19.04.2014 Aufrufe

Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2014-04-19 (Vorschau)

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Unternehmen&Märkte<br />

FOTOS: PR; DPA PICTURE-ALLIANCE/MARIJAN MURAT<br />

»<br />

Pharma-Investment<br />

Die RAG-Stiftung hat sich am Wirkstoff-<br />

Spezialisten ZellBios aus Raubling bei<br />

München beteiligt. ZellBios bündelt seine<br />

weltweiten Aktivitäten in einer Luxemburger<br />

Holding. Haupteigentümer von ZellBios ist<br />

eine Private-Equity-Gruppe.<br />

Umsatz: mehr als 130 Millionen Euro<br />

Mitarbeiter: 700<br />

Profi-Investor Der Chef der RAG-Beteiligungstochter,<br />

Wild, soll Mittelständler kaufen<br />

ausdrücklich ausgeschlossen. Es erschien<br />

mir logisch und notwendig, wenn<br />

ich mit Energiekonzernen darum verhandele,<br />

Erzeugungskapazitäten stillzulegen,<br />

dass diese sich dann andere Möglichkeiten<br />

aufbauen können. Und dass sie dabei genauso<br />

subventioniert werden sollen wie jeder<br />

andere, der dies tut.<br />

Was wollen Sie uns damit sagen?<br />

Dass die Energieversorgungsunternehmen<br />

von dieser Möglichkeit in den ersten Jahren<br />

leider sehr wenig Gebrauch gemacht<br />

haben. Stattdessen haben sie immer darauf<br />

spekuliert, wenn Rot-Grün mal nicht<br />

mehr die Bundesregierung stellt, dass der<br />

Vertrag aus meiner Zeit geändert und die<br />

Laufzeit der KKWs verlängert wird...<br />

...ein harter Vorwurf.<br />

Die Unternehmen hätten ja den Aufbau von<br />

regenerativen Energien frühzeitig selbst in<br />

die Hand nehmen können. Heute leiden sie<br />

darunter, dass sie sich nicht schon damals<br />

ausreichend daran beteiligt haben.<br />

Ist die Reform des EEG von Wirtschaftsminister<br />

Sigmar Gabriel nicht zu zaghaft?<br />

Man kann nicht alles von einem Tag auf<br />

den anderen ändern. Nehmen Sie die Befreiung<br />

der Unternehmen, die ihren Strom<br />

selbst erzeugen, von der EEG-Umlage. Sie<br />

können einer BASF oder einer Bayer nicht<br />

sagen, so, jetzt zahlst du die vollen 6,24<br />

Cent pro selbst erzeugter Kilowattstunde.<br />

Man könnte sich durchaus vorstellen, zum<br />

Beispiel den Zubau erneuerbarer Energien<br />

zu kontingentieren oder ihn am Markt auszuschreiben.<br />

Nur, das System zu revolutionieren<br />

halte ich für nicht machbar.<br />

Das klingt defätistisch.<br />

Tatsache ist: Wir werden uns wohl darauf<br />

einstellen müssen, dass die Ökostromumlagen<br />

steigen. Wenn die Logik der Energiewende<br />

aber greift, dass wir uns in der Zukunft<br />

im Wesentlichen von regenerativem<br />

Strom versorgen und dies auch noch wirtschaftlich<br />

tun werden, dann wäre zu überlegen,<br />

ob man die Subventionen dafür streckt,<br />

sprich: einen Kredit dafür aufnimmt und<br />

damit die Lasten auch auf die künftigen<br />

Nutznießer verteilt. So wie dies zuletzt die<br />

ehemalige Verbraucherministerin Ilse Aigner<br />

von der CSU vorgeschlagen hat.<br />

Wie würden Sie das Problem lösen, dass<br />

der viele Ökostrom immer mehr fossile<br />

Kraftwerke zur Unwirtschaftlichkeit und<br />

zur Schließung verdammt, obwohl sie für<br />

den Fall gebraucht werden, dass einmal zu<br />

wenig Wind weht und die Sonne kaum<br />

scheint?<br />

Ich wüsste nicht, wer in diesem Fall ansonsten<br />

einspringen könnte als die vorhandenen<br />

fossilen Kraftwerke. Dafür<br />

müssten sie allerdings die übrige Zeit bezahlt<br />

werden, in der sie keinen Strom liefern.<br />

Ich stimme dem Vergleich zu, dass wir<br />

die Feuerwehr ja auch nicht nur bezahlen,<br />

wenn sie löscht. Dann wäre es billiger, ein<br />

Haus abbrennen zu lassen, als pro Liter<br />

Löschwasser, sagen wir mal 2000 Euro, bezahlen<br />

zu müssen.<br />

Was heißt das auf die Versorgungssicherheit<br />

mit Strom übertragen?<br />

Dass wir die Verantwortung für die Versorgungssicherheit<br />

klar jemandem zuweisen<br />

müssen. Denn versorgungssicherer Strom<br />

wird am Markt gehandelt. Wir haben also<br />

die Situation, dass jeder Stromlieferant für<br />

längere Zeit im Voraus eine gesicherte<br />

Stromerzeugung kaufen kann. Insofern<br />

könnte man sagen, überlassen wir alles<br />

dem Markt. Doch dies unterschlägt einen<br />

bisher sträflich vernachlässigten Punkt.<br />

Und der wäre?<br />

Dass derjenige Kunde, der sicher mit Strom<br />

versorgt sein will, diese Versorgung auch<br />

abnimmt. Dies ist nicht der Fall, wenn zum<br />

Beispiel die privaten Haushalte ihren Versorger<br />

ständig wechseln. Ein Stadtwerk<br />

beispielsweise wird Ihnen keine definitive<br />

Versorgungssicherheit garantieren und dafür<br />

am Markt für sicheren Strom einkaufen,<br />

wenn der Stromkunde ganz einfach zu einem<br />

anderen Anbieter wechseln kann. Da<br />

sind die Rechte und Pflichten der Marktteilnehmer<br />

nicht eindeutig zugeordnet.<br />

Wie würden Sie das Problem lösen?<br />

Wenn wir nicht zu dem alten System zurückkehren,<br />

in dem man den Stromanbieter<br />

nicht wechseln konnte, könnte die Garantie<br />

der Versorgungssicherheit auf einen<br />

staatlich organisierten Kapazitätsmarkt hinauslaufen.<br />

Das könnte die Bundesnetzagentur<br />

sein, die im Namen des Gesetzgebers<br />

eine bestimmte vorzuhaltende Erzeugungskapazität<br />

festlegt, die dann zum Beispiel<br />

auf dem Markt ersteigert werden<br />

kann und die dann von den Stromkunden<br />

bezahlt werden muss.<br />

Michael Vassiliadis, der Vorsitzende der<br />

Bergbau-, Chemie- und Energiegewerkschaft<br />

IG BCE, hat vorgeschlagen, die<br />

Steinkohlekraftwerke in einer Gesellschaft<br />

zu bündeln. Was halten Sie davon?<br />

Das ist eine sehr vernünftige Idee. Immer<br />

mehr Stromerzeuger beantragen bei der<br />

Bundesnetzagentur die Stilllegung von<br />

Kraftwerken und fragen: Wenn ich nicht<br />

stilllege, was zahlst du mir? Da halte ich es<br />

für besser, einzelne Kraftwerke irgendwo<br />

einzubringen, zum Beispiel in ein Gemeinschaftsunternehmen,<br />

das für den Erhalt der<br />

notwendigen Kraftwerke sorgt und bezahlt...<br />

... was die endgültige Verstaatlichung der<br />

Energieversorgung wäre.<br />

Das muss ja kein Staatsunternehmen sein.<br />

Im Übrigen ist die Stromversorgung ohnehin<br />

schon vielfach eine staatliche Veranstaltung,<br />

die durch steuerähnliche Abgaben<br />

wie die EEG-Umlage bezahlt wird.<br />

Wandern energieintensive Unternehmen<br />

durch die Energiewende ab, oder ist das<br />

nur eine Drohung der Industrie?<br />

Wenn Sie zum Beispiel die Aluminiumproduktion<br />

oder die Elektrolyse nehmen, wäre<br />

diese in Deutschland ohne Befreiung von<br />

der EEG-Umlage unmöglich. Generell<br />

glaube ich, dass hohe Strompreise nicht direkt<br />

Arbeitsplätze hierzulande vernichten.<br />

Sie beschleunigen aber die Standortverlagerungen<br />

in die Wachstumsmärkte im Zuge<br />

der Globalisierung. Im Moment werden<br />

Ersatzinvestitionen noch in Deutschland<br />

getätigt, Erweiterungsinvestitionen dagegen<br />

zunehmend im Ausland, wo die Märkte<br />

und Kunden sind. Die hohen Strompreise<br />

hier forcieren diesen Prozess.<br />

n<br />

reinhold.boehmer@wiwo.de, roland tichy<br />

WirtschaftsWoche <strong>19</strong>.4.<strong>2014</strong> Nr. 17 55<br />

© Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!