Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2014-04-19 (Vorschau)
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Unternehmen&Märkte<br />
»<br />
Für die RAG-Stiftung Beteiligungsgesellschaft<br />
haben wir Jürgen Wild gewonnen, den<br />
früheren Chef der M+W Group des österreichischen<br />
Industrie-Investors Georg Stumpf.<br />
Herr Wild hat schon zweimal sehr erfolgreich<br />
ein Beteiligungsportfolio aufgebaut,<br />
zuletzt im Wert von rund drei Milliarden Euro.<br />
Das will er als Geschäftsführer unserer<br />
Beteiligungsgesellschaft zusammen mit der<br />
RAG-Stiftung nun ein drittes Mal tun und<br />
sich zugleich persönlich daran beteiligen.<br />
Ihr Beteiligungsunternehmen Evonik<br />
schwimmt durch den mehrheitlichen<br />
Verkauf der Immobilientochter Vivawest<br />
in Geld und verfügt über die riesige Eigenkapitalquote<br />
von 43 Prozent. Als Steuerzahler<br />
fragen wir uns, wieso die RAG-Stiftung<br />
keine Sonderausschüttung verlangt.<br />
Evonik will ja die Dividende pro Aktie für<br />
2013 auf 1 Euro erhöhen. Das ist schon mal<br />
was. Im Übrigen dürfen Sie sicher sein,<br />
dass ich das Thema Sonderausschüttung<br />
anders diskutieren würde, wenn Sie mir sagen<br />
würden, wo ich das Geld renditeträchtiger<br />
anlegen könnte, als es jetzt schon bei<br />
Evonik möglich ist. Wir haben schon jetzt<br />
das Luxusproblem, dass wir jedes Jahr zusätzlich<br />
unser Jahresergebnis, derzeit rund<br />
330 Millionen Euro, anlegen müssen.<br />
Wieso investieren Sie nicht in Großunternehmen<br />
etwa aus dem Dax, von denen<br />
Sie wissen, dass die seit Jahren gut<br />
funktionieren und auf dem Kapitalmarkt<br />
bestens eingeführt sind?<br />
Zum einen tun wir dies schon, denn zu unseren<br />
diversifizierten Kapitalanlagen gehört<br />
auch eine Aktienquote. Andererseits<br />
erhalten Sie dann aber Dividendenrenditen<br />
von durchschnittlich nicht mehr als<br />
drei Prozent...<br />
...wie viel hätten Sie denn gern?<br />
Ein bisschen mehr dürfte es schon sein.<br />
Ein großes Thema in Deutschland ist die<br />
Position gegenüber dem Anschluss der<br />
Krim durch Russlands Präsident Wladimir<br />
Putin. Das eine Lager ist für eine harte<br />
Haltung und Wirtschaftssanktionen, das<br />
andere ist dagegen und fordert Verständnis<br />
für Putin. Wem rechnen Sie sich zu?<br />
Eindeutig dem zweiten Lager. Das Verstehen<br />
der jeweils anderen Seite ist die<br />
Grundvoraussetzung für einen Dialog. Ich<br />
bin davon überzeugt, dass die EU eine andere<br />
Politik gegenüber der Ukraine gemacht<br />
hätte, wenn sich die Verantwortlichen<br />
vorher überlegt hätten, was dies für<br />
Russland bedeutete.<br />
Was werfen Sie der EU konkret vor?<br />
Als normaler Bürger sage ich: Da hat ein<br />
Staat einen Großteil seiner Flotte auf der<br />
»Ich halte im Grundsatz<br />
nichts von Handelskriegen.<br />
Sie haben<br />
nur wenig bewirkt«<br />
Krim stationiert und sieht Gespräche über<br />
einen EU-Beitritt der Ukraine. Und nach<br />
dem Fall des Eisernen Vorhangs erfolgte<br />
nach einem EU-Beitritt zumeist auch der<br />
Beitritt zur Nato. Dann bestand aus Sicht<br />
des Inhabers dieser Flotte ein gewisser<br />
Handlungsbedarf.<br />
Dass Putin damit das Völkerrecht gebrochen<br />
hat, stört Sie nicht?<br />
Aktien-Info Evonik<br />
ISINDE000EVNK013<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
Umsatz (in Mrd. Euro)<br />
Ebitda (in Mrd. Euro)<br />
Ebitda-Marge (in Prozent)<br />
Mitarbeiter<br />
KGV<br />
Aktienkurs (in Euro)<br />
Börsenwert (in Mrd. Euro)<br />
Chance<br />
Risiko<br />
Niedrig<br />
Lanxess<br />
Quelle:Thomson Reuters<br />
Evonik<br />
2013 <strong>2014</strong><br />
Evonik<br />
12,9<br />
2,0<br />
15,6<br />
33650<br />
15,5<br />
28,9<br />
13,4<br />
Lanxess<br />
8,3<br />
0,7<br />
8,9<br />
17 343<br />
20,5<br />
54,7<br />
4,5<br />
EingroßerErfolg warder Evonik-Börsengang<br />
(25.4.2013)nicht. Allerdings finden sichauchnur<br />
14,2 Prozentder Aktien im Streubesitz; denRest<br />
halten RAG-Stiftung undder Finanzinvestor CVC.<br />
Zwar istEvonikprofitabler als der Mitbewerber<br />
Lanxess, leidetaberunter der immernoch<br />
schwachen Chemiekonjunktur.<br />
Hoch<br />
Meiner Meinung nach ist sich Herr Putin<br />
der schwierigen Lage, in die er Russland<br />
gebracht hat, durchaus bewusst. Deshalb<br />
glaube ich, dass man nach einer gewissen<br />
Zeit wieder zu einem vernünftigen Miteinander<br />
finden wird.<br />
Wie kann das nach allem, was geschah,<br />
aussehen?<br />
Ich glaube, dass die territorialen Veränderungen<br />
nicht zurückzudrehen sind. Ich<br />
halte im Grundsatz wirklich nichts von<br />
Handelskriegen, sie haben in der Historie<br />
im Grunde nur wenig bewirkt.<br />
Wären Sie in der Position von Siemens-<br />
Chef Joe Kaeser ebenfalls zu Putin nach<br />
Moskau gereist?<br />
Ja, warum nicht? Europa ist für mich generell<br />
eine Einheit, und dazu gehört grundsätzlich<br />
auch Russland. Es ist ja nicht so, als<br />
ob Westeuropa mit allen Reichtümern, die<br />
man zum Leben braucht, gesegnet wäre.<br />
Ich kann wenig Sinn darin erkennen, beispielsweise<br />
kategorisch zu sagen, ich will<br />
kein russisches Erdgas mehr. Ganz abgesehen<br />
davon, dass ich das auch nicht für so<br />
einfach machbar halte. Es würde lange<br />
dauern, bis wir eine Versorgung auf Flüssiggasbasis<br />
etwa aus dem Nahen Osten<br />
oder aus Nordamerika aufgebaut haben.<br />
Da ist es mir lieber, wir haben einen geregelten<br />
Wirtschaftsverkehr mit Russland.<br />
Die Befürchtungen, dass maskierte<br />
Männer ohne Hoheitszeichen mit vielen<br />
Militärlastwagen auch in anderen Staaten<br />
Osteuropas einfallen, teilen Sie nicht?<br />
Das sehe ich nicht so. Denn Politik besteht<br />
ja nun zunächst einmal in der moderneren<br />
Variante darin, dass man über so etwas redet,<br />
sich also gedanklich in die Position des<br />
Gegenübers versetzt.<br />
Sie haben als Wirtschaftsminister der rotgrünen<br />
Koalition 2002 die Laufzeit der<br />
Atomkraftwerke in Deutschland verkürzt.<br />
Schwarz-Gelb hat sie 2010 verlängert und<br />
Kanzlerin Merkel sie nach der Fukushima-<br />
Katastrophe 2011 stärker als zuvor zurückschraubt.<br />
Wohin steuert die Energiewende?<br />
Wenn Sie die Historie bemühen, muss ich<br />
das auch tun. Ich habe 2002 nicht nur die<br />
Laufzeit der Kernkraftwerke verkürzt, sondern<br />
ich habe auch für eine Änderung des<br />
Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, des<br />
EEG, gesorgt. Dadurch erhielten die Energieversorgungsunternehmen,<br />
insbesondere<br />
also die Betreiber von Kernkraftwerken,<br />
ausdrücklich das Recht, ebenfalls Ökostrom<br />
aus Sonnen- und Windkraft zu produzieren,<br />
ihn vorfahrtsberechtigt ins Netz<br />
einzuspeisen und dafür EEG-Umlage zu<br />
kassieren. Das war im EEG von <strong>19</strong>97<br />
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FOTOS: INGO RAPPERS FÜR WIRTSCHAFTSWOCHE<br />
54 Nr. 17 <strong>19</strong>.4.<strong>2014</strong> WirtschaftsWoche<br />
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