Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2014-04-19 (Vorschau)
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VALLEY TALK | Nach harten Jahren sind Umwelttechnik-<br />
Start-ups bei Investoren wieder beliebt. Nun tun sich<br />
andere Branchen schwer. Von Matthias Hohensee<br />
Sinuskurve der Hoffnung<br />
FOTO: JEFFREY BRAVERMAN FÜR WIRTSCHAFTSWOCHE<br />
Wohl und Wehe der High-<br />
Tech-Branche sind heftigen<br />
Schwankungen unterworfen.<br />
Genau das macht sie für<br />
Investoren interessant. Die Kunst ist nur,<br />
rechtzeitig einzuschätzen, was demnächst<br />
Mode ist. Und auch, wo die Realität dem<br />
Hype den Wind aus den Segeln nimmt.<br />
Auf dieser Sinuskurve der Hoffnungen<br />
bewegte sich Umwelttechnik seit 2011 stetig<br />
nach unten. Die Produktion von Solarmodulen<br />
entpuppte sich als Milliardengrab.<br />
Der Boom alternativer Fördermethoden wie<br />
Fracking für Gas und Öl unterminierte erneuerbare<br />
Energieträger. Wagniskapitalgeber<br />
im Silicon Valley, die mit Internet-Startups<br />
teils in wenigen Monaten ihren Einsatz<br />
vervielfachen, stiegen – wie Andreesen Horowitz<br />
– erst gar nicht in klassisches Cleantech<br />
ein oder schraubten ihre Aktivitäten<br />
zurück, wie Mohr Davidow. Die Misere gipfelte<br />
in dem Bonmot von Joe Dear. „Cleantech“,<br />
unkte der Ex-Investmentchef der<br />
Pensionskasse Calpers, sei eine „noble Art,<br />
um Geld zu verlieren“. Das Zitat stammt<br />
<strong>vom</strong> Frühjahr 2013.<br />
An dieser Stelle stand damals, dass clevere<br />
Kapitalgeber die düstere Stimmung<br />
nun für den Einstieg in Umwelttechnik nutzten.<br />
Denn die Bewertungen der Start-ups<br />
waren wegen der enttäuschten Hoffnungen<br />
wieder attraktiv. Zudem bildete sich<br />
mit dem „Cleanweb“ ein neues Segment<br />
heraus, mit viel niedrigerem Risiko.<br />
Start-ups, die etwa Lösungen für effektiveren<br />
Stromverbrauch in Datenzentren,<br />
Bürobauten oder Haushalten entwickeln,<br />
benötigen weit weniger Kapital als zum Beispiel<br />
Hersteller von Solarzellen. Zugleich<br />
blieben die staatlichen Vorgaben zum stärkeren<br />
Einsatz von erneuerbaren Energien<br />
und von Einspartechnik unverändert.<br />
Inzwischen lässt sich der vorausgesagte<br />
Aufwärtstrend mit Zahlen belegen. Seit<br />
Sommer ziehen die Investitionen in Cleantech<br />
in den USA wieder an. Besonders positiv<br />
fiel das erste Quartal <strong>2014</strong> aus, wie die<br />
neueste Studie von CB Insights belegt. Der<br />
Sektor erhielt 563 Millionen Dollar Wagniskapital,<br />
38 Prozent mehr als im Jahr zuvor.<br />
Zum besseren Klima trug nicht nur der<br />
unerwartet gute Absatz von Teslas Elektroautos<br />
bei. Fantasien beflügelt auch der<br />
Verkauf von Nest Labs. Für den Hersteller<br />
vernetzter Thermostate zahlte Google 3,2<br />
Milliarden Dollar. Das Start-up verzwanzigfachte<br />
in nur dreieinhalb Jahren das eingesetzte<br />
Kapital von Investor Kleiner Perkins.<br />
ZWERGE, DIE RIESEN SCHLAGEN<br />
Positiv für den Sektor ist auch der jüngste<br />
Börsengang von Opower, der dem 2007<br />
gegründeten Start-up eine Börsenkapitalisierung<br />
von knapp einer halben Milliarde<br />
Dollar bescherte. Opower hilft Energieversorgern<br />
bei der Auswertung von Strom- und<br />
Heizungsverbrauchsdaten ihrer Kunden<br />
und dem Versand von darauf basierten<br />
Spartipps an Haushalte. Und zwar in Papierform.<br />
Google und Microsoft hatten<br />
2011 – erfolglos – Ähnliches versucht, sich<br />
anders als Opower aber auf reine Internet-<br />
Portale fokussiert. Das Beispiel inspiriert<br />
Gründer, weil es zeigt, wie sich Start-ups<br />
gegen Giganten durchsetzen können.<br />
Cleantech ist wieder in Mode. Das wirft die<br />
Frage auf, welche andere Branche überhitzt<br />
ist, in der die Sinuskurve ihren Gipfel schon<br />
wieder überschritten hat? Manches spricht<br />
dafür, dass es Start-ups trifft, die mobile<br />
Apps und Dienste anbieten? Die sammelten<br />
vergangenes Jahr die Rekordsumme von<br />
3,6 Milliarden Dollar ein. Das hat den Wettbewerb<br />
so angestachelt, dass sich ihre<br />
Geschäftsmodelle, die oft auf Aboverkauf<br />
setzen, kaum mehr durchsetzen lassen.<br />
Trotzdem wird die Korrektur wohl noch<br />
etwas dauern, vor allem nach dem Verkauf<br />
des SMS-Dienstleisters Whatsapp für <strong>19</strong><br />
Milliarden Dollar an Facebook. Was aber<br />
nichts daran ändert, dass längst nicht jedes<br />
App-Start-up bei einem Internet-Giganten<br />
sein neues Zuhause findet.<br />
Der Autor ist WirtschaftsWoche-Korrespondent<br />
im Silicon Valley und beobachtet<br />
von dort seit Jahren die Entwicklung der<br />
wichtigsten US-Technologieunternehmen.<br />
WirtschaftsWoche <strong>19</strong>.4.<strong>2014</strong> Nr. 17 71<br />
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