Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2014-04-19 (Vorschau)
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Unternehmen&Märkte<br />
FOTOS: PR; DPA PICTURE-ALLIANCE/MARIJAN MURAT<br />
»<br />
Pharma-Investment<br />
Die RAG-Stiftung hat sich am Wirkstoff-<br />
Spezialisten ZellBios aus Raubling bei<br />
München beteiligt. ZellBios bündelt seine<br />
weltweiten Aktivitäten in einer Luxemburger<br />
Holding. Haupteigentümer von ZellBios ist<br />
eine Private-Equity-Gruppe.<br />
Umsatz: mehr als 130 Millionen Euro<br />
Mitarbeiter: 700<br />
Profi-Investor Der Chef der RAG-Beteiligungstochter,<br />
Wild, soll Mittelständler kaufen<br />
ausdrücklich ausgeschlossen. Es erschien<br />
mir logisch und notwendig, wenn<br />
ich mit Energiekonzernen darum verhandele,<br />
Erzeugungskapazitäten stillzulegen,<br />
dass diese sich dann andere Möglichkeiten<br />
aufbauen können. Und dass sie dabei genauso<br />
subventioniert werden sollen wie jeder<br />
andere, der dies tut.<br />
Was wollen Sie uns damit sagen?<br />
Dass die Energieversorgungsunternehmen<br />
von dieser Möglichkeit in den ersten Jahren<br />
leider sehr wenig Gebrauch gemacht<br />
haben. Stattdessen haben sie immer darauf<br />
spekuliert, wenn Rot-Grün mal nicht<br />
mehr die Bundesregierung stellt, dass der<br />
Vertrag aus meiner Zeit geändert und die<br />
Laufzeit der KKWs verlängert wird...<br />
...ein harter Vorwurf.<br />
Die Unternehmen hätten ja den Aufbau von<br />
regenerativen Energien frühzeitig selbst in<br />
die Hand nehmen können. Heute leiden sie<br />
darunter, dass sie sich nicht schon damals<br />
ausreichend daran beteiligt haben.<br />
Ist die Reform des EEG von Wirtschaftsminister<br />
Sigmar Gabriel nicht zu zaghaft?<br />
Man kann nicht alles von einem Tag auf<br />
den anderen ändern. Nehmen Sie die Befreiung<br />
der Unternehmen, die ihren Strom<br />
selbst erzeugen, von der EEG-Umlage. Sie<br />
können einer BASF oder einer Bayer nicht<br />
sagen, so, jetzt zahlst du die vollen 6,24<br />
Cent pro selbst erzeugter Kilowattstunde.<br />
Man könnte sich durchaus vorstellen, zum<br />
Beispiel den Zubau erneuerbarer Energien<br />
zu kontingentieren oder ihn am Markt auszuschreiben.<br />
Nur, das System zu revolutionieren<br />
halte ich für nicht machbar.<br />
Das klingt defätistisch.<br />
Tatsache ist: Wir werden uns wohl darauf<br />
einstellen müssen, dass die Ökostromumlagen<br />
steigen. Wenn die Logik der Energiewende<br />
aber greift, dass wir uns in der Zukunft<br />
im Wesentlichen von regenerativem<br />
Strom versorgen und dies auch noch wirtschaftlich<br />
tun werden, dann wäre zu überlegen,<br />
ob man die Subventionen dafür streckt,<br />
sprich: einen Kredit dafür aufnimmt und<br />
damit die Lasten auch auf die künftigen<br />
Nutznießer verteilt. So wie dies zuletzt die<br />
ehemalige Verbraucherministerin Ilse Aigner<br />
von der CSU vorgeschlagen hat.<br />
Wie würden Sie das Problem lösen, dass<br />
der viele Ökostrom immer mehr fossile<br />
Kraftwerke zur Unwirtschaftlichkeit und<br />
zur Schließung verdammt, obwohl sie für<br />
den Fall gebraucht werden, dass einmal zu<br />
wenig Wind weht und die Sonne kaum<br />
scheint?<br />
Ich wüsste nicht, wer in diesem Fall ansonsten<br />
einspringen könnte als die vorhandenen<br />
fossilen Kraftwerke. Dafür<br />
müssten sie allerdings die übrige Zeit bezahlt<br />
werden, in der sie keinen Strom liefern.<br />
Ich stimme dem Vergleich zu, dass wir<br />
die Feuerwehr ja auch nicht nur bezahlen,<br />
wenn sie löscht. Dann wäre es billiger, ein<br />
Haus abbrennen zu lassen, als pro Liter<br />
Löschwasser, sagen wir mal 2000 Euro, bezahlen<br />
zu müssen.<br />
Was heißt das auf die Versorgungssicherheit<br />
mit Strom übertragen?<br />
Dass wir die Verantwortung für die Versorgungssicherheit<br />
klar jemandem zuweisen<br />
müssen. Denn versorgungssicherer Strom<br />
wird am Markt gehandelt. Wir haben also<br />
die Situation, dass jeder Stromlieferant für<br />
längere Zeit im Voraus eine gesicherte<br />
Stromerzeugung kaufen kann. Insofern<br />
könnte man sagen, überlassen wir alles<br />
dem Markt. Doch dies unterschlägt einen<br />
bisher sträflich vernachlässigten Punkt.<br />
Und der wäre?<br />
Dass derjenige Kunde, der sicher mit Strom<br />
versorgt sein will, diese Versorgung auch<br />
abnimmt. Dies ist nicht der Fall, wenn zum<br />
Beispiel die privaten Haushalte ihren Versorger<br />
ständig wechseln. Ein Stadtwerk<br />
beispielsweise wird Ihnen keine definitive<br />
Versorgungssicherheit garantieren und dafür<br />
am Markt für sicheren Strom einkaufen,<br />
wenn der Stromkunde ganz einfach zu einem<br />
anderen Anbieter wechseln kann. Da<br />
sind die Rechte und Pflichten der Marktteilnehmer<br />
nicht eindeutig zugeordnet.<br />
Wie würden Sie das Problem lösen?<br />
Wenn wir nicht zu dem alten System zurückkehren,<br />
in dem man den Stromanbieter<br />
nicht wechseln konnte, könnte die Garantie<br />
der Versorgungssicherheit auf einen<br />
staatlich organisierten Kapazitätsmarkt hinauslaufen.<br />
Das könnte die Bundesnetzagentur<br />
sein, die im Namen des Gesetzgebers<br />
eine bestimmte vorzuhaltende Erzeugungskapazität<br />
festlegt, die dann zum Beispiel<br />
auf dem Markt ersteigert werden<br />
kann und die dann von den Stromkunden<br />
bezahlt werden muss.<br />
Michael Vassiliadis, der Vorsitzende der<br />
Bergbau-, Chemie- und Energiegewerkschaft<br />
IG BCE, hat vorgeschlagen, die<br />
Steinkohlekraftwerke in einer Gesellschaft<br />
zu bündeln. Was halten Sie davon?<br />
Das ist eine sehr vernünftige Idee. Immer<br />
mehr Stromerzeuger beantragen bei der<br />
Bundesnetzagentur die Stilllegung von<br />
Kraftwerken und fragen: Wenn ich nicht<br />
stilllege, was zahlst du mir? Da halte ich es<br />
für besser, einzelne Kraftwerke irgendwo<br />
einzubringen, zum Beispiel in ein Gemeinschaftsunternehmen,<br />
das für den Erhalt der<br />
notwendigen Kraftwerke sorgt und bezahlt...<br />
... was die endgültige Verstaatlichung der<br />
Energieversorgung wäre.<br />
Das muss ja kein Staatsunternehmen sein.<br />
Im Übrigen ist die Stromversorgung ohnehin<br />
schon vielfach eine staatliche Veranstaltung,<br />
die durch steuerähnliche Abgaben<br />
wie die EEG-Umlage bezahlt wird.<br />
Wandern energieintensive Unternehmen<br />
durch die Energiewende ab, oder ist das<br />
nur eine Drohung der Industrie?<br />
Wenn Sie zum Beispiel die Aluminiumproduktion<br />
oder die Elektrolyse nehmen, wäre<br />
diese in Deutschland ohne Befreiung von<br />
der EEG-Umlage unmöglich. Generell<br />
glaube ich, dass hohe Strompreise nicht direkt<br />
Arbeitsplätze hierzulande vernichten.<br />
Sie beschleunigen aber die Standortverlagerungen<br />
in die Wachstumsmärkte im Zuge<br />
der Globalisierung. Im Moment werden<br />
Ersatzinvestitionen noch in Deutschland<br />
getätigt, Erweiterungsinvestitionen dagegen<br />
zunehmend im Ausland, wo die Märkte<br />
und Kunden sind. Die hohen Strompreise<br />
hier forcieren diesen Prozess.<br />
n<br />
reinhold.boehmer@wiwo.de, roland tichy<br />
WirtschaftsWoche <strong>19</strong>.4.<strong>2014</strong> Nr. 17 55<br />
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