute zum Beispiel<br />

mit unserer Dividende von Evonik, die zuletzt<br />

rund 300 Millionen Euro betrug, nicht<br />

mehr tun. Das würde bei den derzeitig<br />

niedrigen Zinsen zu einem Verzehr unseres<br />

Vermögens führen.<br />

Deshalb haben Sie angekündigt, Anteile<br />

an mittelständischen Unternehmen in<br />

Deutschland und Österreich erwerben zu<br />

wollen. Wie weit sind Sie damit?<br />

Aktuell bauen wir die notwendigen Strukturen<br />

auf, um selbst und nicht nur über<br />

Fonds investieren zu können. Einen wichtigen<br />

Schritt haben wir Anfang April mit<br />

der Gründung der RAG-Stiftung Beteiligungsgesellschaft<br />

mbH getan.<br />

Nach welchen Kriterien suchen Sie<br />

Firmen aus, von denen die RAG-Stiftung<br />

Anteile erwerben soll?<br />

Vorsitzender<br />

Jürgen<br />

Großmann<br />

Evonik<br />

Streubesitz<br />

14,2<br />

CVC 17,9<br />

Im Auftrag des Steuerzahlers<br />

Organisation und Beteiligungen der RAG-Stiftung<br />

Kuratorium der RAG-Stiftung<br />

Annegret Wolfgang<br />

Kramp-Karrenbauer Schäuble<br />

Ministerpräsidentifinanzminister,<br />

Bundes-<br />

Saarland, CDU CDU<br />

Werner<br />

Müller<br />

(Vorsitz)<br />

Vorstand<br />

RAGAG<br />

100<br />

Hannelore<br />

Kraft<br />

Minister<br />

präsidentin<br />

NRW, SPD<br />

Bärbel<br />

Bergerhoff-<br />

Wodopia<br />

(Personal)<br />

Beteiligungen der RAG-Stiftung (inProzent)<br />

67,9 RAG-Stiftung<br />

Bergbaugesellschaft<br />

Sigmar<br />

Gabriel<br />

Bundeswirtschaftsminister,SPD<br />

Helmut<br />

Linssen<br />

(Finanzen)<br />

DieRAG-Stiftunghat dieAufgabe,die Folgelasten („Ewigkeitskosten“) des Bergbaus in NRWund<br />

im Saarlandnach 2018 in Höhe vonmindestens200 Millionen Euro jährlich zu finanzieren.<br />

Quelle:RAG-Stiftung, Evonik,Vivawest<br />

Wir suchen Mittelständler mit einem Umsatz<br />

um die 100 Millionen Euro, die in den<br />

Weltmärkten gut positioniert sind. Zusammen<br />

mit dem jeweiligen Eigentümer versuchen<br />

wir, die Entwicklung der Unternehmen<br />

über unsere Beteiligung zu unterstützen.<br />

Wichtig sind uns Firmen, bei denen<br />

man davon ausgehen kann, dass sie in der<br />

Perspektive Weltmarktführer bleiben. Dabei<br />

halten wir zum Beispiel Ausschau nach<br />

Eigentümern im Alter von etwa 50 bis 55<br />

Jahren, die gern noch 10 bis 15 Jahre weitermachen<br />

wollen, aber ihren Kindern<br />

lieber Geld als das Unternehmen vererben.<br />

Wieso sollen solche Unternehmer einer<br />

staatlichen Stiftung mehr vertrauen als<br />

erfahrenen Investoren, die es in genügender<br />

Zahl und Ausprägung gibt?<br />

Weil wir als privatrechtliche Stiftung an<br />

sehr dauerhaften Engagements interessiert<br />

sind. Wir sind somit keine jener Private-<br />

Equity-Firmen, also keine Heuschrecke,<br />

die ein Unternehmen meist finanziell<br />

Kuratoriumsmitglieder (plussiebenweitere ungenannte Mitglieder)<br />

Michael<br />

Vassiliadis<br />

Chef der<br />

IG BCE<br />

Vivawest-Immobilien<br />

IG BCE<br />

26,7<br />

11,0<br />

Evonik<br />

25,0<br />

30,0<br />

RAG-<br />

Stiftung<br />

7,3<br />

RAGAG<br />

Evonik-Pensionstreuhand e.V.<br />

schwächt und nach fünf, sechs Jahren weiterverkaufen<br />

will.<br />

Sucht die RAG-Stiftung selbst nach<br />

Bereitwilligen oder lässt sie suchen?<br />

Beides. Wir setzen auf der einen Seite auf<br />

externe Manager, die für uns gerade einen<br />

Fonds aufbauen, der künftig mittelständische<br />

Unternehmensbeteiligungen enthalten<br />

soll. Dazu haben wir bereits einen<br />

Rechtsmantel namens Maxburg GmbH &<br />

Co. KG. Hierüber haben wir auch bereits<br />

ein erstes Investment getätigt. Es handelt<br />

sich dabei um eine Minderheitsbeteiligung<br />

an dem mittelständischen Pharmaunternehmen<br />

ZellBios mit operativem Sitz in<br />

Deutschland und Produktionsstätten hier<br />

sowie in Italien und der Schweiz. Auf der<br />

anderen Seite haben wir, wie gesagt, die<br />

RAG-Stiftung Beteiligungsgesellschaft, die<br />

ebenfalls in unserem Auftrag in Mittelständler<br />

investieren wird.<br />

Woher hat die RAG-Stiftung Leute,<br />

die das können?<br />

»<br />

WirtschaftsWoche <strong>19</strong>.4.<strong>2014</strong> Nr. 17 53<br />

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