Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar
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Dies also ist der Ausgangspunkt der WdL: das re<strong>in</strong>e Se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> USV, der als logische S<strong>in</strong>gularität<br />
vom anschauenden Denken erfaßt wird, und zwar so, daß dieses Denken ganz mit ihm<br />
verschmilzt.<br />
Anfangs mochten wir glauben, wir hätten drei Ebenen zu unterscheiden: unsere HL, dann die<br />
betrachtete OL (das re<strong>in</strong>e Denken) und drittens den Gegenstand der OL, das Se<strong>in</strong>. Aber nun<br />
erkennen wir, daß das Se<strong>in</strong> e<strong>in</strong> USV ist, der ke<strong>in</strong>e Differenz von Denken und Gedachtem übrigläßt.<br />
Unsere drei Ebenen verr<strong>in</strong>gern sich um e<strong>in</strong>e, zu nur noch zweien:<br />
1 HL<br />
2 Thema der HL: OL (re<strong>in</strong>es Denken) | das-<br />
3 Thema der OL: Se<strong>in</strong> | selbe!<br />
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[Wie nun weiter?] Die Operation der Negation<br />
Was haben wir bis jetzt? E<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Se<strong>in</strong>, das zugleich das re<strong>in</strong>e Denken und Anschauen se<strong>in</strong>er<br />
selbst ist, weiter nichts. Der ganze logische Raum (LR) d.h. der Bereich aller Möglichkeiten<br />
und alles Denkbaren, hat also für unsere OL e<strong>in</strong>e denkbar simple Verfassung, e<strong>in</strong>e denkbar<br />
simple Topologie. Er ist unendlich viel e<strong>in</strong>facher als beispielsweise der Platonische<br />
Ideenkosmos oder die David Lewissche Menge vieler Welten oder der Wittgenste<strong>in</strong>sche<br />
Bereich der möglichen Komb<strong>in</strong>ationen vieler Gegenstände zu Sachverhalten.<br />
Der LR des re<strong>in</strong>en Denkens ist dagegen unüberbietbar simpel, e<strong>in</strong>fach nur re<strong>in</strong>es Se<strong>in</strong> und<br />
re<strong>in</strong>es Denken <strong>in</strong> homogener gediegener E<strong>in</strong>heit und Strukturlosigkeit – gerade so wie<br />
Parmenides von Elea den LR konzipierte. Kurz, die OL beg<strong>in</strong>nt mit dem eleatischen LR.<br />
Aber wir wissen natürlich, daß der LR nicht von dieser simplen Art und Topologie ist. Selbst<br />
wenn Parmenides recht hätte und alles weitere nur Sche<strong>in</strong> wäre – der physische Kosmos mit<br />
se<strong>in</strong>en zahllosen D<strong>in</strong>gen und den Veränderungen, denen sie unterworfen s<strong>in</strong>d, und mit uns<br />
endlichen Subjekten mitten <strong>in</strong> ihm –, selbst dann gäbe es immerh<strong>in</strong> noch neben dem Se<strong>in</strong> diesen<br />
Sche<strong>in</strong>.<br />
Auch der Skeptiker wird uns dies zugestehen, denn es ist ja se<strong>in</strong>e eigene Lehre, daß es ke<strong>in</strong><br />
objektives Der-Fall-Se<strong>in</strong>, sondern nur e<strong>in</strong>en bunten vielfältigen Sche<strong>in</strong> des Der-Fall-Se<strong>in</strong>s<br />
gibt. Wir wissen also, daß es beim re<strong>in</strong>en Se<strong>in</strong> nicht se<strong>in</strong> Bewenden haben kann.<br />
Irgend etwas also muß immer schon h<strong>in</strong>zugekommen se<strong>in</strong> zum re<strong>in</strong>en Se<strong>in</strong>, sonst gäbe es<br />
nicht die Ersche<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>er Vielfalt von D<strong>in</strong>gen und Prozessen, denen sie unterliegen (und<br />
von denen wir eigens abstrahieren mußten, um zum re<strong>in</strong>en Se<strong>in</strong> zu kommen). Wir können<br />
uns <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch auf unsere (AH) berufen, der zufolge es die voraussetzungslose<br />
Theorie gibt. Wenn diese nur aus dem Quasi-Theorem „Se<strong>in</strong>!“ bestünde (ich sage<br />
„Quasi-Theorem“, weil der E<strong>in</strong>wortsatz „Se<strong>in</strong>!“ hier nur e<strong>in</strong> Notbehelf ist und das Se<strong>in</strong> eigentlich<br />
gar nicht angemessen als Theorem, als Satz, formuliert werden kann), so wäre sie<br />
ke<strong>in</strong>e ernstzunehmende Theorie. Wir müssen also irgendwie weiterkommen vom re<strong>in</strong>en Se<strong>in</strong><br />
zu etwas Bestimmterem.<br />
Indem wir so reden, unterstellen wir bereits etwas ganz Ungewöhnliches, nämlich e<strong>in</strong>e mögliche<br />
Entwicklung des LR. Der LR ist demnach nichts Statisches, e<strong>in</strong> für alle Mal Fixes (wie<br />
Parmenides, Platon, Wittgenste<strong>in</strong>, Lewis und auch alle anderen Metaphysiker sich das gedacht<br />
haben), sondern e<strong>in</strong> Prozeß. Die OL wird also e<strong>in</strong>e Evolution des LR se<strong>in</strong> und unsere<br />
HL e<strong>in</strong>e Evolutionstheorie des LR.<br />
HL: die Evolutionstheorie des LR<br />
OL: die Evolution des LR